Galgenberg: Thriller (German Edition)
sich überrascht.
»Der Bauunternehmer, Tony Gonzalez, hat mir erzählt, wann er das Fundament gegossen hatte. Das muss am letzten Februarwochenende des Jahres 1988 gewesen sein. Er hat gesagt, Sie seien damals zuständig dafür gewesen, was die einzelnen Mieter brauchten. Und dass Sie Zugang zur Baustelle hatten und jederzeit kommen und gehen konnten. Es klingt, als sei das Ganze Ihr persönliches Projekt gewesen.«
Er stand auf und stellte sich an die Terrassentür. »Da muss ich Saskia fragen«, sagte er. »Sie führt über alles Buch. Regen, Feiertage, Einkaufslisten, ihre Schuhe. Unsere Tagebücher liegen bei ihr im Arbeitszimmer.«
Clare folgte ihm ins Haupthaus.
Eine Tschaikowsky-Sinfonie war zu hören, und das Haus roch nach altem Geld, nach Jahrzehnten von Möbelpolitur und frischen Rosen. Blutrote Blütenblätter tröpfelten auf seidig glänzendes Holz.
»Schatz.« Sykes klang fast zaghaft.
»Hier. Im Arbeitszimmer.«
»Dr. Hart möchte etwas über ein bestimmtes Datum erfahren. Ich habe mich gefragt, ob du immer noch alle deine Tagebücher hast?«
Saskia Sykes stand auf und öffnete einen Schrank. Innen herrschte zwanghafte Ordnung.
»Welches Jahr, Dr. Hart?«, fragte sie. »Leider reichen meine Tagebücher nur bis ins Jahr 1975 zurück.«
»Das letzte Wochenende im Februar 1988«, antwortete Clare.
Saskia Sykes fuhr mit dem Finger über die eingeprägten Tagebuchrücken. Dann zog sie einen Band heraus und blätterte darin.
»Ein ziemlich turbulentes Wochenende«, stellte sie fest. »Am Freitag Abendessen mit meinen Eltern im Alphen. Am Samstag einkaufen und Fatal Attraction im Cavendish. Eine Ausstellungseröffnung bei den Osmans. Abendessen im Mount Nelson mit den Piggotts. Am Sonntag fuhren wir nach Hermanus. Wo wir bis Dienstag blieben, so wie es aussieht.«
»Dreiundzwanzig Jahre, und nichts hat sich verändert«, stellte ihr Mann fest.
»Nur, dass ich inzwischen alles alleine unternehme, nicht wahr, Schatz?« Mrs Sykes sah ihn an. »Bitte sei ein braver Junge und bringe Dr. Hart hinaus. Ich glaube, meine Yogalehrerin ist soeben eingetroffen.«
16
Als Riedwaan von der Pressekonferenz zurückkam, war es zu spät für ein Frühstück und zu früh fürs Mittagessen. Auf seinem Schreibtisch häuften sich leere Becher und Papierstapel. Er räumte ein paar Quadratzentimeter frei und stellte einen weiteren Kaffeebecher darauf ab. Die zweite Tasse brachte er Rita Mkhize, die an ihrem Schreibtisch saß und Dokumente um ihren Laptop arrangiert hatte.
»Wie lief die Pressekonferenz?«, fragte Rita und zog die iPod-Kopfhörer aus den Ohren.
»Die ganze Scheiße wird uns um die Ohren fliegen«, sagte Riedwaan. »Und Clare steht genau in der Flugrichtung.«
»Clare? Warum?«
»So ein Vollidiot von der Sons hat beschlossen, dass es am einfachsten ist, auf Clare loszugehen.« Riedwaan reichte Rita das Boulevardblatt. »Er meint, mit ihren Dreharbeiten würde sie die heilige Totenruhe der Altvorderen stören.«
»Moment mal. Es ist nichts Heiliges daran, den Schädel eingeschlagen zu bekommen. Oder Zement über eine Kiste zu gießen, in die man deine Leiche gestopft hat«, widersprach Rita.
»Es ist auch nichts Heiliges daran, staatseigenes Land an deine Kumpels zu verscherbeln«, sagte Riedwaan.
Er griff nach einem Foto, das Rita eben ausgedruckt hatte. Ein gut genährter Mann im dunklen Anzug. Mit einem blauen Kummerbund um den Bauch, zwei Mädchen im Arm, beide in Kleidern, die kaum größer als sein Kummerbund waren.
»Aaron Mtimbe«, sagte Riedwaan. »In natura ist er noch fetter.«
»Der Mann, der alles möglich macht. Der König der Jungen Löwen. Hat sich durch die Youth League nach oben geschmiert«, ergänzte Rita.
»Für mich sieht er eher nach Garfield als nach dem König der Löwen aus«, erwiderte Riedwaan. »Und dann diese Stimme. Wahrscheinlich ist er darum in die Wirtschaft und nicht in die Politik gegangen.«
Rita deutete auf den Ehering an der linken Hand des Löwen. »Das wird Mrs Mtimbe bestimmt gefallen. Der Zorn der Hölle ist nichts gegen den einer verschmähten Frau.«
»Wie wahr, wie wahr«, bestätigte Riedwaan. »Mkhize, vielleicht ist es Zeit für einen Besuch.«
Er griff nach den Schlüsseln für den Toyota der Abteilung und hielt ihn Rita hin. »Wollen Sie fahren?«
»Was glauben Sie denn?« Rita riss ihm den Schlüssel aus der Hand.
Ein paar Minuten später sprang sie auf den Fahrersitz des bakkies .
»Können Sie was sehen?«, fragte Riedwaan, als er
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