Galgenberg: Thriller (German Edition)
Hotelrestaurant am Handy hing und das Sushi über seinen Teller schubste. Die Kellnerin erklärte Riedwaan gratis, dass Williams ein Arschloch sei. Aber er musste einen weiteren Fünfziger zücken, damit sie ihm verriet, dass Williams das Nefertiti erwähnt hatte. Der perfekte Treffpunkt für ein Gespräch zwischen Anwalt und Mandant.
Riedwaan fuhr zu dem Stripclub. Die Nachtluft war schal, und in den Eingängen der Darling Street rollten die obdachlosen Jungen ihr Bettzeug aus. Noch war nirgendwo ein Hummer zu sehen, genauso wenig der Jaguar, den er mittags in Malans Parkbucht an der Keerom Street bemerkt hatte. Der neue Stripclub lag nahe genug beim Parlament, um die Rezession überlebt zu haben. Riedwaan Faizal ließ sich Zeit am Eingang. Er war der Einzige aus seiner Einheit, der an der Tür nicht sofort als Bulle erkannt wurde. Das musste nicht notwendigerweise für seinen Charakter sprechen. Reicher Abschaum, armer Abschaum – er fügte sich zum einen wie zum anderen.
Innen war der Club auf arktische Temperaturen gekühlt. Trotzdem war das nach der Hitze draußen eine Wohltat. Und es hatte den praktischen Nebeneffekt, dass die Nippel der Mädchen hart blieben. Er wartete ab, bis sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Offenbar hatte man dem Innenarchitekten als Vorgabe »Gentlemen’s Club« genannt. Rote Ledersofas mit glänzenden Messingbeschlägen. Weinroter Teppich, Plüschvorhänge. Goldene Vorhangschließen. Topfpalmen. Eine goldene Venus in der Muschel. Eine Menge Nippes, der bei einer anständigen Barschlägerei nur im Weg wäre.
Rechts ging es in die Küche. Die angepriesenen Sushiplatten kamen nicht gegen den Hamburger- und Frittendunst an.
Zwei Ausgänge.
Einer an den Toiletten. Einer hinter der Bar. Für die Angestellten.
Die Bar erstreckte sich durch den ganzen Raum.
Riedwaan bestellte einen Jameson’s und zog sich ans Arschende der Bar zurück.
Allmählich wurde es voller. Zwei Minister, die er aus der Zeitung wiedererkannte, wobei beide nicht wegen ihrer hervorragenden Amtsführung erwähnt worden waren. Eine Handvoll fetter Parlamentsabgeordneter. Die meisten zur Parlamentseröffnung aus Jo’burg angereist. Ihre Frauen hatten sie für die Dauer der Sitzungsperiode in die Abgeordnetensiedlung jenseits von Milnerton abgeschoben. Die Abgeordneten selbst hatten sich selbstverständlich im President, im Mount Nelson oder im Cape Grace eingemietet.
Riedwaan ließ den Blick durch den Raum wandern. Mädchen mit teuren Brüsten und billigem Akzent lagerten auf Barhockern und Männerschenkeln. Die Musik bestand aus Lustschreien und Gestöhne über einem Drumbeat. Orgasm ambient . Der Raum roch nach Hamburgerfett, Schweiß, Aftershave und Selbstzufriedenheit.
Er zündete sich eine Camel an. Der saubere Geruch des türkischen Tabaks schuf eine Blase atembarer Luft um ihn herum.
Waleed Williams. Die Hond. Da stand er. Als Silhouette in der Doppeltür. Breite Schultern, breite Brust. Muskeln, die er sich im Gefängnis zugelegt hatte, wo es nichts weiter zu tun gab, als Gewichte zu stemmen.
Nur die Stärksten überlebten dort, und Williams war stärker als die meisten.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis war er geradewegs zu einem plastischen Chirurgen in Sea Point gefahren, statt in dem schützenden Labyrinth der Cape Flats unterzutauchen. Dort hatte er sich die Tattoos entfernen lassen. Danach war er zu einem Zahnarzt weitergefahren, der ihm eine Brücke verpasst und seine Vorderzähne restauriert hatte. Anschließend hatte er sich eine schicke Uhr, sechs Hugo-Boss-Anzüge, zwei Paar handgefertigte Lederschuhe, sechs Armani-Hemden und einen Aktenkoffer von Louis Vuitton zugelegt. Und damit war er ohne Umwege nach Johannesburg und in ein neues Leben aufgebrochen.
Der Manager kam auf Williams zu, dessen Hofstaat sich hinter ihm aufgebaut hatte. Der Schlägertrupp von den Cape Flats, den Williams sich im Gefängnis angeschafft hatte, bildete inzwischen einen Archipel der Gewalt, der die ganze Provinz dominierte. Alle wirkten blitzsauber. Ohne jedes Tattoo und durchwegs in Designeranzügen. Nicht zu unterscheiden von den Millionären, mit denen sie sich neuerdings mischten. Abgesehen von ihrem Akzent und dem Afrikaans-Dialekt, in den sie gelegentlich aus taktischen Gründen verfielen.
Der Manager räumte den Weg frei und setzte Hond Williams an den besten Tisch. Dort wartete bereits, über eine Flasche Moët & Chandon auf Eis gebeugt, eine Bedienung. Mit Nik-Naks.
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