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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wollen vorangehen.«
    Als sie durch die Reihen animierter Gesichter und knicksender Damen gingen, sagte sie: »Das ist eine Strafe für Sie, nehme ich an. Aber es sind alles Freunde. Sie möchten verstehen, möchten wissen, was ihnen bevorsteht. Was für Sie ein zufälliger Zufluchtsort ist, ist für diese Leute ein Ort der Hoffnung auf ihr Überleben.«
    Als sie die lange, glitzernde Tafel erreichten, gab es in der Halle etwas Unruhe. Bolitho hörte Swinburne einem seiner Diener zurufen: »Legen Sie noch ein Gedeck für den Leutnant auf, Arthur!« Browne war zurückgekommen. Während die Gäste sich langsam zu den ihnen zugedachten Plätzen an der schwer beladenen Tafel begaben, schaffte es Browne, sich zu Bolitho hindurchzuarbeiten und ihm zu melden: »Die Berichte sind abgeliefert, Sir. Sir George Beauchamp brennt darauf, Sie zu sprechen, sobald Sie reisefähig sind.« Er senkte die Stimme, als er wahrnahm, daß einige Gäste, die von seinem unerwarteten Auftauchen überrascht waren, die Hälse reckten und zu lauschen versuchten. Es war wie eine Szene im Theater: der zerzauste junge Offizier, der von der Front zurückgeeilt kommt, um seinem General zu melden: ›Die Franzosen sind erledigt. Unsere Kavallerie greift an.‹ Browne fuhr fort: »Die Dinge in der Ostsee spitzen sich zu, wie Sie befürchtet hatten, Sir.«
    Es gab ein großes Rascheln von Gewändern und Rücken von Stühlen, als die Gäste Platz nahmen und bewundernd die Speisen musterten, die so hoch aufgetürmt waren, daß sie die Köpfe der Gegenübersitzenden verbargen.
    Bolitho wandte sich zur Seite und blickte in die Augen einer jungen, attraktiven Dame. Ihr Kleid war tief ausgeschnitten und ließ der Phantasie wenig Spielraum. Sie fing seinen Blick auf: »Sie starren mich an, Sir?« Lächelnd fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen. »Gefällt Ihnen, was Sie sehen?«
    Ein breites Gesicht hinter ihrer Schulter sagte mit heiserer Stimme: »Vorsichtig, lieber Freund. Das ist eine Wildkatze, wenn nicht Schlimmeres.«
    Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern schaute Bolitho weiter an. »Mein Herr Gemahl. Ein Flegel.«
    Bolitho war fast dankbar, als das Mahl endlich begann. Und was für ein Mahl das war! Es hätte sämtliche Midshipmen seines Geschwaders für eine Woche gesättigt, und doch wäre noch genug übriggeblieben.
    Die Gänge wurden von geschulten Dienern angeboten und die leeren Teller und Schüsseln mit gleicher Präzision abgeräumt. Bolitho war erstaunt, daß wirklich die meisten Schüsseln leergegessen waren, während er sich bereits unangenehm satt vorkam.
    Es gab verschiedene Sorten Fisch. Einen erkannte Bolitho als Steinbutt, einen anderen hielt er, obwohl er von einer dicken Sauce bedeckt war, für Weißfisch.
    Weiter und weiter ging es, und jeder neue Gang war größer und prächtiger dekoriert als der vorherige: ein riesiger Ochsenrücken, über kleinem Feuer gegrillt, gebackener Schinken und gedünsteter Puter, und alles wurde mit einer reichen Auswahl von Lord Swinburnes Weinen hinuntergespült.
    Bolitho fühlte das Knie seiner Tischdame, und als er sich leicht bewegte, drückte sie stärker zu, beharrlich und sinnlich erregend. Aber als er sie anschaute, war sie anscheinend völlig aufs Essen konzentriert und griff sich zielsicher die genußreichsten Speisen heraus.
    Er sah, daß Browne ihn vom anderen Ende der Tafel beobachtete. Der hatte sich offenbar immer nur vom Besten auf den Teller gepackt. Seine Erfahrungen mit dem Londoner Leben zahlten sich aus.
    Die Dame neben ihm fragte: »Sind Sie mit geheimem Auftrag hier?« Ihre Augen blickten jetzt unruhig und unverhüllt.
    Er lächelte. »Nein, ich ruhe mich nur ein paar Tage aus.«
    Ihr Hand verschwand unter dem Tisch, und er fühlte ihre Finger behutsam über seinen Schenkel streichen.
    »Ach ja, Sie sind verwundet worden, hörte ich.«
    Bolitho sah den Diener auf der anderen Seite des Tisches. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Augen sprachen Bände.
    »Langsam, Madame! Oder wollen Sie, daß Ihr Gatte mich vor die Tür bittet?«
    Sie warf den Kopf zurück und lachte. »Der? Bevor die Damen sich zurückziehen, wird er stockbetrunken sein und bald darauf umfallen.« Ihr Ton wurde flehentlich: »Das ist der Grund, warum man mich neben Sie gesetzt hat: Unser Gastgeber hält mich für ein Flittchen. Für ihn bin ich nur ein mehr oder weniger nützliches Haustier, das man verkuppelt.«
    »Und nun…« Lord Swinburne stand auf, ein volles Glas in der Hand. »Bevor

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