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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Rätsel.
    Sein Blick fiel wieder auf den Busfahrer, der sich während des Gesprächs ein wenig erholt hatte. Seine Gesichtsfarbe sah wieder normal aus.
    »Wie gut kennen Sie Mathilde Graufuchs?«, fragte Schnur.
    Der Busfahrer schnaubte wie ein Pferd, als er antwortete: »Ich kenne sie nur von einigen Busfahrten für ihre Schüler.«
    »Haben immer Sie diese Busfahrten übernommen?«
    »Nicht immer. Aber immer öfter.« Er lachte über seinen Witz. Aber keiner stimmte ein.
    »Also wussten Sie ziemlich genau, wie Mathilde Graufuchs aussieht.«
    »Ja. Eine alte Frau, die ihre Haare immer hochgesteckt trug. Ihre Kleidung sah immer gleich aus, als hätte sie immer dasselbe graue Kostüm an. Aber vermutlich hatte sie mehrere Kostüme dieser Art gehabt.«
    Plötzlich geriet Bewegung in die Reisegruppe. Eine große, schlanke Dame richtete ihr Wort an Schnur: »Ich glaube, ich weiß, was passiert ist.«
    »Jetzt machen Sie mich aber neugierig«, gestand Schnur. »Dann wissen Sie ja mehr als die Polizei.«
    Darüber musste die Reisegruppe lachen.
    Schnur beobachtete die Besucher und stellte fest, dass diese Menschen sehr ausgelassen wirkten. Wenn man so seinen Lebensabend verbringen konnte, waren die Zukunftsaussichten gar nicht so schlecht. Es gefiel ihm, wie sie sich gaben, was sie unternahmen, wie sie sprachen und wie gern sie lachten.
    »Das meinte ich natürlich nicht«, gab die Dame zu. »Ich habe nur gerade an die Fotos von unserer Tour gedacht. Zufällig sind sie noch in meiner Tasche, weil ich vergessen habe, sie auszusortieren.«
    Schnur nickte geduldig.
    »Und wissen Sie was?«
    Schnur grinste und schüttelte den Kopf.
    »Unsere Rosi«, sie zeigte auf die Frau, deren Haare lang und grau über die Schultern fielen, »ist die Frau, die der Busfahrer mit Mathilde Graufuchs verwechselt hat.«
    Jetzt hatte Schnur Mühe, nicht zu verblüfft auszusehen. Diese sogenannte Rosi sah für ihn aus wie ein Hippie-Mädchen, das vierzig Jahre lang vergessen worden war.
    Doch diese Aussage brachte neuen Schwung in die Unterhaltung. Plötzlich erinnerten sich alle wieder daran und sprachen auch gleichzeitig, sodass Schnur kein Wort verstand.
    »Bitte der Reihe nach«, rief er, woraufhin Rosi erklärte: »Ich habe an dem Tag meine Haare hochgesteckt, weil mir die Hitze unerträglich war. Außerdem hatte ich zur Feier des Tages ein graues Kostüm getragen.«
    Um ihre Aussage zu beweisen, hielt sie Schnur ein Foto entgegen. Darauf war die Reisegruppe deutlich zu erkennen. Auch Rosi! Sie sah verändert aus, wie Schnur schnell feststellte. Mit den hochgesteckten grauen Haaren und dem Kostüm sah sie tatsächlich Mathilde Graufuchs zum Verwechseln ähnlich.
    Hier hatten sie die Antwort auf die Frage, warum der Busfahrer die Schulklasse ohne die Lehrerin zur Schule zurückgefahren hatte.

Kapitel 52
    Leise fiel die Tür hinter Erik ins Schloss. Angenehme Kühle umfing ihn. Doch der Blick auf die vielen Stufen, die er nach oben steigen musste, ließ ihn ahnen, bald wieder ins Schwitzen zu kommen. Der Aufzug stand vor ihm, die Tür offen. Aber er trotzte ihm. Dieser Bequemlichkeit wollte er sich nicht hingeben. Er befürchtete, sonst steif und kraftlos zu werden. Seine Schritte schallten durch das leere Treppenhaus. Seine Gedanken wanderten – wie jedes Mal, wenn er nach einem langen Tag diese Treppen hinaufstieg – zu Anke Deister.
    Er hatte immer noch nichts von ihr gehört. Oder gelesen. Weder ein Anruf noch eine SMS von ihr erhalten. Aber auch er hatte sich bisher gesträubt, sich bei ihr zu melden. Ständig meldete sich ein kleiner Gegenspieler in seinem Kopf, der ihm signalisierte, Anke einfach zappeln zu lassen. Was war er für ein Mann, der einer Frau ewig hinterherlief.
    Diese Frage beschäftigte ihn wirklich.
    Wie lange arbeiteten sie schon zusammen? Sechs Jahre! In dieser Zeit waren sie fast täglich zusammen, hatten viele Stunden gemeinsam verbracht. Sogar viele Stunden ihrer Freizeit. Er hatte sich im Laufe der Zeit immer mehr zu ihr hingezogen gefühlt. Aber niemals ein Wort darüber verloren. Warum eigentlich?
    Wovor hatte er Angst gehabt?
    Abgewiesen zu werden?
    Das war es vermutlich. Und genau deshalb wagte er sich auch jetzt nicht, bei ihr anzurufen.
    Vielleicht war aber auch der Empfang nach Frankreich total schlecht. Das war eine Erklärung, die ihm besser gefiel.
    Das könnte auch die Erklärung dafür sein, warum sie sich nicht bei ihm meldete. Vermutlich hatte sie es sogar schon bei ihm versucht, war aber nicht

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