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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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niemand würde sich jemals ins achtunddreißigsten Stockwerk verirren. Man musste wie Michael Sanderstorm einen Hinweis darauf bekommen haben, dass der Lift mit akustischer Steuerung ausgestattet war, dass das Ding nur dann hier hielt, wenn man sein Ziel nannte. Und angemeldet war.
    Das alles war ein wenig seltsam. Michael weigerte sich, darüber nachzudenken. Die Aussicht von hier oben war atemberaubend; all die vielgestaltigen Gebäude der Universität, die praktisch mehr oder weniger mit der Stadt identisch war. Dazwischen Parks mit mächtigen alten Bäumen. Einige markante Punkte erkannte Michael wieder, etwa den Obelisken der Entdecker, weit weg und unverwechselbar. Dahinter erhoben sich die Berge, gesprenkelt und gefleckt von den Bauten und Parks der nächsten Stadt, die wiederum mehr oder weniger eine andere Universität war. Nicht umsonst war Penta V die Universitätswelt. In ein paar Dutzend Jahren würde jeder Punkt des Festlandes der einen oder der anderen Uni gehören, abgesehen vielleicht von Bahia de Janeiro.
    Ein Summton lenkte Michaels Aufmerksamkeit auf die Projektionsfläche, die in die Wand eingelassen war. Er sollte sich ausweisen, tat es und gab sein Anliegen an. Die Tür öffnete sich und ließ ihn in eine Kabine ein, in der das neugierige Gitter einer Retina-Maschine funkelte. Michael runzelte die Stirn; Identitätstests anhand der Netzhautmuster waren altmodisch und aufwendig, wenn auch sicher. Man konnte so etwas nur mit unglaublichem technischen Aufwand fälschen. Er stellte sich auf die Markierung, starrte in das Gitter und glaubte zu spüren, wie die Retina-Maschine das Innere seiner Augen abtastete.
    Bisschen reichlich, diese Sicherheitsvorkehrungen, dachte er, aber sie werden ihre Gründe haben. Angst vor unberechenbaren Karnesen, zum Beispiel, oder es gibt immer noch Leute, die den galdäischen Krieg nicht vergessen haben. Leute, die aus unerfindlichen Gründen heute noch sauer sind auf Galdäa. Was mögen das für Typen sein?
    Eine freundliche Stimme aus irgendeinem Chip bat ihn einzutreten. Der Raum, in den er kam, war riesengroß – die längere Seite war identisch mit der Schmalseite des Hochhauses. Er sah aus wie ein leergeräumtes Museum und lag im Dämmer, obwohl gleich zwei Wände komplett aus Glas waren, dunkel getöntem Glas. Es wäre Platz gewesen für zweihundert Stühle, um Vorträge zu halten. Stattdessen standen ein Dutzend leerer Vitrinen herum, wie man sie für Ausstellungen verwendet, und ein beeindruckender Schreibtisch prangte peinlich aufgeräumt in der Mitte.
    Von der Sonnenempfindlichkeit der Galdäer hatte etwas in dem Lexikon gestanden, in dem sich Michael flüchtig orientiert hatte, deswegen überraschte ihn das Aussehen der Galdani nicht, die lautlos aus einer in der Holztäfelung verborgenen Tür auftauchte. Sie hatte blasse, wie durchsichtige Haut, riesige Augen, auf den Wangen schimmernde Äderchen, winzige Ohren, kaum sichtbar unter ihren langen, glatten, dunklen Haaren. Insgesamt fremdartig, jedoch nicht hässlich. Hilflos, fand Michael. Und diese Leute sollten Krieg angefangen haben? Ohne Michael anzusehen, schritt die Galdani auf den leeren Schreibtisch zu, setzte sich mit grazilen Bewegungen, wies ihrem Besucher einen Stuhl zu und stellte ein Schildchen mit ihrem Namen auf den Tisch. Sie hob den Kopf und sah Michael zum ersten Mal ins Gesicht. Die Augen dieser Dame waren wie dunkle Teiche, sehr romantisch, und ein bisschen unheimlich, als könnten sie mit Blicken den Willen ihres Gegenübers aussaugen und ihm stattdessen ihren eigenen aufzwingen.
    Sie zeigte auf den Namen. Dann sprach sie ihn aus.
    Michael musterte das geprägte Schildchen, das einsam und verloren auf der blankgeputzten Fläche des Schreibtisches stand. Tara S‘Khanayilhkdha Vuvlel T‘Arastoydt, las er ungläubig und wunderte sich, wie die Galdani es fertigbrachte, aus dieser Sammlung von Buchstaben einen melodisch klingenden Namen zu machen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er, »wie soll ich Sie anreden, ich meine, das da kann ich nicht aussprechen, tut mir leid ...«
    »Tara«, sagte sie, und Michael lauschte dem Wort hinterher, da waren Zischlaute drin und anderes, was bei seiner Aussprache des Wortes fehlen würde.
    »Ich könnte mein Leben lang üben«, sagte Michael, »ohne die richtige Aussprache Ihres Namens zu erlernen. Leider betrifft das die kurze Fassung genauso.«
    Vielleicht bildete er es sich ein; die Galdani hatte ihn kurz angeschaut, und er hatte einen Ausdruck

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