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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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zickig oder selbstsüchtig. Das gab ihm das Gefühl, dass Andrea eine gute Besetzung für ihre Abteilung war. Ihre Vergangenheit bewies, dass sie kein Kind von Traurigkeit war, und ihre Einstellung zu ihrer heutigen Position, dass ihre Lebenserfahrungen sie positiv geformt hatten. Fast könnte er sie darum beneiden, denn ihre Ausgeglichenheit war genau das, was ihm fehlte.
    »Warum schaust du mich so an?«, fragte sie, als sie direkt vor ihm stand.
    Sie war groß, fast so groß wie er, und ihr rundliches Gesicht vermittelte wie immer den Eindruck von guter Laune, obwohl es gerade gerötet und verschwitzt aussah.
    »Weil mich deine Vergangenheit fasziniert«, antwortete Erik ehrlich. »Es ist immer wieder erstaunlich, was sich hinter den Gesichtern der Menschen verbergen kann.«
    Andrea lachte. »Gehst du jetzt unter die Philosophen?«
    »Du hast mich gefragt, ich habe geantwortet.«
    »Touché!«
    Sie setzten ihren Weg fort, bis sie endlich im Tal ankamen. Die linke Seite wurde von Laubwald gesäumt. Die rechte offenbarte sich ihnen mit großen Feldern, die in Rechtecke aufgeteilt und durch Feldwirtschaftsstraßen voneinander getrennt wurden. Am unteren Ende eines abgemähten Wiesenstreifens sahen sie ein Auto stehen. Erik schirmte seinen Augen mit der Hand ab und stieß ein lautes Stöhnen aus: »Das darf nicht wahr sein.«
    »Wer ist das?«, fragte Andrea, die ebenfalls versuchte, etwas zu erkennen.
    »Das ist der rote Opel, den wir eben in Picard gesehen haben.«
    »Was macht dich so sicher?«
    »Ich habe gerade gesehen, wie zwei Männer in den Opel eingestiegen sind. Der eine davon war Recktenwald. Er trug seinen seltsamen Nadelstreifenanzug. Und dazu seine grauen Haare – unser Mann ist unverkennbar.«
    »Und wer ist der andere?«
    »Wenn ich das wüsste.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Wir rufen unseren Vorgesetzten an, damit er eine Fahndung rausgibt.«

Kapitel 57
    Menschen über Menschen saßen in der Abendsonne vor den Lokalen der Saarlouiser Altstadt. Die Stimmung war ausgelassen, es wurde laut geredet und gelacht. Fred Recktenwald war erfüllt von Stolz, während er neben Linus Kalkbrenner durch die schmalen Gassen schlenderte. Sie steuerten den »Siebten Himmel« an der Kreuzung an, den Mittelpunkt der Altstadt.
    Sie gingen hinein, weil auf der Terrasse vor der Tür kein Platz mehr frei war. Kühle und Dunkelheit schlug ihnen entgegen. Die leere Theke lud sie regelrecht dazu ein, sich dort niederzulassen.
    Linus bestellte für sie beide ohne zu fragen Bier vom Fass.
    Inzwischen war Fred es gewöhnt, nicht gefragt zu werden. Aber dass ausgerechnet Linus diese Geste zeigte, machte ihn stutzig. Hatte sich etwas zwischen ihnen verändert?
    »Was ist los mit dir?«, rief Linus und lachte Fred dabei so herzlich an, dass Fred sich sofort schäbig vorkam, weil er an Linus gezweifelt hatte. Als Antwort hob er sein Glas an und prostete Linus zu.
    Sie tranken in hastigen Zügen.
    Linus bestellte sofort zwei neue.
    »Was hast du auf der Teufelsburg gemacht?«, fragte er. »Nach dem Leichenfund müsste dieser Ort für die Untersuchungen der Polizei abgesperrt sein.«
    »Ist er ja auch«, bestätigte Fred. »Ich hatte gehofft, dort etwas zu erfahren. Aber der Wachmann am Eingang war so verschlossen wie eine Auster.«
    »Warum interessierst du dich so für den Fall?«
    »Weil mich die Polizei mit nach Saarbrücken zu ihrer großen Kriminalpolizeiinspektion mitgenommen und zu dem Mord an Mathilde Graufuchs ausgefragt hat«, antwortete Fred nach einer Weile.
    »Und? War es schlimm?«
    »Nein.« Fred spürte, dass ihm das Thema unangenehm wurde.
    »Haben sie dich bedroht? Oder geschlagen?«
    »Nein.«, wehrte Fred lachend ab. »Im Gegenteil. Der Chef von dem Verein war sogar richtig freundlich.«
    »Also ist es genauso, wie ich immer sage: Bullen haben keine Ahnung.« Linus klopfte Fred lachend auf die Schulter und fügte an: »Erinnerst du dich noch an früher, wie wir immer ›Räuber und Gendarm‹ gespielt haben?«
    »Klar erinnere ich mich.«
    »Mach es heute genauso.«
    »Ich bin immer von den Gendarmen gefangen worden«, wandte Fred ein.
    »Dann musst du es heute besser machen.«
    Die beiden Männer lachten herzhaft und prosteten sich zu.
    »Und außerdem«, sprach Linus weiter, »uns soll es doch recht sein, dass diese verdammten Pauker endlich mal ihre gerechte Strafe bekommen haben.«
    Freds Lachen wurde zögerlicher.
    »Was ist?« Linus hatte seine Zurückhaltung bemerkt. »Siehst du das

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