Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Rauchwolke und noch immer schwelten Brände im hölzernen Rumpf. Von der
Ravenous
war hingegen nur noch die Mastspitze zu sehen; das Schiff selbst lag jetzt drei Kilometer vor der Küste auf Grund.
Die Sonne stand bereits hoch am Morgenhimmel, als die Berilaner in der Richtung, aus der sie zuvor gekommen waren, am Horizont verschwanden.
*
»Okay.« Clou drückte die Sprechtaste des Ansagesystems, dessen Mikrofon in seinen Ärmel eingenäht war. Als er weitersprach, war seine Stimme in der ganzen Hafenfestung zu hören. »Hier spricht Commodore Powers. Der Angriff ist zurückgeschlagen worden und wir schalten von Alarmstufe Rot auf Gelb zurück. Gute Arbeit, Leute!«
Der Jubel, der in der Gefechtszentrale ertönte, war fast so laut wie die quäkenden Alarmsirenen, die im gleichen Moment verstummten. Captain Digara kam mit federnden Schritten zu Clou und Lieutenant Twayne an den Planungstisch.
»Gut gemacht, Captain«, sagte Clou anerkennend.
»Danke, Sir.«
»Die Koordination Ihrer Schiffe war beispielhaft, Captain. Ich werde Sie in meinem heutigen Lagebericht lobend erwähnen.« Er grinste breit. »Wer weiß, vielleicht finden wir Ihre heutige Taktik eines Tages als Digara-Manöver in den Lehrbüchern von Tara wieder.«
Digara sah verunsichert zu Twayne hinüber. Clou verkniff sich einen Kommentar; er zählte schon nicht mehr mit, wie häufig sein Humor an der manchmal recht begrenzten Auffassungsgabe der Einheimischen scheiterte. Inzwischen verstand er auch, warum die Nachbarn auf Kerian Witze auf Kosten der »Hinterwäldler« von Tarsia machten.
»Nun gut, vergessen Sie’s.« Clou sah auf seine Uhr und auf das dreidimensionale Abbild des Hafens auf dem Planungstisch. »Zeit für meine Ansprache, hmm?«
»Jawohl, Sir. Einen Moment, Sir, ich hole Ihnen eine frische Uniform.« Twayne drehte sich um und hatte den Planungstisch schon halb umrundet, ehe Clou ihn bremsen konnte.
»Wieso, was stimmt denn nicht mit dieser hier?«
Twayne blieb verdattert stehen und deutete auf die staubbefleckte Uniform des Commodores. »Na … sie ist dreckig, Sir.«
»Und?«, fragte Clou schroff. »Dies soll doch wohl ein Krieg sein, Lieutenant, oder etwa nicht?«
»Nun ja … sicher, Sir.« Twayne zuckte hilflos mit den Achseln. Er hatte es doch nur gut gemeint mit seinem Vorgesetzten und verstand nicht, warum dieser ihn nun tadelte. »Ich dachte nur, Sie wollten vielleicht nicht mit der schmutzigen Uniform vor die Bürger von Tara treten, Sir.«
»Überlassen Sie mein Aussehen mir, Lieutenant.« Clou ging ohne ein weiteres Wort an dem jungen Offizier vorbei, nahm von seiner Ordonnanz ein Clipboard mit den Statistiken des heutigen Tages entgegen und verließ die Gefechtszentrale.
»Machen Sie sich nichts daraus, Twayne«, sagte Digara und legte dem Lieutenant eine Hand auf die Schulter. »Der Commodore ist eben ein richtiger Soldat.«
*
Clou warf einen prüfenden Blick auf das Clipboard, während er die enge steinerne Wendeltreppe hinaufstieg, die zum Dach des Hauptturmes führte. Über das digitale Display des elektronischen Notizbuchs scrollten Zahlenkolonnen, welche die Effizienz der Hafenverteidigung in einem sehr guten Licht erscheinen ließen. Clou tippte mit dem Zeigefinger auf ein Feld am unteren Bildschirmrand und eine weitere Spalte erschien in der Tabelle. Die dort aufgelisteten Werte lagen deutlich unter den heutigen Daten. Die Ergebnisse seines Vorgängers auf diesem Posten, dachte Clou mit einem verächtlichen Schnauben. Es grenzte an ein Wunder, dass die Festung überhaupt noch stand. Die Resultate, die der frühere Commodore abgeliefert hatte, waren eine Beleidigung für jeden kommandieren Offizier der Galaxis. Unter Clous Kommando war die Leistungsfähigkeit der Tarsianer fast auf das Niveau der kerianischen Raumstreitkräfte gestiegen, dachte Clou und lächelte spöttisch. Noch ein paar Jahre mit ihm als Commodore und aus den Leuten hier würden noch so etwas wie richtige Soldaten werden.
Clou machte eine kurze Pause auf dem vorletzten Treppenabsatz; hier befand sich eine winzige Toilette, die er aufsuchte, um sich kurz im Handwaschbecken den Staub aus dem Gesicht zu waschen.
Alt bist du geworden,
dachte er, als er sein Gesicht im Spiegel über dem Bassin betrachtete. Die Falten um die Augenwinkel; die grauen Strähnen, die seine dunkelblonden Haare und den kurzen Bart durchzogen.
Die meisten Männer in dieser Branche werden gar nicht erst so alt.
Er trocknete sich die Hände an dem schmuddeligen
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