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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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besseres Licht zu rücken. Das Gegenteil war der Fall. Sie machte sich mit jeden Satz verdächtiger.
    »Wir waren in Saarlouis-Picard – an Ihrem Haus«, sprach Andrea endlich weiter. »Dort erzählte uns eine Frau, Fred Recktenwald wäre ein guter Freund von Ihnen.«
    Mirna zuckte nur mit den Schultern.
    »Stimmt das?«
    »Fred ist ein Spinner.«
    »Oh.« Andrea stutzte. »Sind Sie mit ihm befreundet?«
    »Nein. Mit so einem kann ich nicht befreundet sein. Er lebt wie ein Geist in Picard – schon, seit ich mich erinnern kann«, antwortete Mirna. »Sein Haus steht direkt neben meinem, was aber niemand weiß, weil man das Haus nicht sieht. Und immer, wenn er aus seinem verwilderten Garten herauskommt, schaut er nach, ob ich zu Hause bin. Vermutlich, weil ich die einzige im Dorf bin, die mit ihm redet.«
    »Warum reden die anderen Dorfleute nicht mit Fred Recktenwald?«
    »Weil er einen leichten Schatten hat. Er fantasiert gern herum, erzählt Geschichten, die unmöglich stimmen können. Manchmal kommt er mir vor wie ein kleines Kind, das mit seinen Lügenmärchen angeben will, weil er im wirklichen Leben total versagt hat.«
    »Das sind harte Worte«, stellte Erik fest. »Das klingt so, als wären Sie mächtig sauer auf ihn.«
    »So ähnlich …« Mirna zögerte kurz, bevor sie zugab: »Ja. Er hat sich in mein Leben eingemischt, womit er alles nur noch schlimmer gemacht hat. Er ist halt ein Idiot und soll mich in Ruhe lassen. Ich versuche ihm das ständig zu sagen, aber er kapiert das nicht.«
    »Wie sieht Fred Recktenwald aus?«
    Nun lachte Mirna erst einmal herzhaft, bevor sie sagte: »Keine Ahnung! Meinen Sie, ich hätte mir den Typ genauer angeschaut?«
    »Sie kennen ihn schon lange und wissen nicht wie er aussieht? Wie geht das?«
    »Er sieht für sein Alter total unauffällig aus – kein Hingucker. Groß ist er und schlank – eher dünn. Meistens läuft er mit einem Nadelstreifenanzug durch die Gegend. Vermutlich der einzige, den er hat. Darin fühlt er sich gut.«
    »Wie alt ist Fred Recktenwald?«
    »Ziemlich alt – vierzig.«
    Erik rümpfte die Nase, als er anfügte: »Und wer war der blonde Mann mit dem roten Opel Corsa, der Sie vorhin am Unigelände belästigt hat?«
    »Der hat mich nicht belästigt. Und ich habe dir doch schon gesagt, dass das einer der Profs war. Ich hatte vor, mich mal zu erkundigen, was mich auf der Uni erwartet, sobald ich das Abi geschafft habe.«
    »Kein Prof lässt sich auf eine potenzielle Studentin ein, die beim ersten Versuch, das Abi zu schaffen, durchgefallen ist«, hielt Erik dagegen.
    »Dieser Typ aber schon.«
    »Sagen Sie mir seinen Namen.«
    »Er ist verheiratet – du verstehst …« Wieder dieses anzügliche Grinsen. »Und außerdem ist er für euch überhaupt nicht interessant. Der Typ kommt nicht von hier, wie du schon an seiner Autonummer erkannt hast.«
    Erik spürte, dass Mirna an diesem Punkt dicht machte. Was ihn auch beschäftigte, war die Frage, warum ihn dieser Zwischenfall interessierte. Ging es ihm wirklich um den Fall oder um dieses lästige und unerklärliche Gefühl der Eifersucht, das an ihm nagte?
    »Okay, Mirna. Sie können gehen«, mischte sich Andrea schnell ein, als sie merkte, dass das Gespräch keine nützlichen Informationen mehr hergab.
    »Und wie komme ich nach Hause?«
    »Laufen«, antwortete Andrea so schnell, dass Erik keine Gelegenheit bekam, ihr die Heimfahrt anzubieten.
    »Bis nach Picard?«
    »Nein. Bis in die Brauerstraße in Saarbrücken. Da treiben Sie sich ja auch oft genug herum.«
    Mürrisch verließ Mirna das Zimmer.
    Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, fragte Andrea erbost: »Warum hast du mit keinem Wort erwähnt, wo diese Mirna die Asche und die Zigarettenkippen entsorgt hat?«
    Erik erschrak über den Ton, sagte aber nichts.
    »Durch Zufall ist mein Blick auf die Sauerei gefallen«, fügte Andrea noch an, doch ihr Wutausbruch wurde durch das Eintreten des Dienststellenleiters unterbrochen.
    »Ich habe euer Gespräch mitverfolgt«, bekannte Jürgen Schnur, verfiel jedoch in einen heftigen Hustenanfall. »Scheiße! Die ist euch ja mächtig auf der Nase herumgetanzt.«
    »So weit waren wir auch schon«, gab Andrea mürrisch zu.
    Schnur beruhigte sich wieder und sprach weiter: »Sie ist noch nicht aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschieden.«
    »Aus dem Kreis der Verdächtigen?« Andrea musste ein Lachen unterdrücken. »Das klingt aber imposant. Wie viele Verdächtige haben wir denn?«
    »Wir haben inzwischen

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