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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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durchführen?«
    »Nein. Das wird Andrea tun. Du darfst höchstens dabei sein«, bestimmte Schnur.

Kapitel 26
    Der erste Schock traf Andrea und Erik, als sie in das verrauchte Vernehmungszimmer traten.
    »Hier ist Rauchen verboten«, rief Andrea aus. »Außerdem haben wir hier keinen Aschenbecher. Wo haben Sie die Asche entsorgt?«
    »Hör auf, mich vollzutexten«, murrte Mirna. »Ich höre doch nicht zu.«
    Erik fühlte sich sofort dazu veranlasst, unter dem Tisch nachzuschauen. Dort lag die Sauerei. Aber er sagte kein Wort.
    Andrea schraubte ihren Ärger runter, weil sie sich die Befragung nicht verderben wollte. So viel Aufmüpfigkeit schon gleich zur Begrüßung sah nach einem schlechten Start aus. Sie ließ sich Mirna gegenüber nieder und begann vorzutragen: »Also, Sie sind Mirna Voss, geboren am siebzehnten Juni neunzehnhundertachtundachtzig in Saarlouis. Mutter Irina Voss. Vater unbekannt. Wohnhaft in Saarlouis-Picard, Dorfstraße 38.«
    Mirna nickte gelangweilt und spielte mit ihrer Zigarettenschachtel.
    »Und Sie werden hier nicht mehr rauchen, solange Sie in unserem Gebäude sind. Haben wir uns verstanden?« Diese Anmerkung konnte sich Andrea nicht verkneifen. Die Respektlosigkeit der Jugend ging ihr auf die Nerven. Vermutlich reagierte sie deshalb so überempfindlich, weil ihre eigene Tochter kein Deut besser war.
    »Sie waren eine Schülerin von Bertram Andernach. Ist das richtig?«
    Mirna nickte.
    »Bertram Andernach war Ihr Tutor und gleichzeitig Ihr Deutschlehrer. Stimmt das?«
    Wieder ein Nicken.
    »Und Sie sind bei der Abiturprüfung durchgefallen. Warum?«
    »Warum?« Mirna stutzte.
    Andrea schaute die junge Frau eine Weile an, bevor sie meinte: »Als Tutor und gleichzeitig als Deutschlehrer hatte Bertram Andernach einen großen Einfluss auf Ihr Weiterkommen. Sehe ich das richtig?«
    Mirna erwachte endlich aus ihrer Lethargie und brüllte: »Klar! Und diese Macht hat er ausgenützt.«
    »Soll heißen?«
    »Dass der Typ mich mit den Punktzahlen auf ganz unfaire Weise gedrückt hat. Ich hatte nie eine Chance bei dem«, sprudelte es aus Mirna heraus. »Dabei habe ich mich in Deutsch echt angestrengt – habe nichts dem Zufall überlassen. Aber Bertram Andernach konnte mich nicht leiden.«
    »Wenn Sie sich in Deutsch so angestrengt haben, wie kommt es dann, dass er Ihre Aufsätze zur Belustigung aller ans Schwarze Brett gehängt hat?«
    »Vielleicht waren die Aufsätze nicht so gelungen.« Mirna zuckte mit den Schultern.
    »Dann tut es richtig weh, was?«
    »Klar! Das nennt man pädagogisch.« Mirna schnaubte verächtlich.
    »Sie haben allen Grund dazu, böse auf ihn zu sein.«
    »Ja. Aber dafür bringe ich keinen Menschen um.«
    »Nein.« Andrea nickte bedächtig, schaute auf ihre Unterlagen und fügte an: »Dafür haben Sie Freunde, die Ihnen den Gefallen tun.«
    Mirnas Mund blieb vor Erstaunen offen. Es dauerte lange, bis sie endlich sagte: »Habt ihr Bullen alle solche Ideen?«
    »Mirna«, mischte sich Erik ein. »Bleiben Sie bitte sachlich. Mit Frechheiten kommen Sie hier nicht weiter.«
    Mirna fixierte ihn böse, doch sie besann sich. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und murrte: »Ich schaffe das Abi auch ohne einen dafür umbringen zu lassen.«
    »Das glaube ich Ihnen«, meinte Andrea. »Sie wirken auf mich intelligent. Deshalb staune ich, wie es möglich sein kann, dass Sie durchgefallen sind. Da drängt sich mir der Gedanke geradezu auf, dass es bei Ihnen nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.«
    Mirnas Bick bekam ein Leuchten. Sie lehnte sich nach vorne und meinte in einem freundschaftlichen Ton: »Sie gefallen mir. Genau das Gleiche haben meine Freunde auch zu mir gesagt. Es ist wirklich so, dass Bertram Andernach seine Macht an mir ausgespielt hat. Und dagegen konnte ich nichts tun.«
    »Aber jetzt.«
    »Klar! Jetzt habe ich die Chance, es endlich zu schaffen. Ein Störfaktor ist weg.«
    Erik und Andrea wechselten einen Blick, den Mirna nicht bemerkte. Die junge Frau fühlte sich sichtlich wohl in ihrer Rolle, denn sie spielte gedankenverloren mit ihren schwarzen Haaren.
    »Einer?«, fragte Erik.
    »Klar. Es war nicht nur der Deutschlehrer, der mir das Abi versaut hat.«
    »Wer noch?«, fragten Erik und Andrea wie aus einem Mund.
    »Die alte Hexe Mathilde Graufuchs zum Beispiel.«
    »Ist sie die nächste?«
    »Wenn es nach mir ginge – logo.« Mirna lachte.
    Schon wieder entstand eine peinliche Pause. Mirna tat nichts, um sich in ein

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