Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
wundersamen Selbstheilungen üblicherweise verursachten. Jana Hakon kannte das aus ihrer Zeit im Institut.
Sie befahl Veruca Salt zu verschwinden, und wie sie befürchtet hatte, funktionierte es nicht. Veruca Salt verschwand nicht. Veruca Salt dachte voller Sorge an Mikko und an seine überirdischen blauen Augen, und an Aris letzte Sekunde, und an den Schmerz in diesem tiefen leuchtenden Blau, an die Verfinsterung dieser faszinierenden Farbe, und Veruca Salt dachte an den stämmigen Körper Mikkos. Veruca Salt dachte an den Knutschfleck über seiner Brustwarze, den sie ihm vor zwei Tagen gemacht hatte, und ein überraschendes Empfinden sickerte in ihren Leib, ein Gefühl, dass mit den Muskeln und Knochen und seinen Bewegungen in ihr zu tun hatte. Er mochte Mikko-der-Macho sein und ein Unterdeckschwein und der Typ, der sie hatte vergewaltigen wollen; ihr Körper begann, Mikko-im-Bett zu vermissen. Schluss damit, beschloss Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt. Schluss für jetzt, wir haben Wichtigeres zu tun. Wir hassen diesen Menschen, wenn auch nur einige seiner Aspekte. Damit war sie zufrieden. Das war sehr galdäisch.
Sie besann sich, was als nächstes zu tun sei, und sie war Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt, als sie das tat, voll konzentriert. In einem Winkel ihres Ichs spürte sie allerdings Veruca Salt, die sich Sorgen um Mikko machte. Veruca Salt, die sich nach dem kleinen rothaarigen Mann sehnte und die zugleich froh war, den Typen endgültig losgeworden zu sein. Veruca Salt verstand eben die Facetten des Daseins nicht, und nicht die spezielle Art, in der solche Probleme auf Galdäa betrachtet wurden. Dieses Problem, entschied Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt, würde sie später lösen. Einstweilen dachte Veruca Salt weiter darüber nach, wie Mikkos Augen ausgesehen hatten, als er seinen Freund an die Wand schoss.
23.
Markus Hataka • Berühre mein Gesicht / Höre meine Schreie
Im Grunde genommen hätte sich Markus nichts mehr gewünscht, als endlich aus diesem Alptraum aufzuwachen. Jemand aus einem vergangenen Leben hatte angerufen, das war alles gewesen. Es hatte genügt, sein Leben gründlich durcheinanderzubringen. Kaum hatte der Musiker Markus Hataka wieder jenen magischen Augenblick der Schöpfung erlebt, kaum schlug ihm die geflügelte durchscheinende Fee wieder eine Menge Magie um die Ohren, da zersplitterte sein Leben in lauter Paukenschläge, keine Spur von Sinfonie. Man hatte ein Attentat auf ihn verübt, seinen geschundenen Leib gestohlen und irgendwie verändert, und plötzlich war er Teil einer Einbrecherbande und hatte zusehen müssen, wie man Leute totschoss. Schlimmer noch, er hatte selbst geschossen, treffsicher wie eine ferngesteuerte Kampfmaschine. Es war, als hätte der alte Fluch der Acht von seinem Leben Besitz ergriffen; haben, besitzen, ergreifen, zerstören.
Was würde Eveline davon halten? Was hielt nur seine Fee davon? Spülte sie ihm Melodien ins Ohr? Sang sie ihm aufregende Akkorde? Natürlich nicht. Alles, was Markus Hataka hörte, war die betäubende Stille, die zurückblieb, wenn er mit seiner Waffe ein Stück der Wirklichkeit in die Nichtexistenz stanzte, und vor allem hörte er das unbeschreibliche Geräusch, das den Inhalt eines menschlichen Körpers in eine feuchte Wolke aus winzigen Partikeln verwandelt hatte. Er hatte Schwierigkeiten, sich den Tod von Maja Maja als Bild ins Gedächtnis zu rufen, der Klang dieses Todes allerdings war ihm sehr gegenwärtig.
»Wieder da?«, fragte Bonnie Wayss, und Markus begriff, dass er bereits seit etlichen Sekunden das markante Gesicht der Soldatin anstarrte. Sie lächelte nicht, und ihre stahlgrauen Haare waren vielleicht grauer als sonst.
»Schön, dass du wieder da bist«, sagte Bonnie. Das Implantat in ihrer Kehle hatte sich auf ein Schnurren verlegt, vermutlich weil die Lautstärke auf diese Weise einem Flüstern am nächsten kam.
Markus grunzte nur kurz. Er war nicht sicher, ob er es schön finden sollte, seine Augen aufzuschlagen und festzustellen, dass all das leider kein wüster Traum, sondern die Wirklichkeit war. Verdammt noch mal. Beim letzten Mal war es Maja Maja gewesen, die ihn begrüßt hatte. Die kleine freundliche Frau von Engambosch, die immerzu lächelte und deren Körper leergeschossen und seelenlos auf dem Dach der galdäischen Botschaft zurückgeblieben war, inmitten einer riesigen Pfütze aus ihren Innereien. Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Markus richtete sich auf. Seine
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