Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Admiral Delanne?«
Tonya sah in die gespannten Gesichter der Brückenbesatzung. Zu ihrer Überraschung fand sie bei vielen der Offiziere verhaltene Zustimmung. Niemand hier schien sich darum zu reißen, den Befehl des Königs ausführen zu dürfen. Der Kommunikationsoffizier war in eine hitzige Diskussion mit dem Navigator vertieft, doch niemand schien den Mut zu haben, dem Admiral offen zu widersprechen.
Thiram Philco, der Erste Offizier des Flaggschiffes, kaute nervös am Daumennagel.
»Was meinen Sie, Philco?«, fragte Tonya.
Philco sah auf. Er atmete tief durch, trat zu Boros und beugte sich vor. »Sir, Admiral Delanne hat vielleicht recht. Möchten Sie wirklich den Feuerbefehl geben?«
Boros wirbelte herum. »Philco!« Er packte den Mann am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. »Was reden Sie da, Mann?«
Philcos Augen traten hervor, als Boros weiter zudrückte.
Tonya konnte nicht anders, sie musste eingreifen. Sie warf sich zwischen die beiden Männer und zog Philcos Pistole aus dem Holster.
Boros ließ den Ersten Offizier los und schlug nach der Waffe, traf aber Tonya. Sie röchelte und ging zu Boden. Die Waffe glitt ihr aus den Fingern und schlidderte über den Boden der Kommandobrücke. Boros und Philco stürzten sich auf die Pistole und griffen gleichzeitig danach. Zwischen den beiden Männern entbrannte ein erbitterter Ringkampf um die Waffe.
»So viel zu Ihrer … Beförderung …«, stieß Boros zwischen den Zähnen hervor.
Philcos Finger krümmten sich reflexartig um den Abzug und der Hinterkopf des Admirals zerplatzte in einer Wolke aus Knochenfragmenten und Blut.
*
»Ich frage mich, was die da drüben treiben«, murmelte Faulckner und sah ungeduldig auf seine Uhr.
»Es hat vielleicht eine kleine Verzögerung gegeben«, mutmaßte der drobarianische Pilot des Shuttles, das den Reporter zu dem kerianischen Flaggschiff herüberfliegen sollte.
Faulckner schnaubte missmutig. Kleine Verzögerung, natürlich! Vermutlich waren die Kerianer alle damit beschäftigt, ihre Geschütze auf Bulsara auszurichten.
Er spähte aus dem Fenster des Shuttles. Das Flaggschiff der Kerianer war gigantisch. Bereits aus dieser Entfernung nahm es die gesamte Breite und Höhe des Cockpitfensters ein. Irgendwo dort oben, gleich hinter den Brückenaufbauten, wartete eine Luftschleuse auf ihn und dahinter eine gute kerianische Mahlzeit, dachte er pragmatisch. Die Verpflegung bei den Drobarianern war nicht besonders gut gewesen. Vermutlich kochten höchstens die Symirusen noch schlechter.
Das brachte ihn auf einen anderen Gedanken. »Was ist eigentlich aus den Symirusen geworden?«, fragte er den Piloten. »Wollten die nicht auch nach Bulsara kommen?«
Der Pilot zuckte mit den Achseln. »Wenn man Gerüchten Glauben schenken darf, hat es in der symirusischen Flotte eine Meuterei gegeben. Freie Volkspartei gegen Demokratische Volkspartei, dann noch gemäßigte und radikale Flügel der Freien Volkspartei gegeneinander … Ich blicke da nicht mehr durch. Hat aber angeblich etwas mit unserem Auftauchen im Orbit um Symirus III vor ein paar Tagen zu tun. Seitdem ist die Freie Volkspartei selbst bei den anderen Symirusen ziemlich unter Beschuss geraten, bildlich gesprochen.« Der Pilot grinste schadenfroh.
»Aha.« Faulckner war dankbar, einen gesprächigen Drobarianer erwischt zu haben. »Und worum geht es eigentlich bei dieser Geschichte zwischen Admiral Boros und Kommandant Kuradora?«
Der Pilot versteifte sich etwas. »Über Fehden zwischen Kriegern reden andere Krieger nicht«, sagte er pikiert.
»Entschuldigung.«
Auf dem Kontrollpult vor dem Piloten blinkte ein grünes Licht auf. »Wir können andocken«, sagte er.
Faulckner griff nach der Reisetasche, die seine wenigen verbliebenen Habseligkeiten enthielt. »Toll.«
*
Faulckner betrat die Brücke des kerianisches Flaggschiffes in dem Moment, in dem der Bordarzt den Zeitpunkt des Todes von Admiral Boros für das Logbuch festhielt.
»Achtzehn Uhr fünfzig Bordzeit«, sagte der Arzt halblaut vor sich hin. »Todesursache?« Er sah Tonya und Philco fragend an.
»Waffenfehlfunktion«, sagte Tonya trocken. »Ein Schuss hat sich gelöst.«
Niemand widersprach. Der Arzt zuckte mit den Achseln und machte einen Eintrag auf dem tragbaren Computer, den er in der Hand hielt.
Faulckner blickte in ernste Gesichter, wohin er auch sah. Dann bemerkte er Boros, der in einer Blutlache auf dem Boden lag. Er schwang seine Reisetasche von der Schulter und fing an, nach seiner
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