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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
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Uniformierte durch die wogende Menschenmenge auf der übervollen Tanzfläche im Club Manhattan. Die Einrichtung des Lokals machte dem Namen alle Ehre. Die Wände waren hauptsächlich mit amerikanischen Requisiten dekoriert, und von der Decke hingen gewaltige Sternenbanner und Konföderiertenflaggen herab – es erinnerte auf seltsame Weise an eine Nazikundgebung. An der Tür stand ein maßstabgetreues Modell der Freiheitsstatue. Irgendein Scherzbold hatte die Fackel herausgebrochen und sie durch eine Bierdose ersetzt.
    Als ich mich durch die Menge schob, vibrierte in der Tasche mein Mobiltelefon. Ich erkannte die Nummer nicht, und als ich das Gespräch annahm, konnte ich den Anrufer nicht verstehen. Schließlich gab ich auf und beschloss, denjenigen später zurückzurufen. Die Nummer speicherte ich ab.
    Ich ging direkt zur Bar und musste brüllen, um mich trotz des unaufhörlich dröhnenden Basses in dem, was hier als Musik durchging, verständlich zu machen. Der Barkeeper beäugte mich zunächst ein wenig misstrauisch; die meisten seiner Gäste waren so jung, dass sie meine Kinder hätten sein können. Falls Penny glaubte, sie werde einen solchen Club von innen sehen, ehe sie zwanzig wurde, dann täuschte sie sich.
    Ich hielt das Foto hoch. »Kennen Sie diese Frau?«, fragte ich. Der Barkeeper schwieg, schüttelte jedoch langsam den Kopf, im Rhythmus der Musik, deren Takt er zugleich auf der Theke mitklopfte.
    »Könnten Sie sich das ein bisschen genauer ansehen?«, brüllte ich.
    Er klopfte ein letztes Mal mit beiden Händen auf die Theke, beugte sich vor und brüllte zurück: »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, die habe ich noch nie gesehen.«
    »Könnte ich mit dem Geschäftsführer sprechen?«, rief ich, doch er bedeutete mir, er könne mich nicht hören, indem er die Hand hinters Ohr hielt. Dann bewegte er den gesamten Körper im Rhythmus der Musik und biss sich vor Konzentration sanft auf die Lippe.
    »Arschloch«, murmelte ich. Das hörte er offenbar trotz des Lärms, denn er zeigte mir den Mittelfinger. Vielleicht konnte er aber auch von den Lippen ablesen.
    Eins der Mädchen, die die Tische abräumten, war entgegenkommender, und schon wenige Minuten später führte mich der Geschäftsführer durch eine mit einem Code gesicherte Tür in sein Büro, das am Ende eines Korridors lag, auf dem sich auch die Damentoilette befand. Wir konnten in seinem Büro sogar das Gekreische und Gejohle der Mädchen nebenan hören.
    »Ich erkenne sie nicht«, sagte der Mann, der sich uns als Jack Thompson vorgestellt hatte. Er trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Leinenhemd, das am Hals offen stand. Die Haare hatte er mit Gel stachelig frisiert, die Haarspitzen waren blondiert. Er setzte sich an einen Schreibtisch aus Walnussholz und bedeutete mir, auf einem Lehnstuhl Platz zu nehmen. »Wann war sie denn hier?«, fragte er.
    »Gestern Abend. Junggesellinnenabschied«, fügte ich hinzu.
    »O Mann, davon haben wir jeden Abend zehn, Kumpel. Das hilft uns nicht weiter. Versuchen Sie es bei der Thekenbedienung.«
    »Das habe ich bereits. Die gewinnen in nächster Zeit jedenfalls keinen Preis für Hilfsbereitschaft.«
    »Zu cool zum Plaudern, Kumpel«, bemerkte er. »Das Türpersonal ist vielleicht hilfsbereiter.«
    »Türpersonal?«, wiederholte ich.
    »Die Rausschmeißer«, sagte er. »Nur dürfen wir sie so nicht mehr nennen. Politisch unkorrekt oder so ’n Scheiß.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Rausschmeißer solche Sensibelchen sind«, bemerkte ich.
    »Unser Türpersonal ist top ausgebildet und zertifiziert«, erläuterte Thompson. »Die Besten der Besten, Kumpel.«
    Der Wahrheitsgehalt von Thompsons Behauptungen wurde relativ schnell auf die Probe gestellt. Einer der Türsteher erinnerte sich an Karen Doherty; er hatte sie aus dem Club geworfen. Allerdings nannte er es »hinausbegleitet«.
    Darren Kehoe war vierundzwanzig Jahre alt und wog mindestens hundertfünfzig Kilogramm. Sein Hemdkragen spannte sich um einen Nacken von den Ausmaßen eines Hydranten. Er trug einen Bürstenschnitt. Seine Nase war flach und wirkte kampflustig, die Augen waren klein und lagen tief in den Höhlen, wodurch seine vorgewölbte Stirn noch stärker betont wurde.
    »Warum haben Sie sie aus dem Lokal begleitet, Darren?«, fragte Thompson. Kehoe saß auf einem Zweiersofa an der Wand, die Arme ruhten auf den Schenkeln, das schwarze Jackett spannte sich straff über seinem Oberkörper. Ich saß wieder auf dem Lehnstuhl vor Thompsons Schreibtisch,

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