Galeeren in der Ostsee
Sir, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin, zu Hause in England.«
Pascoe trat zur Seite, als eine Gruppe von Seesoldaten bei ihren komplizierten Einzelübungen vorbeistampfte.
Penels erklärte: »Er heißt John Babbage, Sir, und wurde in Plymouth von einem Preßkommando eingefangen. Ich wußte es nicht, bevor wir in See waren. Er hat für meine Mutter gearbeitet, nachdem mein Vater gestorben war, Sir. Er war gut zu mir, mein bester Freund.«
Pascoe schaute weg. Da konnte er sich nicht einmischen. Penels hätte zum Ersten Offizier oder zum Master gehen sollen. Aber er erinnerte sich an seine eigene Anfangszeit, an den langen, hungrigen Fußmarsch von Pensance nach Falmouth.
»Warum haben Sie sich an mich gewandt, Mr. Penels? Die Wahrheit!«
»Mein Freund sagt, Sie seien ein guter Offizier, Sir. Nicht so hart wie die anderen.«
Pascoe versuchte, sich ein Bild von dem unglücklichen Babbage zu machen: ein Junge mit einem scheuem Blick, eher in seinem als in Penels Alter.
»Nun, Mr. Penels, wir sind jetzt mit dem Geschwader in See. Wären Sie im Hafen zu mir gekommen, hätte ich vielleicht etwas tun können.« Er dachte an Wolfe und wußte, es hätte auch dann kaum einen Unterschied gemacht. Ein Schiff brauchte so viele Männer, wie es bekommen konnte.
Wolfe war in mancher Hinsicht ein guter Offizier, aber es mangelte ihm an Verständnis und Sympathie für die Opfer der Preßkommandos. Es war hart für Penels und seinen Freund aus Kindheitstagen. Da waren sie nun auf dem gleichen Schiff, ohne voneinander gewußt zu haben, bevor sie sich auf See befanden, getrennt nicht nur durch Rang und Position, sondern auch durch des Schiffes eigene Geographie. Penels gehörte bei Segelmanövern zum achteren Mast, und seine Gefechtsstation war an den Neunpfündern auf der Schanz. Babbage gehörte zu seiner Mannschaft am Vormast. Er war jung und flink und würde es bald lernen, wie die Toppsgasten aufzuentern; dann gehörte er – mit etwas Glück – zur Aristokratie der Seeleute.
Pascoe hörte sich selber sagen: »Ich werde sehen, was sich tun läßt. Aber ich kann nichts versprechen.«
Er wandte sich ab, da er die Dankbarkeit in Penels Augen nicht ertragen konnte.
Commander Matthew Veitch kam in Bolithos Kajüte und sah sich neugierig um. Die eine Epaulette auf seiner linken Schulter, die er seinem Rang entsprechend trug, glitzerte fremd auf seinem abgetragenen Wachmantel. Veitch hatte früher schon unter Bolitho gedient und wußte, daß er keinen Dank dafür geerntet hätte, wenn er sich vor seinem Besuch auf dem Flaggschiff Zeit zum Umkleiden genommen hätte.
Bolitho sagte: »Setzen Sie sich, und erzählen Sie mir alles.«
Es war ein sonderbares Gefühl, wieder zu ankern. Die vi er Linienschiffe lagen in enger Formation, die dänische Küste in Sichtweite achteraus. Die Fregatten patrouillierten noch, wie Wachhunde ruhten sie nur selten.
Auch die Korvette und ihre Prise lagen bei Skagen vor Anker. Diese Bucht war in den vergangenen Monaten zum allgemeinen Treffpunkt und Rastplatz der englischen Flotte geworden.
Veitch streckte die langen Beine von sich. »Unsere Prise ist ein Handelsschiff, Sir, die
Echo
aus Cherbourg. Letzte Woche schlüpfte sie bei Sturm durch unsere Bewachungslinie, sagt ihr Kapitän. Sie versuchte, uns davonzulaufen, daher durchsuchte ich sie schnell.«
Bolitho warf einen Blick zum Achterschott. Dahinter war Browne, der gut französisch sprach, eifrig dabei, die Schiffspapiere der
Echo,
die Veitch mitgebracht hatte, durchzusehen: eine französische Brigg ohne auffallende Ladung oder Passagiere. Dennoch hatte sie beim Durchbrechen der Blockade einiges riskiert und mehr noch, als sie versuchte, der
Lookout
davonzusegeln.
»Wohin ist sie bestimmt?«
Veitch zuckte mit den Achseln. »Ihr Kapitän hat falsche Papiere, vermute ich. Aber die Karten wurden von einem Midshipman des Prisenkommandos im Lazarett gefunden, wo sie offenbar versteckt worden waren.« Er grinste. »Der Junge hat sicher nach etwas Eßbarem gesucht, aber ich will sein Verdienst deswegen nicht schmälern.« Er wurde wieder ernst. »Zwei Orte sind unterstrichen: Kopenhagen und Stockholm.«
Herrick wandte sich beunruhigt von den Heckfenstern ab und sagte: »Hier stinkt etwas, Sir!«
Bolitho sah ihn an. »Denken Sie das gleiche wie ich, Thomas? Daß die Franzosen bei der Unzufriedenheit des Zaren ihre Hand im Spiel haben?«
Herrick erwiderte: »Da bin ich ganz sicher, Sir. Je mehr sie unter ihren Hut bekommen können, desto
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