Galeeren in der Ostsee
als die meisten Seeoffiziere. Das heißt: als die meisten, die ich bisher kennengelernt habe. Er ist immer so ruhig und beherrscht. Ich glaube, wenn die Franzosen in diesem Augenblick an Bord gestürzt kämen, würde er erst seine Mahlzeit beenden, bevor er zum Kampf zu uns stieße.«
Kapitän Neale kam an Deck, und Pascoe verabschiedete sich. Bolitho sagte: »Es scheint alles ruhig zu sein, Captain.«
»Das glaube ich auch.« Neale spähte durch die herunterhängenden Netze. »Aber ich bin vorsichtig. Kapitän Herrick würde mich aufspießen, wenn ich seinen Admiral auflaufen ließe.«
Bolitho sagte ihm gute Nacht und ging in seine Kajüte. Er hatte nicht gewußt, wie bekannt Herricks Ergebenheit ihm gegenüber war.
»Lassen Sie das Großsegel bergen, Mr. Pickthorn.« Kapitän Neale stand sehr ruhig mit verschränkten Armen da, als die Fregatte nur noch unter Marssegeln, Fock und Klüver vorwärtsglitt.
Die kalte Luft, die eisigen Tropfen, die wie Regen von den Schlechtwettersegeln herunterfielen, waren vergessen, als die
Styx
sich langsam auf die Einfahrt in den Öre-Sund zubewegte. Zwei starke Festungen, Helsingborg auf dem schwedischen, Kronborg auf dem dänischen Ufer, konnten selbst dem abgebrühtesten Mann an Bord Respekt einflößen. Bolitho nahm ein Fernrohr und richtete es auf die dänische Festung. Man brauchte eine ganze Armee und außerdem eine monatelange Belagerung, um sie einzunehmen, dachte er ingrimmig.
Es war fast Mittag, und je näher die Fregatte der Einfahrt und den beiderseits drohenden Batterien gekommen war, desto mehr wurden sie sich der Aufregung bewußt, die das Erscheinen der
Styx
hervorrufen mußte. Keine Spur eines Willkommensgrußes war zu sehen, aber auch nichts, was auf Feindseligkeit schließen ließ.
Bolithos Blick schweifte über die Oberdecks. Neale hatte alles gut vorbereitet, sein Schiff sah so tadellos aus wie möglich. Die Seesoldaten in ihren auffallenden roten Röcken standen in Korporalschaften auf der Schanz angetreten. Keiner von ihnen war in den Marsen, und auch keins der leichten Geschütze war dort oben aufgestellt. Seeleute versahen ruhig ihren Dienst, während andere bereitstanden, um mehr Segel für eine eventuelle Flucht zu setzen oder um die restlichen einzuholen und zu ankern.
Neale sah Bolitho fragend an. »Soll ich mit dem Salut anfangen?«
»Bitte sehr.«
Neale befahl energisch: »Mündungspfropfen entfernen! Stückpforten öffnen!«
Dabei dachte er wahrscheinlich daran, daß seine Geschütze ungeladen dastehen würden, sobald der volle Landessalut erst abgeschossen war. Aber wenn er die Breitseite mit mehr Leuten bemannt hätte, als für das Ritual unbedingt erforderlich, hätte das vielleicht wie ein kriegerischer Akt ausgesehen.
»Kanonen ausrennen!« Polternd und ächzend steckten die Geschütze der
Styx
ihre schwarzen Mündungen ins grelle Licht.
»Klar zum Flaggedippen!«
Bolitho biß sich auf die Lippen. Noch immer kein Zeichen von Land. Er musterte die ausgedehnten Artillerieanlagen. Der Wind hatte erheblich nachgelassen. Wenn die Dänen jetzt das Feuer eröffneten, würde es für die
Styx
schwer sein, zu wenden und sich freizusegeln.
Unter diesen Bedingungen konnten sie in Minuten zusammengeschossen sein.
»Fangen Sie an mit dem Salut, Mr. Pickthorn!«
»Erstes Geschütz: feuern!«
Der Abschußknall rollte über das kabbelige Wasser, und unmittelbar darauf antwortete eine Batterie unterhalb der Festung. Schuß auf Schuß. Gleichzeitig wurde die dänische Flagge, die wie eine Metallplatte an einer hohen Stange in den Himmel ragte, langsam zum Salut gedippt.
Allday wischte sich den Mund mit dem Handrücken. »Puh, das hat Nerven gekostet!«
Bolitho sah, wie der Stückmeister der
Styx
von Geschütz zu Geschütz eilte und jedem mit der Faust das Zeichen zum Feuern im richtigen Zeitabstand gab.
Man erkannte jetzt auch Leute an Land. Einige liefen mit und winkten. Was sie riefen, konnte man aber auf die Entfernung nicht verstehen.
Die letzten Geschütze gaben ihren Schuß ab, und der Pulverqualm trieb über die Galionsfigur der Fregatte nach vorne.
Kapitän Neale machte eine Ehrenbezeigung zu Bolitho hin und sagte: »Ich glaube, wir sind gnädig aufgenommen, Sir.«
»Ein Wachboot kommt längsseit, Sir!«
»Nehmen Sie die Fock weg, Mr. Pickthorn und machen Sie alles klar zum Empfang unserer Besucher!«
Männer legten auf der Fockrah aus, schlugen fluchend auf das steife Segeltuch ein, während sie sich bemühten, es angesichts der
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