Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Kurioserweise spielte sich das selbe Phänomen etwa gleichzeitig auch auf Teräis, Symirus und Drobaria ab, als diese Rassen erst einander und dann den Menschen begegneten.
Was blieb, dachte Clou amüsiert, waren Ruinen. Stumme Zeugen einer untergegangenen Kultur, die selbst noch nach Jahrhunderten, wenn sie längst baufällige Ruinen waren, noch den Glanz vergangener Epochen widerspiegelten. Die viertausend Meter hohen Pyramiden der Nerna-Priester auf Teräis waren solch ein Monument oder die Tempel der Snaabn auf dem dritten Mond von Symirus II. Kleinere, aber dennoch beeindruckende Überbleibsel erloschener Religionen waren die Ruinen des Petersdoms auf der Erde sowie die Blütenmoschee auf Kerian.
Die Blütenmoschee, so genannt wegen ihres riesigen botanischen Gartens, war ein Bauwerk mit einer enormen vergoldeten Kuppel, welche in früheren Zeiten mit den Kuppeldächern des gegenüberliegenden kerianischen Königspalastes um die Wette geglitzert haben mochte. Heute waren die einstmals schneeweißen Wände grau und mit Stockflecken übersät. Die früher so prächtige Kuppel war an vielen Stellen eingestürzt, nachdem Plünderer das Blattgold vom Dach gekratzt und dabei tragendes Gemäuer beschädigt hatten. Der Aufenthalt in der Moschee selbst war aus Sicherheitsgründen verboten worden und im einstmals paradiesischen Blumengarten warteten heute Prostituierte auf Freier. Niemand, der es vermeiden konnte, wagte sich in die Nähe des alten Gemäuers und der Stadtrat hatte schon längst Pläne genehmigt, diesen Schandfleck aus dem Stadtbild zu entfernen. Irgendwo im Bauamt waren allerdings für die Durchführung dieses Beschlusses wichtige Dokumente abhandengekommen. Clou vermutete, dass ein Mitarbeiter des Bauamtes gelegentlich die Dienste der im Garten lustlos auf und ab schlendernden Freudenmädchen in Anspruch nahm und auf seinen Feierabendspaß nicht hatte verzichten wollen.
Clou hockte in einer unbequemen Stellung in der obersten Kammer des Minaretts des Blütenmoschee und verlagerte sein Gewicht. Das Gewehr drückte ihn an einer empfindlichen Stelle. Er wartete. Er sah auf die Uhr. Halb elf.
Zeit, sein Werkzeug zu justieren, dachte er. Eine Spinne lief auf der Suche nach Futter über seinen Handrücken. Er schnippte sie mit dem Daumennagel der anderen Hand fort und aus dem Fenster. Er konnte jetzt keine Ablenkung brauchen, am wenigsten durch irgendwelches krabbelndes Ungeziefer.
Das Gewehr, das ›Mad‹ Ota Jedrell ihm auf unbekannten Kanälen organisiert hatte, war das Modernste, was die kerianische Polizei ihren Scharfschützen zur Verfügung stellte. Die Waffe, die ungeladen gut fünfzehn Kilogramm wog, hatte vier Läufe. Ein Lauf verschoss konventionelle Projektile, die auch Energieschilde zu durchdringen vermochten. Clou hatte das Magazin für diesen Lauf mit Schrapnellgeschossen geladen.
Der zweite Lauf war der eines Hochleistungsblasters. Selbst auf große Entfernungen hinweg blieb der Energiestoß dieser Waffe scharf gebündelt. Waffen von vergleichbarer Stärke baute Terrkel bereits in kleinere Raumschiffe ein. Die Kühlaggregate dieses Moduls machten den Großteil des Gewichtes von Clous Waffe aus.
Der dritte Lauf war ein einfaches Laser-Zielgerät, welches einen roten Lichtpunkt auf die Stelle projizierte, die der Schütze anvisierte.
Der vierte Lauf war das Modul, das den enormen hohen Preis für diese Waffe rechtfertigte. Hierbei handelte es sich um ein leistungsfähiges Laser-Lauschgerät, dessen Kopfhörer Clou jetzt aufsetzte.
Er klappte das Dreibein des Gewehrs auf und richtete die Waffe auf den königlichen Palast, der in fünf Kilometern Entfernung am anderen Ende der Altstadt in den Nachthimmel aufragte. Clou hatte sich den ganzen Nachmittag mit den von Jedrell gestohlenen Grundrissen des Palastes vertraut gemacht und wusste, wonach er suchte.
Durch das computerunterstützte Zielfernrohr erschienen ihm die Fenster des königlichen Arbeitszimmers zum Greifen nahe. Hohe Regale, die bis zum Bersten mit Büchern und Disketten vollgestopft waren, ragten vom Boden bis zur Decke des geräumigen Büros auf. Im gedämpften Licht des Büros konnte Clou nur undeutlich eine Gestalt ausmachen, die im Zimmer auf und ab ging.
War er etwa zu spät dran? Clou kämpfte aufsteigende Panik zurück. Er schaltete mit dem Daumen das Lauschgerät ein und ein haarfeiner Laserstrahl verließ den vierten Lauf seines Gewehrs. Der Strahl traf auf die Fensterscheibe und speiste Clous Kopfhörer mit den
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