Galgenweg
mitnehmen.«
»Ich werde mich mit den hiesigen Gardai in Verbindung setzen, Mr Thompson; ich bin sicher, Sie können in den nächsten Wochen mit einer groß angelegten Aufklärungskampagne in Ihrem Club rechnen.«
Thompson schwieg, als ich ging, und dachte wohl bereits darüber nach, welche Auswirkungen eine solche Maßnahme aufs Geschäft haben würde.
Währenddessen hatte Williams im Club selbst weniger Glück gehabt. Verschiedene Stammgäste erkannten Karens Gesicht wieder, doch das war auch schon alles. Niemand erinnerte sich, sie am Vorabend gesehen zu haben; niemand hatte sie mit jemandem das Lokal verlassen sehen; niemand konnte uns irgendwie weiterhelfen. Nur wenige schienen überhaupt willens, sich vom Tod der jungen Frau den Abend verderben zu lassen.
5
Mittwoch, 2. Juni
Erst als ich am nächsten Morgen im Auto mein Mobiltelefon in die Ladestation steckte, dachte ich wieder an den Rückruf, den ich hatte tätigen wollen. Die Stimme am anderen Ende erkannte ich nicht, Paddy Hannon muste sich erst vorstellen.
»Ben, tut mir leid, Sie zu stören«, sagte er, immer wieder unterbrochen von Empfangsstörungen.
»Paddy – Geschäft oder Vergnügen?«, fragte ich und zündete mir die erste Zigarette des Tages an.
»Geschäft. Ihrs, um genau zu sein. Mir ist noch etwas eingefallen … Fund … tun hat.«
»Wie war das, Paddy? Ihnen ist noch etwas eingefallen?«
»Im Fernsehen … Waffen gezeigt. Ich habe ein paar … wiedererkannt … nicht … Land.«
»Was?«, rief ich ins Telefon.
»… sie … nicht … gef-«
Ich sprach noch lauter. Aber Lautstärke kann nun mal keine Verbindungsstörungen überbrücken.
»Ich komme zur Baustelle«, sagte ich abschließend und legte auf. Ich speicherte seinen Namen zu der Nummer vom Vorabend, wendete und fuhr Richtung Raphoe.
Eine Viertelstunde später legte Paddy Hannon mir seine Zweifel dar.
Als er am Abend zuvor in den Nachrichten den Bericht über den Fund auf Webbs Land gesehen hatte, war ihm die Tüte mit den Ecstasypillen aufgefallen. Er erinnerte sich, dass er eine ebensolche Tüte in dem Bunker gesehen hatte, der einen Monat zuvor auf seinem Land entdeckt worden war. Irgendetwas hatte ihn daran gestört, und er hatte versucht, mich unter der Telefonnummer zu erreichen, die ich ihm gegeben hatte. Als er mich nicht erreichen konnte, hatte er das Video mit dem Bericht über den Fund auf seinem Grundstück herausgesucht; seine Frau hatte den Bericht aufgenommen, weil Paddy interviewt worden war und sie das Interview ihrer Schwester hatte zeigen wollen, wie er behauptete. In Wirklichkeit war Paddys Eitelkeit allseits bekannt; vermutlich hatte er ein Album mit sämtlichen Zeitungsausschnitten angelegt.
Als er den Bericht angesehen habe, sei ihm aufgefallen, dass die Ecstasypillen, die man auf seinem Grundstück gefunden hatte, bei der damaligen Präsentation überhaupt nicht gezeigt wurden. Er hatte die von seiner Frau aufgehobenen Zeitungsausschnitte durchgesehen – auch dort kein Wort über die Pillen. Die Tüte sei aber unverwechselbar gewesen. Sie stamme definitiv von hier, vom ersten Fund. Und all das komme ihm schon sehr komisch vor und er habe gedacht, das solle er mich wissen lassen.
Ich log und erzählte ihm, dass wir nicht immer jedes einzelne Fundstück präsentieren würden; vermutlich gebe es eine ganz einfache Erklärung dafür, und ich würde mich darum kümmern.
Ehe ich ihn verließ, fiel mir noch das Videoband vom Club Manhattan ein. »Das klingt in Ihren Ohren jetzt vielleicht bescheuert, Paddy, aber wie viele Ihrer Arbeiter würden Sie als muskulös bezeichnen, und wer hat Tätowierungen?«
»Sie sind hier auf einer Baustelle, Ben. Ich würde sagen, das gilt für die meisten Männer hier. Und für ein paar der Frauen auch.«
Als ich zum Auto zurückging, musste ich daran denken, wie irritiert ich über diesen neuerlichen Waffen- und Drogenfund an der Gallows Lane gewesen war, und wie immer, wenn ein solcher Verdacht sich bestätigt, stellte sich eine große innere Leere ein.
Colhoun war gerade dabei, in der Kochnische für sich und Patterson je eine große Tasse Kaffee zu machen, als ich auf der Wache ankam. Seine Augen waren klein und blutunterlaufen. Die Feier hatte sich wohl auch über den vergangenen Tag hingezogen, denn sein Atem stank noch immer nach Saufgelage. Genau genommen war die gesamte Wache an diesem Vormittag gedämpfter Stimmung; Patterson war sogar über der Tastatur seines Computers zusammengesunken, auf
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