Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg

Schwäche entdeckt und ihr Timing so abgepasst, dass ihnen die Sonne bei ihrem Angriff zusätzlichen Schutz bot. Der Commodore hatte recht, die Berilaner lernten dazu.
    »Satellitenbild?« Clou drehte sich vom Fenster weg und ging zu dem Planungstisch hinüber, der in der Mitte der Gefechtszentrale stand. Auf den Tisch projizierte der Hauptcomputer der Festung jetzt ein dreidimensionales Hologramm, welches in Echtzeit mit Daten eines geostationären Beobachtungssatelliten gefüttert wurde.
    Clou betrachtete fasziniert das miniaturisierte Abbild der Hafenfestung und der herannahenden Schiffe. Dabei fiel ihm ein weiteres Detail auf. »Wie ist die augenblickliche Windstärke, Lieutenant?«
    »Eineinhalb auf der Tarsia-Skala«, meldete der Offizier, der den Wettermonitor kontrollierte.
    »Zu wenig, um die Segel zu füllen. Sie rudern also.« Clou verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn die seine Gegner rudern mussten, konnten sie nicht gleichzeitig die Waffen bedienen. Das verschaffte den Verteidigern von Tara einen entscheidenden Vorteil.
    »Unsere Katapult-Crews sollen sich bereithalten«, befahl Clou. Twayne nickte, salutierte und sprintete davon, um den Befehl weiterzugeben.
    *

    Mit einem dumpfen Knall schlug der Wurfarm des Katapults gegen den Querbalken, an dessen Enden die Sehne, die den Wurfarm zurückgespannt hatte, befestigt war. Das hölzerne Geschütz sprang dabei fast aus seiner Verankerung. Im nächsten Moment zischte das rot glühende Geschoss aus Holz und Teer pfeifend durch die Luft und zog eine dünne Rauchspur hinter sich her.
    Von den anderen Türmen der Festung wurden ebenfalls Geschosse abgefeuert, die kometengleich ihre Bahnen durch den strahlend blauen Morgenhimmel zogen. Nach wenigen Sekunden Flug regneten die tödlichen Ladungen auf die berilanische Flotte nieder.
    Das Flaggschiff der Berilaner, eine stolze Galeere mit einer zweihundertköpfigen Besatzung und drei riesigen Katapulten an Bord, konnte nicht mehr ausweichen. Zwei der Feuerbälle schlugen mittschiffs ein, ließen den Mast zersplittern und setzten Segel und Planken in Brand. Mit einem ächzenden Geräusch stürzte der Mast auf das Deck und begrub die Bordgeschütze unter sich.
    *

    »Volltreffer«, stellte Clou zufrieden fest. »Ganz hervorragend, das war das berilanische Flaggschiff.«
    »Glauben Sie, die werden aufgeben, Sir?«, fragte Twayne und reichte Clou einen Computerausdruck. Nur eines der Katapulte hatte sein Ziel verfehlt; den anderen war es gelungen, Schiffe der Angreifer zu versenken oder zumindest kampfunfähig zu machen.
    »Das würde mich sehr wundern.« Clou grinste und trank einen Schluck von seinem kalt gewordenen Kaffee. »Warum sollten sie?«
    Twayne zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Da haben Sie natürlich recht, Sir. War nur so ein Gedanke.«
    Clou nickte und sah aus dem Fenster. »Nach der zweiten Katapultsalve gehen wir in die Offensive.«
    *

    Die Speerschleudern der berilanischen Angreifer, jede einzelne eine gigantische Armbrust von nicht weniger als zehn Metern Länge, feuerten eine Salve rasiermesserscharfer Wurfspieße ab. Die Speere rasten wenige Meter über dem Meeresspiegel auf die Küste zu. Im Einsatz gegen gegnerische Schiffe wären sie verheerende Waffen gewesen; nun aber prasselten sie harmlos gegen die vernarbten, meterdicken Sandsteinmauern der Hafenfestung.
    Der Kommandant der berilanischen Flotte hatte keine weitere Gelegenheit, seine Speerschleudern erneut zum Einsatz zu bringen. Die zweite Salve der Katapulte von Tara löschte die in vorderster Front fahrenden Schiffe binnen weniger Sekunden völlig aus.
    *

    »Okay«, Clou leerte seine Kaffeetasse, »Showtime.« Er stellte die Tasse auf dem Planungstisch ab und drehte sich zu Captain Digara um, die ungeduldig neben Lieutenant Twayne auf ihren Einsatzbefehl wartete.
    »Sir, die Flotte erbittet Ihren Befehl, auslaufen zu dürfen«, sagte sie förmlich.
    Clou nickte. »Ich denke, es ist an der Zeit. Gute Jagd, Captain.«
    Captain Digara salutierte, machte auf dem Absatz kehrt und begab sich mit großen Schritten zu ihrem Waffenleitstand. Clou sah ihr einen langen Moment nach und fühlte sich zum wiederholten Male an eine andere junge Offizierin erinnert, die er einmal gekannt hatte.
    *

    Die fünf Galeeren, die langsam den Hafen von Tara verließen und die Insel mit der Festung umrundeten, bewegten sich nahezu geräuschlos. Ihre Mannschaften bedienten die Ruder mit einem präzisen Gefühl für den richtigen Rhythmus.
    Kaum hatten