Galgenberg: Thriller (German Edition)
Offenbar war Williams hier Stammgast.
Riedwaan beobachtete, wie eine Hostess mit kaltem Blick ein paar junge Blondinen an seinen Tisch schickte. Gegen deren Willen, dem Anschein nach, trotz ihres kessen Auftretens. Nicht einmal für ein paar Scheine und einen Schuss lässt sich ein Mädchen endlos blaue Flecken zufügen. Williams winkte knapp, und ein Mädchen ließ sich schmetterlingsleicht auf der Armlehne seines Sessels nieder. Ihr rot geschminktes Lächeln konnte ihre Angst nicht überdecken.
Williams legte eine Hand auf ihren Schenkel. Riedwaan stellte sich vor, wie sich ihre Haut unter der Berührung zusammenzog. Das hatte Clare Hart ihm beigebracht. Sich in den Körper einer verängstigten Frau zu versetzen. Eigentlich hätte er das lieber nicht gelernt.
Der Barmann füllte Riedwaans Glas nach und schob ihm ein Tellerchen mit Oliven hin. Er blieb auf seinem Platz, hinter einer mit Seidenrosen bezogenen Säule, außerhalb Williams’ Blickfeld.
Zigaretten. Noch mehr Champagner. Ein Tabledance.
In der Tür erschien ein Mann. Er strahlte von Kopf bis Fuß Johannesburger Lebensart aus. Die Uhr, die Schlangenlederschuhe, der arrogante Gang. Mit ihm kam Malan, der Anwalt. Die Gesellschaft, in der sich Williams bewegte, hatte sich eindeutig nicht gebessert. Nur, dass er mittlerweile Politiker und Anwälte zu seiner üblichen Auswahl an Gangstern, Dealern und Zuhältern hinzugefügt hatte. So war das, wenn man in Jo’burg lebte. Dort lernte man, mit jedem zu trinken, solange ein Deal dabei heraussprang.
Williams hob die Hand, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Das Mädchen huschte davon, als die beiden Männer an den Tisch traten.
Malan ließ sich in den Sessel neben Williams fallen. Sein dicker Freund setzte sich den beiden gegenüber. Das glatte Gesicht eines Ministers ohne augenscheinliche Kompetenzen, aber mit guten Verbindungen zum Präsidenten. Einhundert Pfund Übergewicht und zu einhundert Prozent in der Hand des Mannes, der jetzt Champagner in sein Glas schüttete. Alle wirkten völlig gelöst, als sie ihre Gläser zu einem Toast erhoben.
Riedwaan bat um die Rechnung. Die Tatsache, dass der Barmann sein Geld annahm, ließ darauf schließen, dass er ihn nicht als Polizisten erkannt hatte. Wenn man bedachte, was hier zwei irische Whiskeys und vier Oliven kosteten, war dies wahrscheinlich kein beliebter Treffpunkt für Polizisten, die ihre Rechnungen bezahlten.
Williams bemerkte Riedwaan, als der aufstand und gehen wollte. »Faizal. Ein ziemlich teurer Schuppen bei dem Trinkgeld, das Ihnen die Polizei am Monatsende zukommen lässt. Es gibt andere Möglichkeiten. Fragen Sie Ihre Kollegen.«
»Nicht jeder macht für einen Knochen Männchen, Hond.«
Schlagartig verdichtete sich die Luft im Raum.
Riedwaan nickte dem Anwalt zu und sagte: »Malan.« Dann wandte er sich an den Dritten am Tisch und stellte sich vor: »Captain Riedwaan Faizal.«
Der Anwalt wandte den Blick ab und rutschte in seinem Sessel herum.
»Und Sie sind?« Riedwaan fasste den dritten Mann ins Auge.
»Aaron Mtimbe.« Seine Stimme war zu hoch, so als wäre sie im Stimmbruch stecken geblieben.
»Ein schöner Ort für einen Familienurlaub«, meinte Riedwaan. »Gefällt Ihnen Kapstadt?«
»Geschäfte zu tätigen, kann in der Mutterstadt eine Herausforderung sein.« Mtimbe faltete die Hände vor dem dicken Bauch. Ein breiter Ehering blinkte auf. »Andere Regeln.«
»Dieselben Regeln«, widersprach Riedwaan. »Sie werden nur anders angewandt.«
»Das wird sich zeigen«, entgegnete Mtimbe in seinem schrillen Singsang. »Am Ende kann jeder auf Linie gebracht werden. Das Kap ist ein Teil von Südafrikas Zukunft, ob es Ihnen gefällt oder nicht.«
»Am Gallows Hill wurde Ihre Zukunft vorerst aufgehalten«, sagte Riedwaan.
Die Musik wurde lauter, und der Bühnenvorhang glitt auf.
»Diese nette kleine Ärztin hat wirklich Feuer.« Williams lehnte sich in seinem Sessel zurück, die Beine gespreizt, den Blick auf die beiden Mädchen gerichtet, die sich um die Tanzstangen wickelten. »Das wird lustig.«
»Wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wird, du vuilgoed …« Riedwaan hatte ihn am Hemdkragen gepackt. Er zwirbelte den Stoff, bis Williams ihn ansah. »Dann erschieß ich dich wie den Hund, der du bist.«
12
Riedwaans Haus lag in völliger Dunkelheit, als Clare aus dem Restaurant zurückkam. Fritzi saß auf der Türschwelle und sah sie giftig an. Clare versuchte, sich etwas Zuneigung zu erkaufen, indem sie der Katze eine volle
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