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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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diese Jungen waren« – sie erschauerte heftig -, »aber ich könnte mir vorstellen, dass das die Art von Geschäften ist, die Phillips betreibt. Allerdings würde ich am liebsten nichts mehr darüber wissen.«
    »Sie sind auf was gestoßen?« Squeaky war verblüfft. Er hatte ihr nicht zugetraut, dass sie irgendetwas erreichen würde. Das musste in dem Moment geschehen sein, als sie dem Mann die Karten aus der Hand geschlagen hatte. »Dann sind Sie also gar nich’ in Ohnmacht gefallen?«
    Sie blieb abrupt stehen. »Woher wissen Sie das?«
    »Hm, was glauben Sie, wie ich Sie gefunden hab? Ich hab rumgefragt! Oder meinen Sie, ich wär’ einfach durch die Gegend spaziert, weil ich gerade nix Besseres zu tun hatte, und dabei zufällig über Sie gestolpert?«
    Sie setzte sich wieder in Bewegung. Eine Antwort gab sie ihm nicht. Und als sie schließlich Worte fand, brachte sie nicht mehr hervor als: »Danke, das war sehr freundlich von Ihnen.«
    Squeaky zuckte die Schultern. »Das war doch nix.« Damit meinte er freilich nicht, dass es für ihn ohne Bedeutung gewesen wäre, sondern nur, dass sie ihm nichts schuldete. Er war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte, doch es war ihm zu kompliziert, das zu erklären. Außerdem konnte er überhaupt nicht absehen, wohin eine solche Klarstellung führen würde, womöglich zu etwas, wozu er auf keinen Fall bereit war, zumindest noch nicht.
    »Mr. Robinson«, begann sie nach weiteren hundert Metern. Sie hatten inzwischen die Shadwell High Street erreicht, doch weit und breit waren keine Hansoms zu entdecken, nur die üblichen Karren und Rollwagen.
    Er blickte sie an, um zu signalisieren, dass er zuhörte.
    »Ich habe einige Kunden diesen Laden betreten und verlassen sehen«, sagte sie stockend.
    Das war nun wirklich nicht der Rede wert, also gab er auch keinen Kommentar dazu ab.
    »Und … einen von ihnen habe ich erkannt«, fuhr sie fort. »Er mich vielleicht ebenfalls. Das ist auch der Grund, warum ich weggelaufen bin.«
    »Ach ja? Wer war’s denn?« Er fragte sich, von welchem Belang das schon sein konnte und ob jemand sie wirklich in dieser Aufmachung hätte identifizieren können.
    »Mr. Arthur Ballinger«, antwortete sie.
    Er blieb wie angewurzelt stehen und packte sie am Arm. »Was? Ballinger? So, wie Lady Rathbone früher hieß?«
    »Ja.« Ihre Augen richteten sich fest auf ihn. »Er ist ihr Vater.«
    »Und der kauft Bilder von kleinen Jungen?« Seine Fassungslosigkeit trieb seine Stimme eine Oktave nach oben.
    »Starren Sie mich nicht so an, Mr. Robinson!«, fuhr sie ihn mit sich überschlagender Stimme an und stapfte wieder los. »Ich bin mit Mr. Ballinger bekannt. Ich bin geflohen, weil er mich wirklich sehr genau gemustert hat und ich befürchtet habe, er hätte mich ebenfalls erkannt.«
    »Woher kennen Sie ihn?« Squeakys Zweifel waren immer noch nicht ausgeräumt.
    Sie schloss die Augen, als wäre sie am Ende ihrer Geduld angelangt. Mit gepresster, flacher Stimme erklärte sie: »Als Mr. Burroughs’ Gattin gehört es zu meinen Pflichten und wohl auch Privilegien, an einer Vielzahl von gesellschaftlichen Anlässen teilzunehmen. Bei einigen davon bin ich ihm begegnet, natürlich immer mit Mrs. Ballinger an seiner Seite. Die meiste Zeit sind die Damen und Herren voneinander getrennt, aber wenn gespeist wird, werden wir gemäß unserem Rang zu einem für uns reservierten Platz geführt, und dabei hatte ich mehrmals Gelegenheit, Mr. Ballinger gegenüberzusitzen und ihm zuzuhören.«
    Für Squeaky war das eine völlig unbekannte Welt. »Ihm zuzuhören?«, wiederholte er verdattert.
    »Für Damen ziemt es sich nicht, bei Tisch allzu viel zu sprechen. Sie sollen zuhören, die passenden Antworten geben und sich nach Interessen und dem persönlichen Wohlergehen und dergleichen erkundigen. Wenn ein Mann spricht, und das tun die Herren in der Regel, lauscht ihm die Frau, als ob sie fasziniert wäre, und stellt niemals Fragen, von denen sie vermutet, dass er keine Antwort darauf weiß. Er wird ihr mit einiger Sicherheit nicht zuhören, aber mit vollkommener Sicherheit wird er sie ganz genau auf ihre äußeren Vorzüge hin unter die Lupe nehmen.«
    Er bemerkte einen Anflug von Trauer in ihrer Stimme, vielleicht sogar einen Hauch echten Schmerzes, und zu seiner Überraschung stieg plötzlich Wut in ihm auf.
    In ihre Erinnerung versunken, sprach Claudine weiter. »Sie bittet ihn um seine Meinung oder seinen Rat. Das schmeichelt ihm. Aber es gehört sich nicht, dass

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