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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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stellen wollte. Das schien ihnen nicht sonderlich zu gefallen.
    »Ich kann unseren Chef immer besser verstehen«, schnaufte Erik bei dem Gedanken, jetzt in diesen Raum zu gehen. »Leichen halten den Mund.«
    Esther trat mutig voran und klopfte an.
    Nichts.
    Wieder klopfte sie, dieses Mal lauter.
    Immer noch nichts.
    »Ich schätze, die hören uns nicht, weil sie so laut sind«, spekulierte Erik. »Wir könnten ja wieder gehen und Schnur berichten, dass uns niemand reingelassen hat.«
    »Feigling!«
    Dieses Mal öffnete Esther schwungvoll die Tür und trat ein.
    Schlagartig verharrte alles in Stille.
    Dreißig kleine Kinder mit großen Augen starrten die beiden Polizeibeamten an.
    Der Lehrer, ein großer, kräftiger Mann, der vor den Schülern wirkte wie Gulliver, der nach einem Schiffbruch im Land der Zwerge gelandet war, stellte sich an Markus Bollwisch vor und erklärte: »Es tut mir leid, dass die Schüler so laut sind. Eigentlich ist heute schulfrei. Sie sind nur gekommen, weil Sie Ihre Fragen beantworten müssen.«
    Esther wandte sich an die Schüler und begann zu sprechen: »Ich bin Kriminalkommissarin Esther Weis. Das ist mein Kollege Kriminalkommissar Erik Tenes. Wir müssen euch ein paar Fragen zu euren Schulausflug zur Teufelsburg stellen.«
    Die Schüler nickten eifrig.
    »Wann seid ihr zur Teufelsburg aufgebrochen?«
    »Das war erst am Nachmittag. Leider«, sprach ein Junge. »Normalerweise haben wir nachmittags frei. Aber unsere Lehrerin hatte keinen anderen Termin mehr bekommen.«
    Esther nickte und lächelte dem Jungen aufmunternd zu. Stolz erwiderte er das Lachen.
    »Und wie lange seid ihr dort gewesen?«
    Gemurmel ging durch die Klasse, bis einer die Hand hob und antwortete: »Also, die Führung ging über eine Stunde, weil die Lehrerin den Mann, der uns alles erklärt hat, immer wieder unterbrochen hat.«
    »Mirco«, ermahnte der Lehrer.
    »Lassen Sie den Jungen bitte sprechen«, schaltete sich Esther schnell ein. Sie wollte verhindern, dass der Lehrer die Schüler davon abhielt, wichtige Details zu erzählen, nur weil sie peinlich waren.
    »Ist ja wahr«, wehrte sich der Junge, der sich durch Esthers Einmischung stark fühlte. »Der Mann hat echt einen guten Vortrag gehalten. Er war sogar witzig. Unsere Lehrerin hat ihn behandelt, als würde sie ihn kennen.«
    »Wie hat sie ihn behandelt?«
    »Sie hat ihn beschimpft«, ertönte eine helle Stimme aus dem Hintergrund.
    »Und wie hat der Mann darauf reagiert?«
    »Er hat darauf bestanden, dass sie ihn mit ›Sie‹ anspricht. Aber das wollte unsere Lehrerin nicht machen.«
    Esther staunte. Mit einer derartig brisanten Information hatte sie nicht gerechnet.
    »Und wie ging der Streit aus?«
    »Der Mann hatte seine nächste Führung. Er hat sich schnell verabschiedet und ist zu der anderen Gruppe gegangen.«
    »Und wie seid ihr nach Hause gekommen?«
    »Mit dem Schulbus.«
    »War eure Geschichtslehrerin mit euch im Bus?«
    Schweigen trat ein. Die Schüler tauschten Blicke untereinander, bis der Lehrer sich einschaltete und mit donnernder Stimme aufforderte: »Ihr sollt antworten, wenn die Polizei euch etwas fragt.«
    Damit erreichte er genau das Gegenteil. Jetzt wagte sich niemand mehr den Mund aufzumachen.
    »Das haben Sie toll hingekriegt«, murrte Esther. »Wie wäre es, wenn Sie mal nett zu den Schülern sind?«
    Gekicher ging durch den Raum.
    Esther wandte sich wieder den Schülern zu und wiederholte ihre Frage.
    Nun wagte sich ein Junge zu sprechen. Sein Gesicht lief dabei hochrot an vor Aufregung. »Die Lehrerin ist nicht mit uns gefahren.«
    »Ist das üblich, dass die Lehrerin euch allein zur Schule zurückfahren lässt?«
    »Nein. Aber der Busfahrer hat gesehen, wie sie in den Bus der anderen Gruppe eingestiegen ist. Daraufhin meinte er, müsste er nicht mehr länger warten.«
    »Und ihr habt euch nichts dabei gedacht?«
    Jetzt lief der Junge dunkelrot an.
    Esther ahnte die Antwort schon. Die Kinder waren froh darüber, ohne Aufsichtsperson zu sein.
    Sie bedankte sich bei den Schülern und verließ das Klassenzimmer zusammen mit ihrem Kollegen wieder.
    Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, schimpfte sie Erik an: »Du warst mir ja eine große Hilfe! Wie viele Fragen hast du gestellt? Keine einzige! Oder habe ich etwas überhört?«

Kapitel 47
    Menschenmassen tummelten sich auf dem Kopfsteinpflaster der Saarbrücker Altstadt. Junge Frauen zeigten viel Haut, die Jungs liefen mit Schlabberhosen und umgekehrten Schirmmützen herum. Einige trugen

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