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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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her.«
     
    Schielin malte einen Kasten auf die cremefarbene Magnettafel, die hinter ihm an der Wand hing, und schrieb Kehrenbroich hinein. »Unser Banker meldet seinen Kunden Kandras als vermisst. Ein paar Tage später wird der gefesselt und tot aus dem See gefischt. Seiner Frau ist das alles ziemlich egal.«
    Ein weiterer Kasten mit Namen folgte. Ein zweispitziger Pfeil verband die beiden Figuren miteinander. In der Mitte prangte ein Kreis, in dem Kandras stand.
    »Kehrenbroich, Kandras und Mondringer arbeiten gemeinsam an einem Immobilienprojekt. Mondringer geht dabei finanziell den Bach runter, weil der große Unbekannte im abgekarteten Spiel erst dann in Erscheinung tritt, als alles sicher zu sein scheint – Hoibner. Aber Mondringer merkt erst spät, dass er von Kandras und Hoibner abgekocht wird, viel zu spät. Der Name Kehrenbroich taucht bei dieser Schweinerei nicht auf. Der aber hat mit diesen Zuhältertypen aus der Ladestraße zu schaffen, die wiederum in keiner uns bekannten Beziehung zu Kandras stehen.«
    »Schade, das mit Mondringer. Er hätte so ein wunderbares Motiv gehabt«, meinte Lydia.
    »Das hat sicher auch Papa Mondringer, und … er wäre dazu in der Lage.«
    »Und wo hat der sein Boot?«, fragte Lydia trocken.
    »Fehlanzeige.«
    »Alibi, so grob wenigstens?«
    »Müssen wir heute überprüfen.«
    »Das klingt mir fast nach einem Spiel alle gegen alle.«
    Schielin sah sie fragend an. »Wie meinst du das?«
    »Schaut doch fast so aus, dass diese Typen sich gegenseitig betrogen und hintergangen haben. Es also nicht unbedingt erforderlich ist, dass zwischen allen direkte Beziehungen bestehen müssen.«
    Schielin sah sie schweigend an. Das konnte durchaus so gewesen sein.
    Sie fuhr fort. »Ich habe da so ein Gefühl. Ich schnappe mir mal die Kundenliste von Kandras und werde heute Vormittag damit unterwegs sein.«
    Er nickte nur.
    »Und zu diesem Hoibner? Da ließe sich doch auch ein Motiv konstruieren, oder?«
    »Wir haben fast zwei Verdächtige?«, meinte Schielin und es klang überhaupt nicht zufrieden. Er stützte sich am Schreibtisch auf und fragte: »Bist du einverstanden, wenn wir uns heute den Hoibner und Mondringer noch mal richtig vorknöpfen, und wenn die Zeit noch reicht, auch noch Kehrenbroich und unsere schwarze Witwe?«
    Lydia klickte laut auf ihrer Tastatur herum, ließ ihre Zunge über die Unterlippe gleiten und sagte laut, jedoch mehr zu sich selbst, als für Schielin bestimmt: »Schwarze Witwe, also ich verstehe nicht, was du gegen diese Anna, verwitwete Kandras, geborene Kahlenberg hast? Ich finde das ist eine klasse Frau.«
    »Kahlenberg!«, echote es laut von der Tür her.
    Beide erschraken und sahen gleichzeitig zur Tür, wo Gommert lehnte und interessiert ihrem Gespräch gelauscht hatte. Er wiederholte gleich noch einmal den soeben gehörten Namen. »Kahlenberg? Da war doch mal was!«
    Schielin verzog keine Miene. Man konnte von Gommert ja halten was man wollte. Er war ein eigentümlicher Kerl, lungerte oft herum, schnappte hier was auf, las dort in einer Akte, sprach mit den Streifen, die ihm über den Weg liefen. Im Grunde war er wie eine dieser Schubladen, die jeder zu Hause hatte, und in denen man das Zeug verstaute, was einem gerade im Wege und vermeintlich unnütz war. Man tat dies im Anflug einer Ahnung, es vielleicht doch noch einmal gut gebrauchen zu können. Und es war eine Lebenserfahrung, dass der Zeitpunkt kommen würde, an welchem man die Schublade öffnete, darin herum kramte, solange, bis das gesuchte, jetzt begehrte Gut gefunden war.
    Gommert war sozusagen die Diensstellenschublade der Lindauer Kripo. Das wusste Schielin, das wusste Lydia – und alle anderen. Lydia Naber schwieg wie Schielin und sah erwartungsvoll zu Gommert, der den Blick nachdenklich zur Decke gehoben hatte und laut dachte.
    »Kahlenberg, Kahlenberg? Das war doch … diese Frau …«
    Er sah Schielin und Lydia an.
    »Gommi? Welche Frau …«, gurrte Lydia.
    »Ja, die isch doch ihrem Moo versoffe«, lautete die wenig pietätvolle Antwort.
    »Dem Herrn Kahlenberg?«, fragte Schielin nach.
    »Ja. Drunten am Unterseee. Ist schon einige Jahre her, aber es war ja ein riesen Getue, weil … ich glaub, die Tochter …«
    Vorne schlug eine Tür zu und Getrappel war im Gang zu hören. Gommert hielt inne, beugte sein hölzernes Gestell so gut es ging nach hinten, und sah, wie Kimmel persönlich angetrabt kam. Der schob sich an ihm vorbei ins Zimmer und sagte etwas atemlos: »Auf! Ihr müsst

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