Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
Vom Netzwerk:
üblich?«
    »Also, weil ich den Fall von Anfang an betreut hatte und weil er so ungewöhnlich war, stellte ich sicher, dass ich auch weiterhin dafür zuständig blieb. Ich besuchte Lilith zu Hause, und als sie durchgebrannt war, besuchte ich sie, nachdem sie wieder aufgegriffen wurde. Sie war ein wildes Kind, aber das konnte ich ihr nachfühlen. Ihre ouma war wirklich verkramp.«
    »Eine Kleinstadt kann jeden zum Wahnsinn treiben«, sagte Clare. »Ich bin in einer aufgewachsen. Ich kenne mich da aus. Wie haben Sie von Suzannes Tod erfahren?«
    »Es kam ein Brief«, erklärte sie. »Irgendwo in ihrer Akte muss noch eine Kopie liegen. Nachdem sie an Malaria gestorben war, ließen wir die Anklage fallen und schlossen den Fall ab.«
    »Was für eine Anklage?«, fragte Clare.
    »Wegen Kindesvernachlässigung. Die mussten wir erheben, um das Kind unterbringen zu können. Sonst hätten wir wochenlang nichts unternehmen können. Vielleicht sogar monatelang.«
    »Und niemand hat sich je nach dem kleinen Mädchen oder ihrer Mutter erkundigt?«
    »Ein paar ihrer Freunde fragten nach ihr«, antwortete Wilma Smit. »Weniger, als man meinen würde. Suzanne le Roux hatte ihre Wurzeln woanders. Wenn ich mich recht erinnere, hatte sie woanders studiert. Und danach in Europa gelebt. Sie war erst seit einem Jahr, höchstens achtzehn Monaten in Kapstadt. Kapstadt ist eine Stammesgesellschaft. Hier kümmert sich jeder nur um seine Leute.«
    »Aber niemand kümmerte sich um das kleine Mädchen«, sagte Clare.
    »Nein«, bestätigte Wilma Smit leise. »Nicht um Lilith. Sie war allein. Wir wussten kaum, wie wir ihren Fall bearbeiten sollten.«
    »Und das hängt Ihnen bis heute nach«, stellte Clare fest. »Sie haben sie nicht vergessen.«
    »Diese eine Nacht hat etwas bei ihr ausgelöst.« Wilma Smit streckte die Schultern durch. »Was ihr keine Ruhe mehr ließ. Ihre Jugendakte ist voll davon. Nichts, was sich mit Händen greifen ließe, nur eine lange Liste von Auffälligkeiten.«
    »Auffälliges Verhalten als Symptom?«, fragte Clare.
    »So könnte man es nennen«, sagte die Sozialarbeiterin. »Ich war immer der Auffassung, dass man ein Kind nicht davon abhalten kann, sich selbst wehzutun  – Sie wissen schon, sich zu schneiden, sich zu verstümmeln, so wie bei Lilith. Oder andere zu verletzen. Man kann dieses Verhalten nicht verhindern, solange man nicht weiß, wodurch es verursacht wird.«
    »Bestimmt keine populäre Meinung unter den Polizisten, mit denen Sie zu tun hatten«, sagte Clare.
    »Sind Sie schon jemals einem Polizisten begegnet, der gegen die Todesstrafe war?«
    »Nein, nicht soweit ich weiß.«
    »Einmal attackierte sie die Leiterin in einem Mädchenwohnheim. Dort hatte man Lilith untergebracht, nachdem sie von ihrer Großmutter weggelaufen war«, erzählte Wilma Smit. »Allerdings war die Frau als Tyrannin verrufen. Darum verlief die Sache im Sande. Dann starb ein Mädchen, das zusammen mit Lilith im Entzug war. Das führte zu Gerede.«
    »Was war passiert?«, wollte Clare wissen.
    »Laut der Akten hat sie nie darüber gesprochen. Sie behauptete, sie könne sich an nichts erinnern.« Die Sozialarbeiterin ließ die Hände in den Schoß sinken. »Nach der Untersuchung wurde keine Anklage erhoben. Weil das tote Mädchen süchtig gewesen war, setzte sich niemand übermäßig für sie ein. Danach türmte Lilith zum letzten Mal. Kurz darauf wurde sie achtzehn, und das ganze System konnte wieder aufatmen. Damit waren wir nicht mehr für sie verantwortlich.«
    »Aber sie ging Ihnen nicht aus dem Kopf.«
    »Nein.« Wilma Smit blickte Clare an. »Sie hatte etwas an sich, das mich einfach nicht losließ. Vielleicht weil ich sie gleich in der ersten Nacht gesehen hatte. Und erkannt hatte, in was für einem Zustand sie damals war. Sie war ein Fall wie aus dem Lehrbuch. Sie zeigte alle klassischen Symptome eines Traumas, aber es gab keine physischen Beweise dafür. Das mit dem Ritzen begann erst viel später.«
    »Wenn man sich schneidet, macht man den Schmerz spürbar.«
    »Sie kennen sich damit aus, nicht wahr?«
    Clare widerstand dem Impuls, ihr zu antworten.
    »Kaum jemand verkraftet es, von seiner Mutter im Stich gelassen zu werden. Lilith hat Trost in ihrer Kunst gefunden. Seltsam, dass Sie mich ausgerechnet jetzt besuchen. In letzter Zeit habe ich öfter an Lilith gedacht. Ich habe mir ihre Ausstellung angesehen. Sie auch?«
    »Ihre Ausstellung? Nein, davon weiß ich nichts«, antwortete Clare.
    »Sie läuft gerade«,

Weitere Kostenlose Bücher