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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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für mich, mit dem Uni-Auftrag nach A. L. zu kommen?«
    »Keine.«
    Entschlossen schnappte sich Michael ein veraltetes Kom, das auf dem Tisch lag. Das Bereitschaftslämpchen des Gerätes glomm ruhig, und es bot den Vorteil, von irgendwelchen Rechnernetzen unabhängig zu sein. Das allgemeine Chaos im System dieser Universität würde eine Komverbindung nicht betreffen, wusste Michael. Er begann, eine lange Nummer einzutippen.
    »Da werde ich mich mit Professor Legrand in Verbindung setzen müssen. Er hatte mir Unterstützung zugesagt, falls ich – nur im Falle dass – seine Hilfe benötigen würde.«
    »Professor Legrand, hä?«
    Der Vierte Stellvertreter beobachtete mit einem Gesichtsausdruck ungläubiger Faszination, wie jemand sein antikes Kom in Betrieb setzte. Vermutlich lag das Ding seit Jahrzehnten auf seinem Platz, ohne jemals anderes erlebt zu haben als Staubwischen und die Aufladestation.
    »Kann ich das Kom hier benutzen? Danke.«
    »Sind Sie sicher, dass ...«
    »Ich möchte bitte Professor Legrand sprechen, sagen Sie ihm, es ist Sanderstorm, in der bewussten Angelegenheit. Ja. Ich warte. Natürlich.«
    Michael Sanderstorm stand still, das Kom ans Ohr gedrückt. Die fleckigen Hände des alten Mannes hasteten plötzlich auf der Tastatur des Rechners herum. Zwischen den immer und immer wieder abspulenden Gespenster-Dateien taten sich neue Datensätze auf.
    »Junger Mann, lassen Sie das mal. Mir ist da was ... eingefallen.«
    »Es hat sich erledigt. Richten Sie bitte Grüße aus und sagen ihm, es geht alles, wie er gesagt hat. Ja. Vielen Dank.«
    Ziffer für Ziffer löschte Michael die Nummer aus dem Kom und legte es auf seinen Platz zurück. Es wäre nicht sonderlich hilfreich, fände der Vierte Stellvertreter heraus, dass Sanderstorm anstelle einer Rufnummer viermal hintereinander sein eigenes Geburtsdatum eingegeben hatte.
    »Was ist Ihnen eingefallen?«, fragte er.
    »Habe da eine andere Möglichkeit. Ausnahmsweise. Anderes Konto. Geht nicht weg von ...«
    »Wie Sie das abbuchen, ist mir völlig schnuppe.«
    Michael erwog, auf den lauten Stuhl zurückzukehren. Es würde bedeuten, wieder aufstehen zu müssen. Nein, er blieb besser stehen. Lieber ein bisschen herabschauen auf den Vierten Stellvertreter.
    »Wünschte nur, der Rechner ... Stört mitunter sehr, eine solche Störung. Deswegen heißt es wohl Störung.«
    »Steckt das verdammte Ding wieder fest? Versuchen Sie doch mal eine andere Leitung.«
    »Überall dasselbe, verstopft, zu, keine Kapazitäten ... Ah ja, da sind wir doch endlich.«
    »Und alles sieht gleich aus. Als wären unsere Daten zu Netzgeistern geworden. Alles sieht so ähnlich aus wie meine Galdäa-Dateien. Wie kann das angehen?«
    »Also ... da ... da ist die Ausweisnummer ... Identität ... Befugnis ... ja. Keine Ungeduld bitte. Ist sehr unpassend, mitunter.«
    »Ich sollte mit Nikki reden; die hat vielleicht eine Erklärung dafür, wie unsere sich selbst vermehrenden Dokumente in das Rechnersystem der Universität gelangen konnten.«
    »So, da haben Sie‘s. Gehen Sie mit diesem Papier in die Buchhaltung. Adresse steht drauf. Da liegen Chips bereit, und Reisedokumente. Kriegen alles Weitere dort. Wenn die Rechner halbwegs funktionieren.«
    »Danke vielmals«, sagte Michael, als er schon auf dem Weg nach draußen war.
    Der Vierte Stellvertreter stieß ein freudloses, trockenes Gelächter aus und rief ihm hinterher: »Ich lach mich gleich tot, junger Mann!«
    »Oh, ich habe es wirklich so gemeint«, sagte der Student ernst und ohne sich umzudrehen, ehe sich die Tür hinter ihm schloss.
    Auf dem kühlen Wandelgang der großen Halle, als die Anspannung weg war, lehnte sich Michael an den falschen Marmor und lachte. Er würde nach Atibon Legba fliegen. Dann dachte er an die unzähligen Galdäa-Spuren überall, an Mebibytes von Texten, Gibibytes an Klängen und Tebibytes an Aufzeichnungen bewegter Bilder. Er versuchte sich vorzustellen, wie sich all diese Daten immer wieder selbst kopierten, immer wieder, und alle Rechner mit Beschlag belegten. Er stellte sich vor, wie diese elektronische Pest von Chip zu Chip sprang. Sein Lachen wurde schrill und hysterisch, seine Lungen taten ihm weh. Er konnte nicht aufhören, ein angstvolles, quälendes Gelächter folterte seine Knochen. In seiner Phantasie wurden all die Galdäadaten, die aus dem Rechner in seiner Wohnung entkommen waren, zu gefräßigen kleinen Monstren. Er hatte die Augen geschlossen, weil seine Rippen brannten. Die kleinen

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