Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Vibrationen des Glases, die durch die im königlichen Arbeitszimmer gesprochenen Worte ausgelöst wurden.
Dort ging in diesem Moment eine Tür auf. Clou hörte das Quietschen der altmodischen Scharniere schmerzhaft laut in seinem Ohr. Er drehte den Lautstärkeregler ein wenig zurück.
»Majestät«, rief die Person, die auf den König gewartet hatte. Clou vermutete, dass es sich um den Butler oder Sekretär des Königs gehandelt haben musste.
König Vandrow IV. kam jetzt in Clous Blickfeld. Der König war ein hochgewachsener Mann von etwa sechzig Jahren. Er erinnerte Clou ein wenig an Prinz Dvoria, seinem Bruder, dem Clou vor Jahren begegnet war. Im Moment wirkte Vandrow jedoch so alt und so müde, als sei er sein eigener Vater. Die turbulenten Zeiten, in denen sie lebten, hatten ihre Spuren im Gesicht des Königs hinterlassen.
»Guten Abend, Fendri. Ich dachte, ich schaue noch kurz nach der heutigen Post, ehe ich schlafen gehe. Der heutige Empfang war sehr gut, dank deiner Vorbereitung.«
Clou grinste. Jedrells Kontaktperson im Palast kannte die Tagesabläufe im Palast offenbar auf die Minute genau. Einen Moment lang fragte er sich, ob es dieser Fendri selbst gewesen war, der Jedrell mit Informationen versorgt hatte.
»Majestät, wir haben ein Problem mit Admiral Boros«, sagte Fendri und geleitete den König zu seinem Schreibtisch, in dem eine elegante Kommunikationskonsole integriert war. »Captain Delanne hat bereits den ganzen Nachmittag versucht, Sie zu erreichen.«
»Delanne?« Vandrow konnte seine Überraschung nicht vor Clou verheimlichen. »Tonya Delanne?«
Clous Mundwinkel zuckten nach oben. Er und Tonya hatten sich offenbar unauslöschlich in das Gedächtnis des kerianischen Königshauses eingebrannt. Der König hatte offenbar nicht vergessen, wem er es zu verdanken hatte, dass er seinen eigenen, in Ungnade gefallenen Bruder ins Exil hatte schicken müssen.
»Genau die, Majestät.«
»Was hat die denn mit Boros zu tun?«
Fendri rückte den Schreibtischstuhl zurecht, als der König Platz nahm. »Ich könnte mich natürlich irren, Majestät, aber ich habe es so verstanden, als sei Captain Delanne die Nachfolgerin des tödlich verunglückten Admiral Boros.«
Vandrow stieß einen Fluch aus, von dem Clou nicht gedacht hätte, dass der kerianische König ihn kennen würde, und tippte eine Nummer in die Kommunikationskonsole ein.
Clou atmete tief durch, nachdem er sich von der Überraschung erholt hatte. Das konnte ein interessanter Abend werden, dachte er belustigt.
*
Der Monitor vor Tonya erwachte flackernd zum Leben. Tonya fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare, um die widerspenstigen Strähnen in einen halbwegs ordentlichen Zustand zu bringen. Sie war allein in der Kabine, die bis vor Kurzem Admiral Boros bewohnt hatte.
Allein mit dem König, oder genauer gesagt, dessen dreidimensionalem Portrait.
»Königliche Hoheit«, Tonya salutierte förmlich, »ich danke Euch für den Rückruf. Ich bin Admiral Tonya Delanne …«
»Ich kenne Sie, Admiral«, sagte König Vandrow kühl. »Warum spreche ich mit Ihnen und nicht mit Admiral Boros?«
»Admiral Boros ist heute Abend den schweren Verletzungen erlegen, die er sich bei einer Fehlfunktion seiner Handfeuerwaffe zugezogen hat, mein König«, erklärte Tonya in einem aufrichtig betroffen klingendem Tonfall.
Vandrows Gesicht verfärbte sich. »Reden Sie weiter«, sagte er heiser.
»Kurz vor seinem bedauernswerten Ableben hat mich Admiral Boros zum Nachfolger seines Stellvertreters Admiral Varlik berufen«, fuhr Tonya fort. »In dieser Situation hielt ich es für richtig, vorläufig das Kommando über die Flotte zu übernehmen.«
»Sie haben richtig gehandelt, Admiral Delanne«, sagte der König und atmete tief durch. »Ich darf Ihnen trotz der unglücklichen Umstände zu Ihrem neuen Kommando gratulieren.«
»Danke, mein König.« Tonya schoss das Blut in die Wangen. Sie hatte es geschafft, dachte sie triumphierend, sie hatte es endlich geschafft! Sie hatte ihren alten Rang zurück und zusätzlich das Kommando über die kerianische Sternenflotte erhalten. Der König selbst hatte es ihr soeben bestätigt. Jahre der Demütigungen, der aufreibenden Fronteinsätze und der Schikanen von gehässigen Vorgesetzten waren vorbei!
Sie atmete tief durch. Feiern konnte sie später; jetzt war keine Zeit für Euphorie, ermahnte sie sich.
»Geben Sie mir einen Statusbericht, Admiral«, forderte sie der König auf. »Wie sieht es im Moment auf Bulsara
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