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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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besser zu fühlen, fühlte sie sich noch schlechter. Sie ahnte, dass Mathilde Graufuchs Hilfe brauchte, doch sie hatte alles vermasselt.

Kapitel 34
    Die Dunkelheit kroch langsam über das Land. Nach und nach gingen die Lichter der Orte Felsberg, Beaumarais, Picard und Saarlouis an. Der Kirchturm von Felsberg wurde angeleuchtet. Ein Anblick, der eigentlich schön war, der in diesem schrecklichen Augenblick jedoch keine Freude auslöste.
    Mathilde Graufuchs konnte sich nicht bewegen. Ihre Arme waren gewaltsam nach hinten gezerrt und an einer Eisenstrebe zusammengebunden worden. Das trieb ihr ein schmerzhaftes Pochen in die Schultern, dessen Heftigkeit immer weiter zunahm. In ihrem Mund steckte etwas Ekelhaftes. Sie hatte Mühe nicht zu würgen. Sie richtete ihre Augen starr auf die Lichter, hoffte, dass jemand sich verbotenerweise in dieser Nacht auf die Teufelsburg schlich und sie fand. Schweiß lief ihr an Brust und Rücken herunter, rann in ihre Unterhose. Sie roch fürchterlich ungepflegt, ein Geruch, der ständig in ihrer Nase hing. Sie ekelte sich vor sich selbst. Die Nachtluft schaffte kaum eine Abkühlung. Die fürchterliche Hitze des Tages hatte auch die Nacht so erwärmt, dass das ständige Schwitzen weiterging. Ihre Kleider waren durchnässt, was in ihr ein Wechselbad zwischen neuem Schweißausbruch und Schüttelfrost auslöste. Das Zittern zog sich mit jedem Mal länger hing. Damit ging gleichzeitig eine Mutlosigkeit einher, die sie auf keinen Fall zulassen durfte. Nicht aufgeben, rief sie sich ins Gedächtnis. Aber es fiel ihr immer schwerer.
    Sie rüttelte schon lange nicht mehr an ihren Fesseln. Ihre Handgelenke schmerzten, sie waren bestimmt schon wund gerieben. Auch war der Druck um ihren Hals immer stärker geworden. Ihre Verzweiflung wuchs mit jeder Sekunde, die ihr wie Stunden vorkamen. Sie versuchte, nicht zu weinen, weil sonst ihre Luft, die sie nur durch die Nase einatmen konnte, zu knapp wurde. Und doch entfuhren ihr ständig Schluchzer, die in dem ekelhaften Knebel stecken blieben.
    Sie senkte den Kopf. Sofort überfielen sie Schwindelanfälle.
    Wie viele Stunden hatten sie schon nichts mehr gegessen – und nichts mehr getrunken?
    Mit Schrecken fiel ihr Penelope ein, ihre kleine Hündin. Sie war ganz allein, niemand versorgte sie. Sie würde sich fürchten. Sie hatte ihrer Hündin zwar den Fernseher angelassen, damit sie sich nicht so einsam in dem großen Haus fühlte. Aber was konnte schon ein laufender Fernseher gegen Hunger und Durst ausrichten. Blieb für Mathilde Graufuchs nur die Hoffnung, dass Penelope bellte und damit auf sich aufmerksam machte.
    Wieder ein neuer Hoffnungsschimmer!
    Penelope.
    Mathilde hob ihren Kopf und schaute auf die Lichter der umliegenden Ortschaften.
    Else Ganter, ihre Nachbarin, war krankhaft neugierig. Bestimmt würde sie nachsehen, warum ihre Hündin bellte. Mathilde spürte, wie wieder Leben in ihren Körper zurückkehrte. Dieser Gedanke war wie ein Energieschub. Sie würde durchhalten. Und dann würde sie es diesem Taugenichts mal zeigen, der sie mit seinem hämischen Lachen überwältigt und gefesselt hatte. Das sollte der letzte Triumph in seinem Leben gewesen sein.

Kapitel 35
    Die Botschaft ließ Erik aufstöhnen. Todmüde und übernächtigt hatte er sich aus seinem bequemen Bett gequält, um rechtzeitig auf der Dienststelle einzutreffen. Und warum? Um sofort wieder den gleichen Weg zu seinem Appartementhaus in der Brauerstraße zurückzufahren.
    »Wir werden mit Yannik Hoffmann sprechen«, wies Schnur an und steuerte schon den Ausgang des Büros an, da hatte Erik es noch gar nicht richtig betreten.
    »Warum diese Eile?«
    »Weil alle DNA-Abgleiche bisher kein Ergebnis gebracht haben. Und der einzige, der in unseren Ermittlungen immer wieder auftaucht, bisher aber nicht getestet wurde, ist Yannik Hoffmann«, erklärte Schnur.
    »Ist er verdächtig?«
    »Aufwachen, Erik!«, rief Schnur. »Natürlich ist er verdächtig. Hast du schon wieder vergessen, was wir bereits ermittelt haben? Hinzu kommt, dass er auf dem Max-Planck-Gymnasium in Saarlouis zwei Anläufe gebraucht hat, um das Abitur zu schaffen. Er war – du wirst es nicht glauben – ein Schüler von Bertram Andernach.«
    »Deshalb bringt er ihn doch nicht erst Jahre später um«, zweifelte Erik.
    »Nein. Aber wir wissen ja, wie er zu Mirna steht. Vielleicht hat ihre Erfahrung mit Bertram Andernach in ihm eine Art Flashback ausgelöst.«
    »Das klingt für mich nach dem berühmten Strohhalm,

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