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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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schon längst vor Herricks Kanonen geraten sein.
    Kapitän Neale kam mühsam übers Achterdeck zu ihm, das pausbäckige Gesicht knallrot vor Kälte. »Darf ich vorschlagen, daß Sie nach unten gehen, Sir? Die Leute wissen doch, daß Sie an Bord sind und an ihrer Seite, was auch geschehen mag.«
    Bolitho beobachtete schaudernd, wie der Gischt, der am Bug hochgeschleudert wurde, auf den Netzen zu Tausenden glitzernder Edelsteine gefror. Neale hatte die Stückpforten des Oberdecks an der Le eseite öffnen lassen, denn wenn das überkommende Wasser nicht sofort abfloß, sondern sich vor den Speigatten staute und dort gefror, konnte es gefährlich werden. Schon manches Schiff, auch größer als eine Fregatte, war unter einer durch Eis entstandenen Schlagseite geke ntert.
    Er fragte: »Wo stehen wir jetzt?«
    »Der Master versicherte mir, daß wir die Insel Bornholm in Lee haben, etwa fünf Meilen entfernt.« Neale wischte sich mit den Fingern die Nässe aus dem Gesicht. »Ich muß mich auf ihn verlassen, Sir, denn wir könnten auch sonstwo sein, wenn Sie mich fragen.«
    Neale ging auf seinen Ersten Offizier zu, der sich zu ihm vorkämpfte, und Bolitho rief ihm nach: »Machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken, Captain Neale. Der kalte Wind verschafft mir wenigstens einen klaren Kopf.«
    Er dachte an ihren schnellen Aufbruch von Kopenhagen und hätte gern gewußt, ob jemand ihr Auslaufen beobachtet hatte. Er bezweifelte es. Aber bei Tagesanbruch hatte Mr. Inskip sicher ein paar peinliche Fragen beantworten müssen.
    Browne hatte sich so unverblümt geäußert, wie er sich traute: »Ich glaube, es ist falsch, daß Sie selber den Franzosen jagen. Sie können die
Styx
schicken, das genügt. Kapitän Neale kennt das Risiko, und Sie können ihn decken, wenn die Dinge schieflaufen. Aber wenn Sie mit dabei sind: wer deckt Sie?«
    Einige Zeit später, als die
Styx
sich mühsam von der schwedischen Küste freigesegelt hatte, hörte Bolitho, wie Pascoe in ärgerlichem Ton mit dem Flaggleutnant flüsterte.
    »Sie verstehen das nicht! Der Admiral ist schon in sehr viel schlimmeren Lagen gewesen. Er hat es immer geschafft, sich aus einer Falle freizukämpfen.«
    Browne hatte betrübt geantwortet: »Damals war er Kommandant. Verantwortung ist zweischneidig: Sie kann nach beiden Seiten verletzen.« Man hörte, wie er die Hand auf Pascoes Schulter legte. »Aber ich bewundere Sie für Ihre Treue, glauben Sie mir.«
    Pascoe eilte nach vorn, um die Blöcke des Fockmastes mit einigen Leuten nachzusehen. Wenn sie einfroren oder das Tauwerk, das durch den Schnee aufgequollen war, war die
Styx
gelähmt. Wie ein Geisterschiff würde sie auf diesem Kurs weitersegeln müssen, immer tiefer und tiefer in die Ostsee hinein.
    Allday kam über das Deck geschlittert.
    »Ozzard hat heiße Suppe für Sie, Sir.« Er warf einen Blick in die mit Weiß überzogenen Segel und fügte hinzu: »Ich läge lieber in einer Flaute!«
    Bolitho sah die nächste Gruppe Matrosen aus dem Mast herabklettern. Es war zu hoffen, daß auch sie etwas Warmes in den Magen bekamen, wenn sie unter Deck gingen. Er kannte Neale und war sicher, daß er für seine Männer sorgte.
    Er folgte Alldays Blicken und schaute zu der bauchig stehenden Leinwand empor. Sie war eisenhart und ein Alptraum für die Matrosen, die sie zu bedienen hatten. Und doch hatten die Segel auch jetzt ihre eigene Schönheit. Diese Feststellung half ihm, seine Sorgen zu verdrängen.
    »Dann gehe ich hinunter. Etwas Suppe lasse ich mir gefallen, obwohl ich bezweifle, daß ich viel davon im Magen behalten kann!«
    Allday grinste und trat beiseite, um Bolitho den Weg zum Niedergang freizumachen.
    In den vielen Jahren, in denen er Bolitho gedient hatte, hatte er ihn nicht einmal seekrank gesehen. Aber es hieß ja, es gäbe ein erstes Mal für jeden.
    Achtern in der Kajüte, wo es bei der schräg von achtern kommenden See munter auf und nieder ging, glich die Szene eher einer düsteren Grotte als einem Admiralsraum. Die Heckfenster hatten einen Spitzenvorhang aus Eiskristallen aufgezogen, und das wenige Licht, das durchkam, ließ alles noch kälter erscheinen.
    Bolitho saß am Tisch und löffelte Ozzards Suppe, erstaunt, daß sein Appetit dabei zurückkehrte. Das paßte mehr zu einem Midshipman als zu einem Admiral, dachte er.
    Neale kam später hinzu und legte die Seekarte vor Bolitho auf den Tisch.
    »Wenn die britischen Handelsschiffe tatsächlich bei Gotland sind, Sir«, dabei hantierte er mit dem Stechzirkel auf

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