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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Mann wiederholte seine Frage. Er war geduldig. Und nicht im Geringsten verwundert über den sprachlosen Fremden. Als die Frage zum vierten oder fünften Mal gestellt wurde, wachte Tasso aus der Betäubung auf und bemerkte den grausamen Dialekt seines Gesprächspartners.
    »Ich komme von unten«, sagte er, und als darauf keine Reaktion erfolgte, beschrieb er seinen »Lande«-Platz und die Ebene mit dem Schiff der Dreiäugigen.
    Der andere nickte und sagte etwas, als kenne er jene Gegend, und er kenne das Glückliche Schiff da unten, und er wolle wissen, woher Tasso stamme.
    Eine seltsame Art zu reden, dachte Tasso, ich versteh den Typ kaum. »Ich flog im freien All«, sagte er, »auf Erkunderflug mit einem Raumboot. Mein Mutterschiff ist der Weltenkreuzer Ajax , und wir trieben Fernerkundung in den namenlosen Sektoren jenseits der Karna-Welten. Unsere nächste Station sollte Oniskus sein. Landurlaub.«
    Der Mann brabbelte unwirsch, nie von Karna-Welten gehört zu haben, ganz zu schweigen von Oniskus.
    Tasso stockte der Atem, nachdem er sich die unverständlichen Worte halbwegs zusammengereimt hatte. Der Kontakt zu Oniskus war vor über dreihundert Jahren hergestellt worden. So alt konnten die Leute nicht sein. Doch wenn er sich den Zustand des Transportschiffs ansah: Das Ding mochte seine dreihundert Jahre hier liegen. Oder länger. »Warum nennt ihr das fremde Raumfahrzeug Glückliches Schiff?«, fragte er, um überhaupt etwas zu sagen.
    Der andere erklärte in seinem putzigen Dialekt, dies sei einer der Alten Namen. Man konnte die Großbuchstaben klicken hören. Das Glückliche werde es genannt, weil es niemanden mitgebracht habe hierher. Nur die Toten. Tasso schwieg.
    Der Vernarbte fragte aufgeregt nach Tassos Schiff und erzählte gestenreich von einer Weissagung. Es wäre überliefert, es käme einer in einem wunderbaren Schiff, und wenn‘s nur einer allein sei, den er anträfe, er würde den einen retten und wegführen zur Heimat, so wär’s überliefert.
    »Ja, mein Boot ist in Ordnung«, sagte Tasso. »Bis auf die Tatsache, dass jemand es angeschweißt hat.«
    Der Mann warf aufgeregt die Hände in die Höhe, nuschelte etwas davon, dass Tasso der Richtige wäre, stand auf und humpelte eilig auf das grün bewachsene Schiff zu. Sein linkes Bein war von einer scheußlichen großen Narbe entstellt, als hätte man Fleisch in Stücken herausgerissen. Der Pilot folgte zögernd. Er wusste, dass sein Gesprächspartner in Wirklichkeit jung war. So jung wie die beiden Frauen, die kein Wort gesprochen hatten. Was, dachte Tasso erbost, heißt Wirklichkeit? Ich werde mir doch Alpträume nicht selbst als Wirklichkeit verkaufen wollen?
    Der Schmerz im Fuß, den er sich auf dem Pfad vertreten hatte, und die Einzelheiten, die man an dem alten Transporter ausmachen konnte, sagten jedoch, dass dies alles wirklich sei. Dieser Rücken vor ihm war nicht der Rücken eines alten Mannes; kräftig und mager und von runden Muttermalen bedeckt. Der Mann bewegte sich in einem abgehackten Rhythmus, der ihm von dem entstellten Bein aufgezwungen wurde, zielstrebig durch das ehemalige Raumschiff.
    Der Zentralgang, wie ein Rückgrat im oberen Teil des Schiffs gelegen – jetzt ein Graben, zum Himmel hin offen und grün überwuchert. Ein Fahrstuhlschacht, aufgetrieben und geborsten vom Wuchs eines mächtigen Baumes in seiner Achse. Die Treppe, irgendwann zusammengebrochen und aus dem Holz fremder Bäume neu gefügt. Die dunkle Höhle eines Rechnerraumes, in dem statt summender Maschinen blasse Pilze schimmerten.
    Wieso führt er mich in das Wrack?, fragte sich Tasso. Wieso haben die beiden jungen Frauen nichts gesagt? Die Kinder weggejagt? Was sagte er von mir – ich wäre angekündigt? Und das Schiff ... Das Wrack ist bewohnt. So, wie man ein Blockhaus bewohnt, das man im Wald findet. Dort sind hölzerne Stühle. Türen, schief am bröckelnden Plast befestigt. Gatter, als habe man Tiere hier gehalten. Eingezäunte Plattformen, um Gemüse zu ziehen.
    Der junge alte Mann sah den Piloten mit seinen entzündeten Augen an und ratterte aufgeregt eine Geschichte über diesen Ort herunter, an dem seit vielen, vielen Jahren niemand mehr gewesen war. Er machte wilde Handzeichen, suchte mit grindigen Lippen zitternd nach Worten und fand welche, die klangen wie: verboten gewesen, bis zu dem sagenhaften Tag, da der Neue kommt und Menschen heimführt.
    Tasso fuhr zusammen. Der Mann hatte den Spruch nicht im Ton einer Frage gesagt oder als Floskel, die man

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