Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
dann langsam: »Ich denke, hier liegt eine vernünftige Diskussionsgrundlage auf dem Tisch. Machen wir uns an die Arbeit.«
*
Die rote Jagdmaschine verließ den Hyperraum viel zu nahe bei dem kleinen Asteroiden, auf dem die Cartier Construction Company ihr Hauptquartier hatte.
Die Geschütztürme, die die CCC vor Überraschungsangriffen schützen sollten, erwachten surrend zum Leben und richteten sich automatisch auf das torkelnde Schiff, das auf einem riskanten Kurs in viel zu hoher Geschwindigkeit heranraste. Durch den höhlenartigen Hangar im Inneren des Asteroiden schrillten Alarmsirenen.
Jetzt erst bremste das Raumschiff ab. Die Zielerfassungsgeräte der automatischen Turbolaser empfingen einen Sekundenbruchteil vor dem ersten Schuss das Kennsignal des herannahenden Schiffes. Im letzten Moment wurde der Feuerbefehl widerrufen.
Mächtige Traktorstrahlen richteten sich auf das wild bockende kleine Raumschiff. Bedingt durch seine immer noch viel zu hohe Geschwindigkeit, brach das Schiff mehrmals aus dem Fokus der Traktorstrahlen aus. Dennoch gelang es den Fluglotsen der CCC, das Schiff allmählich in Richtung des Notlandefeldes zu dirigieren.
Das Notlandefeld gehörte zum ältesten und engsten Teil des Hangars. Hier hatte Cartiers Vater vor Jahrzehnten die Firma als eine kleine Tuning-Werkstatt für Raumschiffe, Motoren und Waffen gegründet. Inzwischen war die CCC unter Raymon Alejandro Cartier deutlich gewachsen, sodass der kleine Asteroid kaum noch allen Einrichtungen und Angestellten ausreichend Platz bot.
Die Außenhülle des roten Raumschiffs war von Einschusslöchern und schwarzen Rußflecken übersät, die von einem erst kürzlich mit knapper Not entkommenen Gefecht zeugten. An mehreren Stellen klafften Risse in der Panzerung, durch die kostbare Atemluft und Kühlflüssigkeit ins Vakuum des Alls entwich.
Das Schiff wurde von den Traktorstrahlen in den Hangar gezogen. Es war noch immer zu schnell, schlug hart auf dem Notlandefeld auf und kam erst in einem stabilen Auffangnetz am Ende des Hangars funkensprühend zum Stehen. Die mächtigen Hangartüren knallten donnernd zu, während das Notlandefeld wieder unter Druck gesetzt wurde. Mit zunehmendem Luftdruck wurde auch das Plärren der Alarmsirenen lauter.
Am Heck der Jagdmaschinen loderten Flammen auf, die vom plötzlich zugeführten Sauerstoff genährt wurden. Sensoren in der Hangardecke registrierten den Brand; die Sprinkleranlage wurde aktiviert und der hintere Teil des Schiffes verschwand unter einer fauchenden, dicken Schicht schweren Löschschaums.
Alarmsirenen schrillten. Warnleuchten tauchten die Szenerie in ein gespenstisches rotes Licht. Der Pilot regte sich nicht.
*
»Skepsis«, hatte Rajennko gesagt. »Zweifel, Mutmaßungen, Andeutungen. Alles ist erlaubt. Sie wissen, was Sie zu tun haben«.
April Giohana kratzte sich am Hinterkopf und reckte sich, um die Muskeln in ihrer verspannten Schulter zu lockern. Die Worte ihres Chefredakteurs klangen ihr noch im Ohr.
Es waren aufregende vierundzwanzig Stunden gewesen auf Kerian. Der Tod des Königs hatte eine erste Panik in der Bevölkerung ausgelöst. Der Tod des Kronprinzen, der einige Stunden später bekannt gegeben worden war, hatte die Gefühle der Kerianer überkochen lassen.
»Zweifle an der offiziellen kerianischen Darstellung«, hatte Rajennko ihr eingeschärft. Das war sonst nicht seine Art; seine Anweisungen hatte er seinerseits von »ganz oben« bekommen. Wusste etwa Katachara um die wahren Hintergründe der Todesfälle? War er am Ende daran selbst beteiligt? Es gab Leute, die dem drobarianischen SNA-Chef alles zutrauten. Das Team von Reportern, die ihm direkt unterstellt waren, hatten selbst innerhalb der SNA den Spitznamen »der Geheimdienst«. Seit Kurzem gehörte ja auch Aprils Freund Nigel Faulckner dazu …
Die Schlagzeilen hatten aber nicht beim Tod der königlichen Familie aufgehört. Sensationell war auch der Zwischenfall am Raumhafen gewesen, als die Jagdmaschine eines teräischen Kopfgeldjägers namens Lev Kalanis entgegen aller Flugverbote und Notstandsgesetze gestartet war und sich über den Dächern der Hauptstadt mit der Grenzpatrouille der planetaren Verteidigungsstreitkräfte eine wilde Verfolgungsjagd geliefert hatte. Während des Gefechts waren zwei Robotfrachter und die Linienmaschine Hokata-Kerian von Querschlägern getroffen worden; die Frachter waren brennend auf dem Raumhafen gestürzt, während das Passagierschiff mit viertausend Touristen an Bord im
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