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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Freundschaft zum Schweigen gebracht zu we rden. »Ihr verstorbener Bruder, Sir…« Er leckte sich verlegen die Li ppen. »Ich weiß nicht, ob ich fortfahren soll?«
    Bolitho blickte zu Boden. Da war es also wieder, noch immer nicht begraben, und würde es wohl auch niemals sein. Er sagte sehr ruhig: »Mein Bruder war ein Überläufer, ein Verräter, wenn Sie es genau wissen wollen.« Er sah, daß seine Worte trafen. »Er war ein hemmungsloser Spieler und besaß schon als Junge ein aufbrausendes Temperament. Er forderte einen Kameraden zum Duell, und der Offizier starb. Mein Bruder floh nach Amerika und stieg während der Revolution zum Kapitän eines Kaperschiffes auf. Nach dem Krieg kam er ums Leben, als er ein ausgebrochenes Pferd einfangen wollte.« Der letzte Teil war eine Lüge, aber er hatte sich so an sie gewöhnt, daß es nicht mehr darauf ankam. Er sah Browne ruhig an. »Ist es das, was Sie mir sagen wollten?«
    Browne starrte in sein Glas, aber es war leer.
    »Vielen Dank, Sir, daß Sie mich ins Vertrauen gezogen haben.« Er heftete den Blick auf einen Punkt über Bolithos Schulter.
    »Kannten Sie den Offizier, der getötet wurde?«
    »Nein, zu der Zeit war ich in der Karibik. Als ich heimkam, erfuhr ich es von meinem Vater. Der Schock hat ihn fast umgebracht.« Etwas in Brownes Ton ließ Bolitho aufmerken. »Warum?«
    »Sein Name war Damerum, Sir. Sir Samuels Bruder.«
    Bolitho rief sich sein erstes Zusammentreffen mit dem Admiral an Bord seines Flaggschiffes
Tantalus
in Erinnerung: keine Andeutung, kein einziger Hinweis auf Vergangenes, auf eine gespannte Beziehung.
    In den wenigen Minuten schien Browne ziemlich betrunken geworden zu sein.
    In schleppendem, vertraulichem Ton murmelte er: »Und, äh, wenn Sie annehmen, daß er seine privaten Empfindungen niemals vor dienstliche Belange stellen würde, Sir, dann irren Sie.«
    Bolitho stand auf. »Ich glaube, es wäre klug, wenn wir uns jetzt zurückzögen.« Er nickte Swinburne zu, aber der nahm kaum noch wahr, was um ihn herum vorging.
    Als sie gemeinsam die Treppe hinaufgingen, schwankte Browne bei jedem Schritt.
    Vor der Tür zu Bolithos Zimmer saß Allday auf einem zierlichen Stuhl, der aussah, als würde er jeden Augenblick unter ihm zusammenbrechen. Er bemerkte Browne und grinste. »Bißchen viel für einen kleinen Leutnant, wie, Sir?«
    »Bringen Sie ihn ins Bett, Allday.« Bolitho strich sich den Rock glatt, als Allday einen Arm um Brownes Taille legte, gerade noch rechtzeitig, sonst wäre er vornübergefallen. »Ich gehe wieder hinunter in die Halle.« Er rang sich ein Lächeln für Allday ab. »Als einziger noch vorhandener Vertreter der Königlichen Marine kann ich die Gastgeber nicht enttäuschen.«
    Allday stieß die Tür auf und schleppte die willenlose Gestalt zum Bett. »Soll er denn hier schlafen, Sir?«
    Bolitho blickte zur Uhr. »Ja. Aber ich habe den Verdacht, daß er nicht lange alleinbleiben wird. Mag sein, daß bald eine junge Dame aufkreuzt. Also stehen Sie hier nicht im Wege.«
    Allday starrte ihn an. »Sie denkt, es ist
Ihr
Schlafzimmer?«
    Bolitho wandte sich zur Treppe. »Ich nehme an, daß es beiden ziemlich gleichgültig sein wird und daß sie sich morgen früh an nichts mehr erinnern. Dessen bin ich mir sogar ziemlich sicher.«
    Allday sah Bolitho nach, bis dieser auf der Treppe verschwunden war, und seufzte neidvoll. Kurz spielte er mit dem Gedanken, den Leutnant in einen anderen Raum zu tragen und sich selber in das Bett zu legen. Dann aber dachte er an das niedliche Dienstmädchen, das am anderen Ende des Hauses auf ihn wartete. Er verbeugte sich zur Tür hin und sagte: »Schlafen Sie wohl, Mr. Browne mit ›e‹ am Schluß. Sie sind ein Glückspilz, auch wenn Sie es selber nicht merken.«

Liebe und Haß
    Admiral Sir George Beauchamp stand mit dem Rücken zum hohen Raum am Fenster und blickte verdrießlich auf den weiten Platz von Whitehall hinaus.
    Es war ein naßkalter Tag, aber viele Kutschen und Lastwagen waren unterwegs. Es wimmelte von geschäftigen, dick vermummten Gestalten und dampfenden Pferden. Für Beauchamps ausgeprägten Or dnungssinn wirkte das alles chaotisch.
    Bolitho saß sehr gerade auf einem Stuhl und zwang sich, nicht an das schmerzende Bein zu fassen.
    Es war eine lange Fahrt von Swinburnes schönem Landsitz bis hierher gewesen. Browne hatte ausnahmsweise einen traurigen Gesellschafter abgegeben. Jedesmal, wenn eines der Wagenräder in eine Furche rutschte, hatte er gestöhnt und gegen Erbrechen

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