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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Waffe.
    »Sie fragen Dinge, die mit dem Auftrag nichts zu tun haben«, sagte Tara.
    »Da mögen Sie recht haben. Entschuldigen Sie bitte. Wo sind die Materialien?«
    Diese Frage war natürlich kompletter Blödsinn, denn das Zeug lag ja schließlich auf dem Tisch. Tara zeigte keinerlei Verwunderung und schob Michael den Handkoffer zu, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass die edle Platte des Tisches zerkratzt werden könnte. Offenbar polierten die Konsulatsangestellten den ganzen Tag lang unaufhörlich die wenigen Möbel, weil sie ja sonst nichts zu tun hatten.
    Michael warf einen Blick auf das unscheinbare Gepäckstück und wunderte sich über die Ziffernschlösser. Ziffernschlösser! Mechanisch, teuer, Handarbeit, elektronisch nicht zu bezwingen; man musste sehr Wichtiges zu verschließen haben oder sehr paranoid sein, um so etwas zu verwenden.
    Er sagte nichts dazu. Er stand auf, weil seine Gastgeberin sich erhoben hatte. An der Tür blieb er stehen und sah sich um. Da fiel ihm auf, was ihn die ganze Zeit über gestört hatte. Er sah Tara, die inmitten des Zimmers einsam wartete, dass er ging. Dieser Raum war leer. Völlig leer. Kein einziges Bild an der Wand. Nichts an einheimischem Kunsthandwerk. Nicht einmal in den Vitrinen. Nur die Wände, die Fenster, eine Tür, die getäfelten Wände mit ihren geheimen Ausgängen, der Tisch, Stühle. Alles menschlich, gewöhnlich und absolut unexotisch. Nichts Galdäisches. Die Vitrinen wirkten plötzlich anklagend. Als hätte jemand eine Ausstellung überfallen und sie komplett ausgeraubt, ohne das kleinste Stück zurückzulassen.
    Michael drehte sich um, musterte die Tür, durch die er gekommen war. Da war doch ein Bild, ein einsames, quadratisches, dunkles Bild. Es zeigte einen finsteren, rabenschwarz in einen fröhlichen Himmel aufragenden Turm. Das Gebäude wirkte fremdartig und gewalttätig, als wolle es die Sonne aufspießen. Michael kannte niemanden, der solche Bauten errichtete. Er trat einen Schritt auf das Bild zu und entdeckte einen winzigen Fliegendreck vor dem Turm. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich der Schmutz als ein Landetransporter, wie ihn voluminöse Raumfahrzeuge und Weltenkreuzer mitführten. Ein kurzer Schwindel huschte durch Michaels Gesichtsfeld, die Proportionen wurden zurechtgerückt. Das Raumschiff wirkte unbedeutend und staubkorngroß. Konnten die Galdäer solch titanische Bauwerke hochziehen?
    Michael schaute zurück zur Botschafterin.
    »Der Schwarze Turm«, sagte sie. »Eine Art von Heiligtum.« Sie wollte dazu nichts weiter sagen, zu diesem einzigen armseligen Bild, das eine Verbindung zu ihrer Heimat war, schwach und kümmerlich. Tara wirkte in der deprimierenden Dekoration des gewaltigen leeren Zimmers verloren und durchsichtig. Michael sah sie erschrocken an.
    Die Äderchen auf ihren Wangen traten leicht hervor.
    »Werden Sie versuchen, Wahrheit zu schreiben?«, fragte sie leise und mit einem so starken Akzent, dass Michael kaum verstand, was sie meinte.
    »Natürlich«, sagte er und wusste nicht, was er sich da auflud.
    »Dann schreiben Sie, dass alles anders war. Es könnte Galdäa helfen zu verstehen, was geschehen ist.«
    Der Student nickte. Dann griff er nach der Tür und ging hindurch.
    »Die Schöpfer mögen mit Ihnen sein«, sagte die Konsulin.
    »Ist das ein Segenswunsch?«, fragte Michael.
    »Ja«, antwortete Tara. »Allerdings ebenso gut ein Fluch.«
    Michael schloss ganz vorsichtig die Tür, schritt durch den Sicherheitsraum und stand minutenlang draußen vor dem Panorama der Uni-Stadt im hellen Sonnenlicht. Dieser Satz ging ihm nicht aus dem Kopf. Wieso sollte seine Arbeit den Galdäern helfen? Etwas zu verstehen? Was mit ihnen geschehen ist ...? Genau betrachtet, könnte der Satz besagen, dass kein Galdan und keine Galdani die Vorgänge von damals begriff. Besaßen diese Leute keine Vorstellung von Angriff und Verteidigung, hatten sie nie Krieg geführt? Natürlich hatten sie das, laut Lexikon. Er musste an die Augen Taras denken. Und er konnte nicht so ganz verstehen, wieso der Segen mit den Schöpfern zugleich ein Fluch sein konnte.
    Der Lift hielt und war leer. Natürlich. Michael spürte Schmerzen im Rücken, als die Türen sich vor dem schönen Blick über die Stadt schlossen und es mit leisem Ruck abwärts ging. Eine Es-geht-mir-gut-Pille wäre jetzt angenehm gewesen, aber Michael hatte sich fest vorgenommen, seinem Körper nicht mehr chemisch auf die Sprünge zu helfen. Genug war genug. Tasso hatte nie etwas davon

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