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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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vorn, wie es die Fesseln erlaubten.
    Doch Rathbone war noch nicht fertig. »Und Mr. Monk ist ein würdiger Nachfolger für Durban. Er ist beseelt von derselben Leidenschaft, derselben Hingabe, die ihn dazu antreibt, Tag und Nacht mit der Suche nach Hinweisen, Antworten und Beweisen zu verbringen, wo immer er kann. Er wird nicht ruhen, mehr noch, er kann nicht ruhen, bis er den Mann gestellt hat, der diese Tat verübt hat, und ihn zum Fuß des Galgens führen kann.«
    Mehrere Geschworene nickten entschieden.
    Auf Richter Sullivans Stirn bildeten sich Sorgenfalten. Er schien drauf und dran, einzuschreiten. Konnte es sein, dass Rathbone vergessen hatte, auf welcher Seite er stand?
    »Lassen Sie uns nun diese hervorragenden Männer einen nach dem anderen betrachten«, sagte Rathbone gelassen. »Und natürlich auch Mr. Orme. Wir alle, glaube ich, wünschen uns, dass der Gerechtigkeit vollständig und unwiderruflich Genüge getan wird.« Das klang fast wie eine Frage, auch wenn er dabei lächelte. »Unser Beruf unterscheidet sich allerdings insofern von dem ihren, als sie Beweismittel vorlegen, die geprüft werden müssen, während wir daraus eine Schlussfolgerung ziehen, die endgültig ist. Wenn wir befinden, dass Jericho Phillips schuldig ist, wird er binnen dreier Wochen gehängt und kann nie wieder in diese Welt zurückgebracht werden.
    Wenn wir dagegen zu der Überzeugung gelangen, dass er nicht schuldig ist, kann er nie wieder für dieses Verbrechen vor Gericht gestellt werden. Meine Herren, unsere Entscheidung bietet keinen Raum für Leidenschaft, egal, wie verständlich und menschlich sie ist und auch des Mitleids für die Opfer von Armut, Krankheit und Ungleichheit wert ist. Wir können uns nicht den Luxus erlauben, dass andere nach uns kommen und unsere Fehler beheben oder unsere Fehlurteile korrigieren.Wir haben in diesem Saal nur dieses eine endgültige Urteil, das es vermag, einen Menschen vor die Schranke Gottes zu stellen, vor dem auch wir uns eines Tages zu verantworten haben werden. Wir müssen das richtige Urteil treffen!« Er hob die geballte Faust, nicht als Drohung, sondern als Symbol eines durch nichts aufzubrechenden Griffs.
    »Wir sind keine Parteigänger.« Er blickte den Geschworenen einem nach dem anderen fest in die Augen. »Das dürfen wir nicht sein. Emotionen wie Sympathie oder Abneigung, Entsetzen, Mitleid, Nachsicht mit sich selbst, Furcht vor jemandem oder Gefälligkeiten für irgendjemanden dürfen für uns kein Leitfaden sein.« Er durchschnitt mit der Hand die Luft. »Jede Regung menschlicher Fürsorge ist dazu angetan, unser Urteil zu beeinträchtigen, ja, Gerechtigkeit zu verhindern. Und begehen Sie nicht den Fehler, diese Tragödie hier für unsere Aufgabe zu halten – das ist sie nicht! Unsere Aufgabe ist die wohlabgewogene und gleich bemessene Gerechtigkeit für alle Menschen, ob tot oder lebendig, gut oder böse, stark oder schwach …« Er zögerte. »Schön oder abstoßend. Die Frage hier ist nicht, ob Kommandant Durban ein guter, vielleicht sogar edler Mensch war, sondern ob er mit seinen Schlussfolgerungen aus den von ihm gesammelten Beweisstücken hinsichtlich Walter Figgis’ Ermordung recht hatte. Ließ er zu, dass menschliche Leidenschaften seine Arbeit bestimmten? Dass sein Traum von Gerechtigkeit sein Urteil beschleunigte? Dass er in seinem Abscheu vor dem Verbrechen zu schnell nach der Lösung griff?
    Sie müssen nach bestem Wissen und Gewissen abwägen, woran es lag, dass er seine Jagd auf Phillips abbrach, um sie später wiederaufzunehmen. Seine Aufzeichnungen verraten nichts darüber. Warum nicht? Das müssen Sie sich fragen und dürfen dabei vor der Antwort nicht zurückschrecken.«
    Er wandte sich um und schritt in die Mitte des Saals zurück, wo er sich erneut zu den Geschworenen umdrehte. »Er bestimmte William Monk zu seinem Nachfolger. Warum? Er ist ein guter Polizist. Niemand weiß das besser als ich. Aber wählte ihn Durban, der Monk nur wenige Monate gekannt hatte, weil er in ihm einen Mann von tiefen Überzeugungen sah, die seinen eigenen glichen, voller Mitleid für die Schwachen, voller Zorn auf diejenigen, die Schwächere missbrauchen, und beseelt von unaufhaltsamer Hingabe? Ein Mann, der danach streben würde, die alten, ungeklärten Fälle abzuschließen, weil seine Ehre und der Wunsch, eine persönliche Schuld zu begleichen, es verlangten.«
    Die Augen der Geschworenen waren auf Rathbone gerichtet.
    »Sie müssen die Macht und den Hintergrund des

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