Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
die Ereignisse des Tages. Zuerst die Explosion hinter dem Lagerschuppen, bei der Sheriff Derek in die Luft gesprengt worden war. Dann Dacks erfolglose Suche nach den Außenseitern und zuletzt schließlich das, was den Fischerbooten draußen auf dem Meer widerfahren war.
Ishmael spitzte die Ohren.
»Rourke und Rogers hat’s erwischt«, sagte einer der Gäste, den Ishmael als Traer Boone identifizieren konnte. Traer Boone gehörte zum näheren Umfeld der Person, die als ›Subjekt G‹ im Zentrum der Observierungen stand. Was Ishmael beunruhigte, war die Tatsache, dass die Fischer namens Rourke und Rogers nach seinen Informationen zu der Besatzung des Bootes von ›Subjekt G‹ gehörten. Wenn die beiden tot waren und ein Kutter nicht zurückgekehrt war …
»Hat jemand was von Denham gehört?«, fragte Anjon Pram.
»Ist noch im Krankenhaus, bei meinem Vater«, sagte Boone achselzuckend. »Zusammen mit dieser Fremden, die vom Himmel gefallen ist.«
»War sie wenigstens hübsch?«, fragte Ishmael und erntete ein paar Lacher. Boone drehte sich zu ihm um und Ishmael ahnte, dass er die Aufmerksamkeit des Falschen auf sich gelenkt hatte.
»Was soll die Frage? Du warst doch …«, er stutzte, »du warst nicht mit uns draußen. Kennen wir uns überhaupt?«
»Lass ihn in Ruhe, Traer«, sagte Anjon Pram beschwichtigend, »der ist aus der Stadt, ich hab ihn schon mal hier gesehen.«
Ishmael atmete innerlich auf und prostete dem Wirt freundlich zu. »Nur auf der Durchreise«, sagte er ausweichend, »wie immer.«
»Erzähl von der Fremden, Traer«, forderte ein anderer Fischer auf.
Boone trank einen Schluck aus seinem Weinglas und grinste breit. »Die Fremde, die vom Himmel gefallen ist? Sie war ganz hübsch«, sagte er und lachte, »aber als ich sie aus dem Wasser zog, hatte sie sich gerade vollgekotzt. Nicht gerade schön, so bei der ersten Verabredung, was?«
»Ist doch klar, Traer, sie hat dich gesehen. Das hat dann gereicht«, grölte ein Betrunkener.
Ishmael trank sein Bier aus und ging. Er hatte erfahren, was er wissen wollte.
*
Faulckners Aufnahmegerät, das er geschickt unter seiner ausgefransten Kleidung verborgen hatte, zeichnete im Moment nur Geräusche und Gerüche auf, keine Bilder. Der Reporter wagte selbst bei Nacht nicht, seine Kamera hervorzuholen. Es brannten zu viele Fackeln und Laternen, und wenn jemand das fortschrittliche Gerät entdeckt hätte, wäre viel zu erklären gewesen.
Er hatte sich in dem Pulk von Leuten bis an ein Fenster des Krankenhauses vorgedrängelt, durch das man in das Behandlungszimmer des Arztes sehen konnte. Faulckner erkannte den Roboter Dack, der in ein Gespräch mit einem verletzten Fischer und einer jungen, dunkelhaarigen Frau vertieft war.
»Gibt’s hier was umsonst?«, fragte eine Stimme in seinem Ohr. Faulckner drehte sich um und bemerkte, dass Ishmael direkt hinter ihm stand.
»Der Sheriff verhört die Überlebenden des Unfalls«, sagte er und bemühte sich, in der Wahl seiner Worte unter den Einheimischen nicht aufzufallen.
»Kommen Sie«, sagte Ishmael nach einem kurzen Blick durch das Fenster. »Wir müssen …«
»Wir müssen?«, raunte Faulckner zurück. Er drehte sich wieder zu Ishmael um und sah, dass das Gesicht des truskonischen Agenten fahl geworden war. Faulckner folgte dem Blick Ishmaels und stellte fest, dass er wie gebannt eine junge Frau anstarrte, die neben dem Sheriff stand und salutierte.
Faulckner blinzelte überrascht. »Woher kommt denn …?«
Ishmael stieß ihn in die Rippen und Faulckner verstummte. »Gehen wir!«
*
»Wie schön, dass Sie wieder bei Bewusstsein sind«, sagte Dack und half der jungen Frau beim Aufstehen.
Tonya schüttelte benommen den Kopf. Sie atmete tief ein und aus, dann hatte sie sich so weit unter Kontrolle, dass sie wieder förmlich salutieren konnte.
»Captain Tonya Delanne von der königlichen kerianischen Marine, Dienstnummer 33857-TD.«
»Dack CD-1A, Sheriff von Bulsara.« Dack erwiderte ihren militärischen Gruß präzise.
Tonya überlegte einen Moment. Sie wusste nicht, was sie als Nächstes sagen sollte. Im Falle einer Gefangennahme war sie angewiesen worden, nur ihren Namen, ihren Rang und ihre Dienstnummer zu verraten. Jegliche andere Aussage zu ihrer Person war ihr untersagt, wenn sie nicht als Verräterin vors Kriegsgericht gestellt werden wollte. Mal wieder …
»Bin ich Ihre Gefangene?«, fragte sie.
Dack schüttelte den Kopf. »Ich unterstelle, dass Sie den Kutter nicht absichtlich
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