Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
alte Sucht flammte nach wie vor in ihm, nur dass es heute Jana war, nach der die blaue, straff gespannte Saite in seinem Rückenmark sang. Er stellte fest, dass sich sein Körper anders anfühlte als sonst. Er erinnerte sich an das eigenartige Gefühl von Wärme, das Maja Maja durch seinen Leib hatte sickern lassen. Dies hier war anders. Markus schüttelte verwirrt den Kopf und lauschte in sein Inneres. Er verstand nicht; sein eigener Körper fühlte sich falsch an – nein, nicht falsch. Verändert, ungewohnt, anders. Sein Blick in die kühlen Augen der Soldatin mochte entsprechend hilfesuchend ausgefallen sein, und er holte sich bei Bonnie augenblicklich eine Abfahrt.
    »Dafür haben wir später Zeit«, sagte sie. »Jetzt müssen wir uns reisefertig machen. Die Tåström wartet auf uns, und wir haben nur ein schmales Startfenster.«
    Markus blickte sich um. Irgendwie hatte er erwartet, wieder in Bonnies weitläufigem Versteck aufzuwachen, genau dort, wo er schon einmal erwacht war. Natürlich befand er sich ganz woanders. Natürlich. Dies war ein Hotelzimmer, irgendwo auf der Universitätswelt. Anders war die mehrgliedrige Bildwand nicht zu erklären, die an der Decke über dem Bett hing. So ein Ding war Standard, wenn sich ein Externer für ein Semester oder einen Intensivkursus einschrieb. Mit den richtigen Chemikalien im Blut und ausreichend Kondition konnte man auf so einem Bett liegend einen halben Studiengang absolvieren. Als wäre man einer dieser Zentralier, der sich Wissen direkt ins Hirn laden konnte, bis es zu platzen drohte.
    »Ein Nürnberger-Trichter«, sagte Markus.
    »Bitte?« Bonnie wandte sich irritiert um.
    Markus zeigte nach oben. »Das da«, sagte er. »Die Studenten nennen es so. Keine Ahnung, wer dieser Nürnberger war. Man lernt, als ob einem die Buchstaben durch die Augen hindurch direkt ins Gehirn eingeflößt würden. Sehr effektiv. Sehr anstrengend. Und absolut nicht für Junkies geeignet.«
    »Junkies lernen nichts«, entgegnete Bonnie. »Im Gegenteil. Komm schon. Man wartet auf uns.«
    Wer wartet auf uns, wollte Markus fragen, und wieso sollten wir reisefertig sein, was ist bitte schön die Tåström , und wohin wollen wir denn reisen – Bonnie hatte das Zimmer bereits verlassen. Sie hatte offenbar Dringendes zu erledigen jenseits der Tür.
    Es ist gut, dachte Markus, schließlich ist Bonnie Wayss hier das Leittier, solche Leute müssen nichts erklären. Vielleicht besser so. Dieses Desaster im Konsulat würde ich mir gern erklären lassen.
    Er schwang seine Beine vom Bett und stand auf. Da war es wieder, jenes seltsame Gefühl. Markus blickte an sich herunter. Nichts Besonderes, alles wie immer, wenn man von der Tatsache absah, dass er sich offenbar daran gewöhnt hatte, splitterfasernackt vor irgendwelchen Weibsbildern zu erscheinen.
    Etwas war anders. Wenn er sich bewegte, war nichts war mehr wie gewohnt. Markus legte den Kopf schief wie ein Vogel, der wegfliegen will. Er hob langsam die Hände und spreizte die Finger, lauschte in seinen Leib hinein. Da war ein neues Gespür für die Position seiner Fingerspitzen. Wären seine Knochen Laser gewesen, hätte Markus genau zu bezeichnen gewusst, wo im Zimmer jeder einzelne dieser Laser hinzielte. Ein merkwürdiges Gefühl, als hätte jemand ein spinnwebenfeines Nervennetz unter der Haut installiert. Überall war seine Körperoberfläche in eine Art von Sensor verwandelt worden, und die Umgebung überschwemmte ihn mit Information. Für einige Sekunden lähmte ihn diese Art von Vergewaltigung.
    Seine Hände wussten immer genau, wo auf dem Griffbrett einer Gitarre sie waren, welchen Akkord seine Finger schlugen; er musste selten mit den Augen verfolgen, was seine Hände auf den Tasten eines Klaviers taten. Das war Musik, darüber musste man nicht nachdenken. Nun war alles, jedoch auf eine ganz andere Art, Musik geworden. Markus hatte jeden Muskel seines Körpers unter Kontrolle wie ein lange geübtes Instrument, und er hatte dieses Zimmer komplett unter Kontrolle wie ein lange geübtes Instrument. Das war beängstigend und lustig zur gleichen Zeit. Markus schloss fest die Augen und drehte eine rasendschnelle Pirouette, machte einen Ausfallschritt und stach mit dem ausgestreckten kleinen Finger der linken Hand zu. In dieser Pose fror er seine Bewegungen ein und öffnete die Augen.
    Es war phantastisch und furchterregend. Genau wie er es sich vorgestellt hatte, war die Kuppe seines linken kleinen Fingers einen Millimeterbruchteil von jenem

Weitere Kostenlose Bücher