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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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der Schüler los und beobachtete die kleine Gruppe von Touristen, die mit dem Minivan gekommen waren.
    Da glaubte er sie zu sehen: Mathilde Graufuchs. In angeregter Unterhaltung stand sie einem Mann gegenüber und erklärte ihm etwas auf ihre typische energische Weise. Dann folgte sie dem Mann und stieg doch tatsächlich in den Minivan ein.
    Anschließend sah der Busfahrer, dass der Touristenführer Fred Recktenwald das Tor zur Burg abschloss. Das sah nach Feierabend aus. Die Lehrerin hatte sich einfach ohne ihre Schüler aus dem Staub gemacht.
    Also brauchte er auch nicht mehr länger zu warten.
    Er startete den Bus.
    Auf die erstaunten Gesichter der Schüler erklärte er, wo er Mathilde Graufuchs gesehen hatte. Das gefiel seinen jungen Fahrgästen. Umso ausgelassener tobten sie.

Kapitel 32
    Wieder saß Mirna am obersten Treppenabsatz. Wieder stand Erik vor der Frage, wie standhaft er bleiben konnte. Musste sie sich so verführerisch vor ihm räkeln? Das machte es ihm schwer. Schnell rief er sich Bernhard ins Gedächtnis. Sein letztes Treffen mit ihm lag gerade erst einen Tag zurück. Die Erinnerung war noch sehr lebhaft.
    Damit gelang es ihm, sich zu beruhigen. Erleichtert atmete er durch.«Yannik hat mir den Schlüssel zu seiner Wohnung abgenommen«, schnurrte sie wie ein süßes Kätzchen, das gestreichelt werden will.
    »Was hast du ihm angetan?«, fragte Erik, obwohl es ihn nicht interessierte. Aber irgendetwas musste er sagen, um das Knistern zwischen ihnen aufzulösen.
    »Ich habe ihm gesagt, dass du mir besser gefällst als er.«
    »Dann kann ich Yannik gut verstehen«, gab Erik mit hochgezogenen Augenbrauen zu verstehen.
    »Deshalb habe ich keinen Platz zum Schlafen.«
    Erik schnaubte – bewusst uncharmant. Doch das hielt Mirna nicht von ihrem Plan ab.
    »Ich werde dich nicht mitnehmen«, erklärte Erik deutlicher.
    »Du willst mich doch nicht in diesem kalten Flur schlafen lassen«, empörte sich Mirna.
    »Du hast ein eigenes Haus in Picard«, erinnerte Erik. »Also hast du es gar nicht nötig, in Hausfluren herumzulungern.«
    »Und wie soll ich jetzt nach Picard kommen?«
    Erik sah eine Möglichkeit.
    »Ich fahre dich«, schlug er vor.
    »Das gefällt mir«, jauchzte Mirna. »Mir dir allein, in deinem schönen Auto, bei leiser Musik, durch die Sommernacht.«
    »Oh nein! Ich werde Hardrock auflegen und laut stellen, dabei die Klimaanlage so kühl schalten, dass dir sämtliche Flausen im Hirn erfrieren«, schwor Erik.
    Mirna lachte herzhaft über seine krampfhaften Versuche, uncharmant zu sein.
    Hastig eilte Erik die Treppe wieder hinunter. Die leichtfüßigen Schritte hinter ihm verdeutlichten ihm, dass seine Aussicht auf einen erholsamen Feierabend dahin war. Im Wagen kam die nächste Überraschung. Mirna zog ihre Sandalen aus und streckte die nackten Füße auf das Armaturenbrett.
    Sein neues Armaturenbrett.
    Erik bekam große Augen.
    »Nimm die Füße runter.«
    »Gefallen dir meine Füße nicht?«
    »Mein Armaturenbrett gefällt mir besser.«
    »Netter Versuch.« Mirnas Lachen klang verboten. Und die Füße nahm sie auch nicht runter.
    »Außerdem herrscht in meinem Auto Anschnallpflicht«, beharrte Erik weiter, als er sah, dass Mirna immer noch nicht angeschnallt war, obwohl sie bereits die Stadt durchquert hatten und auf die Autobahn auffuhren.
    »Niemals!« Mirna lachte. »Ich fessele mich an kein Auto. Ich lebe autark.«
    »Hast du dich in der Schule auch so benommen?«, fragte Erik resigniert.
    »Wie denn?«
    »Dich allem und jedem widersetzt …«
    »Nur den Lehrern.«
    »Also hast du.«
    »Klar! Ist bei den alten Spießer auch gar nicht anders möglich. Die können mir sowieso nichts sagen. Wenn die meinen, sie könnten auf Sitte und Anstand herumreiten, dann sollen sie ins Altenheim gehen.« Mirna wackelte mit den Zehen.
    »Du hast dich doch bestimmt nicht allein gegen die … alten Spießer … aufgelehnt.« Diesen Ausdruck verwendete Erik nur widerwillig.
    »Eigentlich doch. Bertram Andernach hatte mich von Anfang an auf dem Kieker. Nur mich, wenn du verstehst. Die anderen hat er in Ruhe gelassen. Mich nie. Da war es egal, was ich gemacht habe.« Plötzlich stieß Mirna laut aus: »Willst du mal meine Deutscharbeiten und die Noten dazu sehen? Dann siehst du, was ich meine. Um den ist es wirklich nicht schade.«
    »Wer hat dir dabei geholfen, diesen alten Spießer in der Aula aufzuhängen?«, fragte Erik unbeirrt weiter. Inzwischen waren sie schon am Weltkulturerbe der Völklinger Hütte

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