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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Begeisterung.
    Fred verschloss das Loch wieder und führte seine Gruppe aus den Gemäuern hinaus zur westlichen Außenmauer. Der Schulklasse zeigte er den Weg zum Museum, sperrte dort auf und entschuldigte sich mit den Worten: »Dort könnt ihr euch gerne noch umsehen, auch wenn ich keine Zeit mehr für euch habe.«
    »Und du glaubst, dass ich deine Arbeit mache? Pah«, kam es von Mathilde Graufuchs.
    Fred ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern sprach stoisch weiter: »Alle Ausstellungsstücke sind hinter gepanzertem Glas gesichert. Stehlen kann man hier also nichts.«
    Dann ging er fort.
    Das Geräusch eines Automotors verriet ihm, dass die nächste Gruppe schon eingetroffen war. Ein Minivan mit Zweibrücker Kennzeichen fuhr vor und mehrere ältere Damen und Herren stiegen lachend aus dem großen Wagen.
    »Sie sind bestimmt unser Touristenführer«, rief eine ältere Dame, die von Weitem Mathilde Graufuchs verblüffend ähnlich sah.
    Fred nickte und schaute der Gruppe entgegen.
    Der Jüngste unter ihnen war bestimmt schon weit über sechzig, stellte er amüsiert fest. Solche Gruppen gefielen ihm am besten. Sie geizten nicht mit Trinkgeld und gaben Fred das Gefühl, intelligent zu sein, weil er auf alle ihre Fragen antworten konnte. Dabei waren es immer dieselben Fragen, die gestellt wurden – demnach also auch dieselben Antworten, die er gab. Aber das musste er seinen Bewunderern nicht unter die Nase reiben.
    In seinen Augenwinkeln sah Fred, wie Mathilde Graufuchs mit ihrer Schulklasse in den ehemaligen Vorratskeller mit Kühlgruben hinabstieg, das heutige Museum. Das war gut so. Aus diesen Tiefen heraus würde sie seinen Vortrag nicht hören, den er der neuen Gruppe halten musste.
    *
    Das kleine Museum glich einer Gruft. Das war Mathilde Graufuchs’ erster Gedanke, als sie in den finsteren Keller stieg. Vor ihren Augen erstreckte sich ein schmaler Schlauch mit einer tiefen, gewölbten Decke. Wie sie von einem der Vorträge wusste, hatten sich genau an dieser Stelle die früheren Vorratskeller befunden. Sie konnte den ehemaligen Durchgang zur Küche noch sehen, der mit einem Eisentor verriegelt war. Die Gruben, die zur damaligen Zeit zur Kühlung verderblicher Lebensmittel gebaut worden waren, bestanden lediglich aus Löchern im Boden. Eine einfache, aber effektive Art. Inzwischen waren die meisten davon mit Holzbohlen abgedeckt – besonders hier im heutigen Museum.
    Hinter Panzerglaskästen, die an den schrägen Wänden befestigt waren, wurden einzelne Exponate angeleuchtet. Das diffuse Licht schien jede Bewegung vereinzelter Besucher durch große Schatten zu vervielfältigen. Eine Wirkung, die Mathilde Graufuchs erschrecken ließ. Nervös widmete sie ihre Aufmerksamkeit den Wappen ehemaliger Lehensnehmer der Burg. Eine Ritterrüstung in Lebensgröße war nicht hinter Glas verschanzt. Vermutlich war sie zu schwer zum Stehlen. Daneben hingen Reproduktionen alter Waffen an den Wänden. Darunter standen Vitrinen mit den Fundgegenständen, die bei Ausgrabungen zu unterschiedlichsten Zeiten gemacht wurden.
    Die Stille in dem Raum tat ihr gut. Sie vermutete, dass die Schüler mit der gleichen Andacht diese antiken Exponate bestaunten.
    Keramikgefäße aus dem 14. Jahrhundert standen zur Bewunderung aus, ebenso Münzen, Gürtelschnallen, Schwerter und Äxte aus dem 15. Jahrhundert. Schmiedearbeiten sowie versteinerte Fossile lagen auf den Tischreihen unter dem gesicherten Glas. Zu jedem Stück wurde eine Geschichte erzählt, die bis in die Römerzeit zurückreichte. Diese Fundstücke weckten ihr Interesse. Sie las die Beschreibungen durch und beschloss, ihre Schüler darüber zu belehren. Doch als sie sich umdrehte, um nach ihnen zu rufen, fand sie sich allein in der dunklen Gruft. Deshalb diese Ruhe. Die kleinen Racker waren ihr gar nicht ins Museum gefolgt.
    Von draußen hörte sie die monotone Stimme von Fred Recktenwald, der denselben Vortrag herunterleierte, den er erst vor Kurzem ihrer Schulklasse gehalten hatte.
    Sie schaute sich in dem gruftähnlichen Raum um. Hier konnten sich die Kinder nicht verstecken. Trotzdem wagte sie einen Blick unter die Tische und hinter die Theke.
    Sie war tatsächlich allein. Gänsehaut kroch ihr den Nacken hoch. Schnell beschloss sie, nach draußen zu gehen und ihre Schüler zu suchen.
    Mühsam kletterte sie über die unregelmäßigen Stufen, die sie hinausführten. Die Hitze, die ihr trotz später Stunde entgegenschlug, überraschte sie. Das erste, was sie spürte, waren

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