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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hörte muntere Geigenklänge von unten und spielte mit dem Gedanken, unter dem Vorwand der Erschöpfung Lord Swinburne und seine Gäste zu meiden. Aber eine derartige Lüge wäre ungezogen und nach all der Fürsorge unverzeihlich gewesen.
    Draußen schneite es, aber schwächer, so daß die Fahrwege und Dächer das Licht der Laternen, die Besuchern den Weg zum Eingang wiesen, in einem Dutzend schimmernder Farben widerspiegelten.
    Bolitho war vom Erdgeschoß in diesen Raum umgezogen, aber auch die bessere Aussicht hatte wenig zu seiner Zerstreuung beigetragen. Er wünschte nun, er wäre gleich mit nach London gefahren, ohne Rücksicht auf die Folgen für seine Wunde.
    Allday trat einen Schritt zurück. »Nun sehen Sie wieder aus wie Sie selber, Sir.«
    Bolitho bemerkte, daß Allday gedämpft sprach und daß sein prüfender Blick aus halb geschlossenen Augen kam, um ihn keinesfalls zu reizen.
    Bolitho schämte sich. Allday mußte es in letzter Zeit nicht leicht mit ihm gehabt haben.
    Er sagte: »Ich wünschte, Sie könnten meinen Platz am Tisch einnehmen.« Dabei warf er einen Blick auf Alldays Spiegelbild. »Sie verdienten es, und noch viel mehr.«
    Allday fing seinen Blick im Spiegel auf und grinste. Seine Zurückhaltung wich, als er antwortete: »Bei all den feinen Damen, Sir? Da würde ich schön in Verlegenheit kommen, ehrlich.«
    Irgendwo wurde ein schwerer Gong angeschlagen. Allday nahm Bolithos besten Rock auf. »Ich hab’ außerdem ein reizendes kleines Mädchen aufgetan, Sir. Mal sehen, ob ich es zum Dienst für Sie pressen kann.«
    Bolitho fuhr in die Ärmel. »Sie werden sich hoffentlich für ihr Entgegenkommen revanchieren.«
    Allday folgte ihm zur Tür. »Ganz gewiß, Sir.«
    Bolitho hielt noch einmal an. »Ich bin Ihnen noch eine Erklärung schuldig, Allday. Es scheint, ich habe alle schlecht behandelt, die mir in diesen Tagen zu helfen versuchten.« Er drehte sich um und lauschte auf die Stimmen und Klänge, welche die Freitreppe heraufbrandeten. Allday sagte ruhig: »Da müssen Sie durch, Sir. Aber Sie schaffen es nicht, wenn Sie Ihre Marssegel backbrassen!«
    Bolitho nickte und ging langsam die Treppe hinunter; dabei fühlte er sich ohne Hut und Säbel seltsam unsicher.
    Er erkannte die Halle kaum wieder. Sie war voll farbenprächtiger Kleider, halbnackter Schultern und Busen, voll roter Uniformröcke und einem solch bunten Gemisch von Leuten, daß er sich fragte, wo sie alle hergekommen sein mochten.
    Ein Diener sah ihn kommen und kündigte ihn an: »Konteradmiral Richard Bolitho!«
    Einige Köpfe wandten sich ihm zu, aber die meisten Gäste hatten die Ankündigung in dem Stimmengewirr nicht einmal gehört. Swinburne löste sich aus der Menge. »Ah, Bolitho, alter Junge!« Er lenkte ihn durch die weniger wichtigen Gruppen am Rande der Versammlung und murmelte: »Ich möchte Sie mit meinen Freunden bekanntmachen. Die meisten von ihnen haben noch nie im Leben einen aktiven Seeoffizier gesehen.« Er senkte die Stimme, als sie an einem Major mit scharlachrotem Gesicht vorbeikamen, der so alt aussah, als habe er schon an den vergangenen beiden Kriegen teilgenommen. »Er, zum Beispiel, soll Rekruten anwerben. Aber wenn unsere Bauernjungen ihn zu Gesicht bekommen, laufen sie weg und melden sich bei den Franzosen, würde mich nicht wundern.«
    Bolitho hielt plötzlich ein Glas in der Hand. Innerhalb von Sekunden fand er sich in einer Ecke, umgeben von lächelnden und neugierigen Gesichtern. Fragen prasselten von allen Seiten auf ihn nieder, und zum erstenmal empfand er ein Unbehagen, das auch die weihnachtliche Hochstimmung nicht verdrängen konnte.
    Manchmal während seiner Dienstzeit war Bolitho über solche privilegierten Leute entrüstet gewesen und hatte sogar Verachtung für sie empfunden. Auf See starben jeden Tag Männer aus diesem oder jenem Grund, und auch die Soldaten an Land hatten es nicht viel besser. Aber dank der großen Anstrengung der Marine und ungezählter Vo rposten und Garnisonen der Rotröcke wuchs der britische Handel und sein Einfluß in Übersee ständig, ungeachtet mancherlei Schwierigkeiten und vieler Feinde.
    Als er jetzt ihre Fragen hörte und diese Unkenntnis spürte, wenn man von der Verteidigung des Landes sprach und über deren Schwäche, die den Franzosen eine Invasion ermöglichen würde, war Bolitho dem Verständnis für die hilflose Zivilbevölkerung näher denn je.
    Lady Swinburne rauschte durch die Menge und sagte: »Zeit zum Essen.« Sie bot Bolitho ihren Arm. »Wir

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