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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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runtergekommen bin.
    Er inspizierte die Vorräte, indem er auf wackligen Beinen in die Kochecke stakte; jemand namens Markus Hataka hatte ordentlich im Flaschenregal zugelangt. Offensichtlich hatte er nach Sonnenuntergang den Drinks umso reichlicher zugesprochen. Der Whisky war deutlich dezimiert worden. Oh, Markus, dachte er, du wirst eines Tages im Suff enden und in der Gosse. Karolus hatte das immer gesagt, und nicht immer nur im Scherz.
    Karolus. Er hatte seit Jahren nicht mehr an Karolus gedacht. Nicht mehr an ihn denken wollen. Er musste sich auf den Barhocker setzen, der seit Jahren unbenutzt in der Küchenecke stand. Die zuviel getrunkenen Drinks, wollte er sich einreden, aber das war es nicht. Die Erinnerungen waren wieder da, alle miteinander, nichts davon war dem Ycorgan zum Opfer gefallen, wie er es geglaubt hatte. Gehofft?
    Vielleicht.
    Markus goss sich mit zitternden Händen ein großes Glas Orangensaft ein. Während er das kalte süße Zeug trank, zwang er sich, daran zu denken, dass es mit Orangen wenig zu tun hatte. Es war eine spezielle oniskäische Frucht, die man zunächst zusammen mit viel Zucker kochte und erst dann auspresste. In rohem Zustand war das Zeug giftig. Es war nicht einmal eine Zitrusfrucht. Wenn er sich recht erinnerte, wurde es aus einer Art Rübe hergestellt. Wirkliche Zitrusfrüchte gab es natürlich nicht auf Oniskus. Auf Engambosch, vielleicht, nicht auf Oniskus.
    Oniskus. Karolus war von Oniskus gewesen, einer verrückten Welt voller abgedrehter Typen, die ihre Ehepartner wechselten wie andere Leute die Lieblingsmusik. Heute die eine, morgen der andere. Keine Verbote, kaum Tabus. Gitarren, Loops, Geigen, Pauken, Fuzz-Gitarren, Hörner, alles durcheinander. Karolus war nach Penta V als Teil einer Doppelehe gekommen, zwei Männer und zwei Frauen, und jeder war mit allen anderen ins Bett gegangen, zu zweit oder zu dritt oder zu viert. Das war ein ebenso alter wie grimmiger Witz zwischen ihnen gewesen und eine Quelle ständiger Frotzeleien – kann ich denn wirklich all die Leute ersetzen? Wollen wir wirklich auf immer darauf verzichten, andere, interessante Menschen kennenzulernen? Bist du wirklich sicher, dass du nicht eigentlich eine Frau wolltest? Bin ich vielseitig genug für dich? Ach ja?
    Es war alles wieder da. Alles, was ihn gequält und in die finsteren seligmachenden Pranken des Ycorgan gespült hatte, in die erlogenen und heimtückischen Monate voller Glückseligkeit, die in Wirklichkeit minutenkurz waren und ihn in genau dasselbe Elend wieder entließen, aus dem er geflüchtet war. Alles war wieder da. Und Jana war schuld daran, dachte Markus Hataka; nein, das war falsch. Die Musik, diese neue Musik, so faszinierend wie furchteinflößend, hatte den alten Schorf heruntergerissen und entblößt, was er vor sich selber verborgen gehalten hatte.
    Die Wunde tat hartnäckig weh, und irgendwie hing das alles mit der Frau zusammen, die er im Photek-Institut kennengelernt hatte und die dafür verantwortlich war, dass es zitterte und sang in seinem Inneren. Er dachte an ihren Anruf und an die Menge Geld, die er gesendet hatte. Sie hat alles abgehoben, dachte Markus, alles auf einmal. In einer heruntergekommenen Kuppel auf der Werkwelt, und wenn seine Informationen zutrafen, dann zählte Nummer 42 zu den miesesten Orten auf Penta IV. Eine verdreckte Stadt, die seit Jahrzehnten kurz davor stand, dichtgemacht und aufgegeben zu werden. Markus wusste nicht genau, warum; er wunderte sich überhaupt nicht darüber. Vor allem nicht über sich selbst. Er wusste nicht, warum er Jana das Geld gegeben hatte. Wegen dieser Bass-Saite, ihres blauen Geräuschs.
    Ein Klopfen an der Tür. Eveline. Es gab vermutlich niemanden sonst auf diesem Planeten, der die modernen Kommunikationskanäle verschmähte und seine Knöchel höchstpersönlich an eine fremde Tür schlug. Das war so aus der Mode wie virtuelle Brillen und Kopfverdrahtung. Das war Eveline.
    Markus öffnete. Die uralte Eveline hielt eine Schüssel in der Hand.
    »Ich habe mir Sorgen gemacht«, sagte sie, »die letzte Nacht diese höllische Musik, und dann den Tag über kein einziger Ton. Du wirst Hunger haben, denke ich.«
    Er starrte blöd in die hingehaltene Speise, irgendwas Dickes, Zähflüssiges, in dem es kurze, zerfetzte Fleischfasern gab und rotschwarze dicke Früchte und eine Menge rotbraunes Zeug. Es roch würzig und unbekannt. Er zögerte. Eveline war für ihre Experimente am Kochtopf bekannt. Alle drei Fälle von

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