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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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fresse es, das Fressendewasser.
    Entgeistert starrte der Pilot Manu an. »Was, zum Teufel«, sagte er langsam, »soll das bedeuten?« Er drehte den Gedanken hin und her, und er ergab keinen Sinn. Eine Spezies, die ein Objekt wie den Brunnen erzeugen konnte, war kaum auf Menschenfleisch als Nahrungsmittel angewiesen. Trotzdem wurde Tasso das Gefühl nicht los, dass die wunderlichen Einrichtungen dieses eigengesetzlichen Universums, all die fremden Schiffe, all diese Gefangenen, dass all dies auf einen ungeheuer verwerflichen Zweck hindeutete. Einen Moment lang spürte er Druck hinter der Stirn – entsprang die Vorstellung eines zu niederträchtigen Zwecken erschaffenen Weltalls einem Wahn? Dem Wahn eines irren Piloten? Er schaltete den Gedanken ab.
    Der Rechner meldete sich. Er hatte ein Ausbruchsprogramm. Er würde die Landekufen abwerfen – Tasso hatte von dieser Möglichkeit nicht gewusst –, sich in die Mitte des Brunnenschachts begeben und dort ein doppeltes Feld erzeugen. In den Zwischenraum würde er Antimaterie pumpen und mit übergroßen Feldstärken zur Reaktion mit der Feldspannung der Brunnengeometrie zwingen. Tasso guckte hilflos in die Simulation. Er verstand nicht, wie das funktionieren sollte. Er war halt kein Physiker. Sondern Pilot. Und als Pilot wollte er wissen, ob sein kleines Boot das schaffen könne.
    Wegen der Größe sei das andere Schiff zum Scheitern verurteilt gewesen, erfuhr er. Kleine Fische gehen durch die Maschen. Der Versuch musste gemacht werden. Ein zweiter wäre kaum möglich; einen Fehlschlag, etwa einen gezielten Gegenschlag der Brunnen-Metrik, würde das Boot nicht überstehen; sei‘s drum.
    Das Raumboot ließ also die Kufen stehen wie ein Paar abgelegte Latschen. Es schwebte über dem irrsinnigen Abgrund des Schachtes, über und unter sich diese unendlichen Strecken mit ungezählten Etagen, als Tasso die Starttaste drückte. Der Rechner steuerte die Aggregate. Überlastung ließ sie heulen und wimmern. Eine doppelte Kugelschale flimmerte, dazwischen kochte die Antimaterie, und blitzschnell lief das Programm. Es gab kein Geräusch und keinen Schlag, es wurde dunkel. Abgrundtiefe Nacht hinter den Scheiben. Keine Sterne. Manu sprang auf und presste die Hand vor den aufgerissenen Mund. Im zweiten Pilotensessel lümmelte ein zweiter Tasso, von kühlem Geruch und mattem Lichtschein umgeben.
    »Interessant«, sagte die Erscheinung. »Es ist das erste Mal, dass ein Eingefangenes zurückkehrt.«
    Tasso rührte sich nicht. Er hatte erwartet, dass die Herren des Brunnens reagieren würden, Flammen am Himmel oder so was. Er war nicht auf eine Kopie von sich selbst vorbereitet gewesen.
    »Interessant auch«, fuhr der falsche Tasso fort, »dass dies hier immer noch andauert. Meine Meinesgleichen haben es lange Zeit nicht mehr beachtet.«
    »Warum«, fragte Tasso Sanderstorm nach einigen Schrecksekunden, »warum fangt ihr Raumschiffe ein? Warum? Warum redet ihr nicht mit uns? Warum muss man euch zwingen?« Er hatte Mühe, überhaupt zu sprechen. Es war seltsam, mit seinem eigenen Ebenbild zu reden, selbst wenn das Glitzern um den Eindringling deutlich machte, dass es eine Art Projektion war. Die Konturen des Fremden waren irgendwie undeutlich, als müsse man sich die Augen reiben, ehe man ihn genau erkennen könne.
    Das menschenähnliche Abbild probierte ein Lächeln. Aufgrund mangelnder Übung wurde eine ungewöhnliche Grimasse daraus. »Sprechreden ist eine ... Erzeugung minderer Güte. Nicht notwendig für mich und meine Meinesgleichen.«
    »Was ist dann notwendig?«, schrie Tasso, und er spürte, wie ihn schwindelte, wenn er sein Gegenüber zu scharf ansah.
    »Nicht ist«, verbesserte der Zweittasso, »war. Ganz vergangen das. War notwendig. Seit vielen Perioden besteht kein Daseinsgrund mehr für dieses Kontinuum.«
    Manu wiederholte murmelnd das schöne Wort Daseinsgrund; vielleicht das einzige, was er verstanden hatte. Tasso konnte das Entsetzen des Überlebenden gut verstehen. Kein Grund. Die Schöpfer des Brunnens hatten ihn vergessen? Für all das, was im Brunnen geschehen war, gab es keinen Grund mehr, schon lange nicht mehr?
    »Notwendig war Material«, erklärte der unheimliche Gesprächspartner. Es war ihm anzumerken, dass ihm die Worte nur schwer über die virtuellen Lippen kamen. Und er musste um jedes Wort ringen. »Vor vielen Perioden war Material dringend, sehr dringend, und also schufen meine Meinesgleichen diese Tasche in ... in der Raumzeit.«
    Der echte Tasso starrte

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