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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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inne. Das Pferd schnaubte und tänzelte auf der Stelle, als wolle es auslaufen. Es schüttelte den mächtigen Hals und in weißen Flocken flog der schaumige Schweiß durch die kühle Luft. Der Gardist besann sich einen Augenblick, wischte sich mit einem Tuch den Schweiß aus dem Gesicht, ordnete seine Uniform und vergewisserte sich mit einem Griff an seine Brusttasche, dass er die Nachricht, die er zu überbringen hatte, bei sich trug. Dann gab er seinem Pferd die Zügel frei, und mit langsamem Schritt näherte er sich der Burg.
    Der Bote hatte die Stufen zum Eingangstor noch nicht erreicht, als die Tür aufgestoßen wurde und die Markgräfin unter den Bogen trat. Die schöne Frau stand still wie ein Denkmal vor ihrer Burg. Stolzen Hauptes und ruhig erwartete sie den Boten.
    Er hielt vor den Stufen, die zum Tor hinaufführten, stieg langsam von seinem Pferd, legte die Zügel um das Geländer und schritt zögernd die Stufen hoch. Vor Caterina Picchena blieb er stehen und grüßte militärisch. Er griff nach dem Brief und überreichte ihn der Markgräfin.
    Caterina hielt den Brief in der Hand und machte keinerlei Bewegung, ihn zu öffnen und die Botschaft zu lesen. Sie schaute dem Boten fest in die Augen.
    "Der Landgraf?" fragte sie.
    "Der Landgraf", antwortete der Soldat. "Heute Morgen, als die Sonne aufging."
    "Wie?" fragte sie leise aber mit fester Stimme.
    "Der Landgraf war am Tag zuvor aus Paris zurückgekehrt. Er hatte eine Infektion mitgebracht. Er fühlte sich sehr schwach. Der Arzt war bei ihm. Er konnte ihm nicht mehr helfen. Er wusste nicht einmal, welche Krankheit es war. Er starb friedlich, und es schien, ohne Schmerzen. In diesem Umschlag befinden sich auch die letzten Worte eures Herrn Vaters an euch. Ich bin beauftragt, euch die Trauer des Großherzogs und seiner Familie und den Schmerz der Senat o ren zu übermitteln."
    Die trauernde Frau schaute den durchschwitzten Mann ernst an.
    "Ich danke euch, Offizier, lasst euch versorgen."
    "Markgräfin, noch ein Wort", bat der Bote, "darf ich euch mein tiefstes Mitgefühl zum Au s druck bringen. Ich habe viele Jahre dem Landgrafen gedient, ich habe niemanden so bewundert wie ihn. Ich habe ihn geliebt, wenn ihr mir dieses persönliche Wort erlaubt."
    Die Stimme des Offiziers versagte, Tränen traten in seine Augen. Er grüßte erneut militärisch und wandte sich ab. Ein Diener erschien, versorgte den Mann und das Pferd. Die Gräfin stand noch einen Augenblick wie erstarrt in der Tür. Langsam begab sie sich in ihre Gemächer. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und schaute zum Fenster hinaus auf den Park, in dem sie viele glückliche Stunden mit ihrem Vater verbracht hatte.
    "Vater", flüsterte sie leise und begann bitterlich zu weinen. In diesem Moment hatte sie alles verloren, was ihr Leben sinnvoll gemacht hatte. Ihr Vater war nicht nur ihr Schutz in der gier i gen, gefräßigen Welt. Er hatte ihrem Leben einen ehrenhaften Sinn gegeben. Sie würde sich nie wieder mit ihm unterhalten, ihre Gedanken austauschen können. Mit zitternden Händen öffnete sie den eingerollten Brief. Sie fand darin die Zeilen ihres Vaters und öffnete sie wie ein eh r würdiges Zeugnis aus liebevoller, vergangener Zeit.
    Mit zittriger Schrift hatte ihr Vater die letzten Worte an sie gerichtet.
     
    "Mein über alles geliebte Kind,
    ich habe von meiner Reise eine Infektion mitgebracht, die mich sehr plagt. Auch unser Freund, der Arzt, der doch nie so schnell versagt, weiß nicht, was es ist. Ich spüre eine große Schwäche und ich weiß, dass meine Kräfte schwinden. Ich bin sicher, dass das Leben aus meinem Körper weicht, und dass keine Energie mehr in das hohle Körpergefäß nachströmt. Ich werde Dich nicht mehr wieder sehen , Caterina. Das ist es, was mich am meisten schmerzt. Ich hätte Dir noch viel zu sagen, aber ich werde es nicht können.
    Ich habe in diesem Leben erfolgreich gearbeitet, sagen die Leute. Doch ich selber weiß, es war nicht erfolgreich genug. Ich habe nicht genug für die Menschen getan. Ich habe viele nicht schützen können. Ich bin untröstlich, meinen Freund Galileo nicht in Sicherheit zu wissen. Noch viel mehr mache ich mir Gedanken um Dein Leben. Unter den gegebenen Umständen bin ich sicher, dass wir das Beste für Dich getan haben. In der Familie der Buondelmonti bist Du sicher aufgehoben. Erfülle Du Deine Pflichten, dann werden sie die ihrigen erfüllen. Lebe in der Ehrfurcht zu Gott. Betrachte Deinen Weg auf dieser Erde als Prüfung für ein

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