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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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einem Wortwechsel eine Schlägerei geworden: Der Anlass war so idiotisch und unbedeutend, dass nicht einmal K‘jonasoidt mit ihrem frenetischen Drang nach Erinnerungen und Wissen ihn aufbewahrt hatte. Vermutlich hatte das Ganze irgendwie mit Die Neue Wohlfahrt zu tun und damit, dass Veruca Salt nicht genug davon bekommen konnte, die Neuigkeiten von der beschädigten Werft abzurufen. Und sie raste immer nur durch die schier endlosen Textwüsten der Netzdienste, anstatt die fetzigen und von knackigen Kerlen vorgetragenen Zweiminutennachrichten abzuspielen. Vermutlich fühlten sich andere in Gegenwart von so jemandem erbärmlich, und derart bedrängte Minderwertigkeitsgefühle konnten durchaus in einer gewalttätigen Aktion Ausdruck finden. Vielleicht hatte die andere ein Pflaster aufgelegt, dessen Wirkstoffe ihr an diesem Tag besonders schlecht bekamen.
    Eine der anderen Arbeiterinnen hatte versucht, der vorwitzigen Schlampe – das waren ihre Worte gewesen – einen Schwinger aufs Auge zu versetzen. Ohne einen Sekundenbruchteil nachzudenken, hatte T‘Arastoydt eingegriffen und die kreischende Frau an die nächste Wand geworfen. Das ging sehr schnell und war mit zwei, drei gebrochenen Rippen verbunden. Natürlich hatte die Dame ihre Parteigänger; innerhalb von Sekunden war Veruca Salt von den Leibern wütender Frauen bedeckt. Und T‘Arastoydt hatte eine Menge zu tun. Sie verwandelte sich in einen tanzenden Derwisch, einen von der verletzenden Sorte. Ihre Gebete waren blaue Flecke, ihre Segenssprüche das Knirschen nachgebender Knochen. Ihre Visionen waren tanzende Sterne vor den Augen ihrer Opfer. Ihre Sakramente waren Bluterguss und geprellte Gelenke; und der Takt ihres Tanzes war das Geräusch, das menschliche Leiber machen, wenn sie schwungvoll mit harten Gegenständen zusammenprallen. Janas kontrollierter Metabolismus erlaubte es ihr, in solchen Situationen beliebige Mengen an körperlicher Energie aufzuwenden. Ihre Fäuste teilten gezielt Schläge gegen die empfindlichsten Stellen ihrer Kontrahentinnen aus, ihre Füße bohrten sich punktgenau und konzentriert in Solarplexen, ihre Handkanten schmetterten Schockwellen durch fremde Hälse.
    Dabei ließ T‘Arastoydt leider außer Acht, dass die Hackordnung auf diesem Unterdeck komplizierter war, als K‘jonasoidt es an zwei Tagen erfassen konnte. Sie bekam es nicht nur mit den Furien des Unterdecks zu tun. Rasch mischten sich die Männer in den Kampf ein, den ihre Weiber zu verlieren drohten, und T‘Arastoydt fertigte die Kerle kaum weniger rasch ab. Sie riss Ohrmuscheln ab, zerschmetterte Kniescheiben und hörte mehr als einmal das merkwürdige Geräusch zerplatzender Gelenkkapseln. Dann kam sie darauf, dass Erinnerung an Menedek hilfreich sein konnte. Es war ja so einfach, einen dieser Typen auszuschalten. Es genügte, ihnen an den richtigen Stellen Schmerzen zu bereiten, dann lagen sie nichtsnutzig herum, sich krümmend und fluchend. In ihrem Kopf spürte Jana, wie K‘jonasoidt zeterte, sie gebe mit der Zurschaustellung ihrer Kraft und ihrer Reflexe ihre Anonymität auf, man könne sie als das entlarven, was sie war. Und bestimmt gebe es doch inzwischen eine Belohnung für Hinweise auf entflohene Gestalten aus dem Institut. Und bei diesen Leuten wäre damit zu rechnen, dass ihnen solche Belohnungen mehr wert waren als die zweifelhafte Treue zur Sebafell .
    Dann war das plötzlich vorbei, alles erstarrte.
    Denn da stand Mikko, ein gefährlich aussehendes Gerät drohend auf den Tumult gerichtet, und erst als alle innehielten, registrierte T‘Arastoydt, dass jemand so sehr gebrüllt hatte, dass alle auf ihn hörten. Es war nicht so sehr die Lautstärke, die das bewerkstelligt hatte, sondern der Klang. Die Stimme eines Menschen, der es als gegeben voraussetzte, dass man auf ihn hörte. Die Stimme eines Menschen, der furchtbar sauer werden würde, wenn man nicht auf ihn hörte. Mikko-der-Macho, natürlich. Er hatte sich nicht eine Sekunde um Veruca Salt geschert, seit sie Sekunden vor dem Abflug der Sebafell durch die Luke gestolpert und ihm in die Arme gefallen war. Zumindest hatte sie nichts derartiges bemerkt. Er musste sie beobachtet haben. Jetzt stand er da und bedrohte den Tumult mit irgendeiner Waffe, die sie nicht identifizieren konnte. Sie prägte sich den Anblick ein und ließ den Gegner fallen, den T‘Arastoydt wie eine Lumpenpuppe auf andere Kämpfer hatte schleudern wollen. Der Körper fiel zu Boden, als hätte die plötzliche Stille die

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