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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
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nach Norden, und die Wahrscheinlichkeit, dort durch zäh fließenden Verkehr aufgehalten zu werden oder anderen Polizisten zu begegnen, war gering. Möglicherweise vermutete McLaughlin, dass wir auch die Hauptstraßen gesperrt haben würden, wenn wir nach ihm suchten. Schade, dass wir nicht selbst so clever gewesen waren, dachte ich.
    Mit aller Kraft drückte ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch, und die Tachonadel zitterte bald knapp unterhalb von hundertfünfzig Stundenkilometern. Dempsey packte das Armaturenbrett und suchte mit zusammengekniffenen Augen in der Ferne nach einem Anzeichen von McLaughlin. Schließlich glaubten wir ihn auf einem langen, geraden Abschnitt zu entdecken; die Rücklichter schwankten sichtbar zwischen den beiden Fahrbahnen der um diese Zeit glücklicherweise leeren Straße hin und her.
    Wie erwartet sah ich die Bremslichter aufleuchten, und der Wagen schwenkte scharf nach links in die Straße ein, die durch Clady in den Norden führte. Doch McLaughlin hatte die Kreuzung offenbar unterschätzt, denn der Wagen schoss darüber hinaus und schleuderte unkontrolliert auf den Rasenstreifen am Rand. Einige Sekunden lang konnte man aufgrund der Staubwolke und des umherfliegenden Schotters nicht erkennen, ob er einen Unfall gehabt hatte. Dann legte der Staub sich wieder, und wir sahen ihn zurücksetzen und die Einmündung erneut in Angriff nehmen. Alles in allem hatte dieses Manöver ihn etwa eine halbe Minute gekostet; uns reichte das, um so weit zu ihm aufzuschließen, dass wir ihn eindeutig identifizieren konnten. Auch ich musste stark abbremsen, um einen ähnlichen Vorfall an der Kreuzung zu vermeiden. Das gab ihm Zeit, seinen Vorsprung wieder etwas auszubauen.
    Die Straße, die er genommen hatte, überquerte den River Finn auf einer einspurigen Ziegelsteinbrücke mit diversen Ausweichstellen. Ich betete, er möge dort aufgehalten werden. Und offenbar wurde mein Gebet erhört. Als wir ebenfalls in die Straße einbogen, erblickten wir einen Stau. Der grüne BMW stand verlassen, aber mit laufendem Motor am Ende einer Fahrzeugschlange, die Fahrertür sperrangelweit offen. McLaughlin versuchte, zu Fuß über den Fluss zu gelangen.
    Mit quietschenden Reifen kamen wir hinter dem BMW zum Stehen. Der Fahrer des Wagens unmittelbar davor war ausgestiegen und beugte sich über die Brüstung. Ich ging zu ihm, die Hände in einer fragenden Geste erhoben.
    Der Mann formte mit den Lippen die Worte: »Er ist da unten«, und deutete übertrieben unter die Brücke.
    McLaughlin wäre schneller gewesen, wenn er einfach über die Brücke gelaufen wäre, doch als ich nach vorn sah, begriff ich, warum er es lieber unten herum probierte: Das Hindernis auf der Brücke war ein Kontrollpunkt des PSNI .
    Zwei Wege führten unter die Brücke, je einer zu beiden Seiten der Straße. Dempsey lief bereits links hinab zu der Stelle, auf die der Autofahrer gedeutet hatte. Ich nahm den rechten Weg; unten würden die beiden Wege sich treffen.
    Der Weg war von Brombeer- und Himbeersträuchern überwuchert, die Beeren waren noch hart und grün. Ich rannte so gut ich konnte hindurch. Es war ziemlich offensichtlich, dass McLaughlin nicht hier entlanggekommen war, doch nun war es zu spät, um noch umzukehren.
    Die Luft unter der Brücke war kühl und feucht und roch nach vermodernden Blättern. Die Oberfläche des Flusses kräuselte sich kaum in der leichten Brise. Der Lärm, den ich veranstaltete, schreckte einen Reiher auf; er flog fort. Ich fürchtete allmählich, dass wir in die falsche Richtung liefen, doch da hörte ich ein Platschen und einen Ruf von Dempsey. Als ich nach rechts blickte, sah ich McLaughlin in Jeans und weißem T-Shirt. Er war zwischen den Bäumen hervorgebrochen und watete nun durchs Wasser. Wenn er den Fluss direkt unterhalb der Brücke überquert hätte, wäre er beim PSNI -Kontrollpunkt herausgekommen. Das gegenüberliegende Ufer war mehrere hundert Meter weit in beide Richtungen durch einen Zaun abgesperrt. McLaughlin wollte ganz offensichtlich bis zum Ende des Zauns stromaufwärts waten.
    Ich folgte ihm, steckte die Waffe in den Hosenbund und sprang hinab ins Wasser. Die Unterströmung war stark, und auf den glitschigen Kieseln des Flussbettes glitt ich immer wieder aus. Ich hielt auf McLaughlin zu und blieb dabei so nahe wie möglich am Ufer. Er hatte den Fluss bereits halb überquert, doch er musste noch weiter stromaufwärts waten, wollte er den Zaun umgehen. Seine Schritte waren groß, aber langsam,

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