Gallaghers Tochter (German Edition)
enttäuscht noch überrascht. Im Gegenteil, Katachara war darauf bedacht gewesen, die Diskussion immer wieder auf wunde Punkte zu lenken, die den Streit neu entfachten. Dabei war der ganze Hintergrund eigentlich belanglos; die Regierung der Erde warf Katachara und seiner Galaktischen Allianz vor, eine Expansion in Richtung des irdischen Sonnensystems anzustreben. Konsequenterweise war zuerst der Warenverkehr mit dem Territorium der Allianz hohen Strafzöllen unterworfen worden, ehe dann Staatsangehörige der Allianz, welche sich auf Welten der Erdregierung aufgehalten hatten, unter Spionageverdacht verhaftet oder ausgewiesen worden waren.
Zugegeben, ganz unberechtigt waren die Befürchtungen der Erde nicht, dachte Katachara schmunzelnd, doch eine unmittelbare Gefahr bestand eigentlich nicht. Es gab innerhalb der Galaktischen Allianz noch viel zu viel zu tun; die alten Reiche Drobaria, Kerian und Symirus, welche heute als Primwelt D, Primwelt K und Primwelt S die tragenden Säulen der Galaktischen Allianz ausmachten, wiesen Hunderte regionale Unterschiede und Besonderheiten auf, welche wirtschaftlich und politisch erst auf einen Nenner gebracht werden mussten, ehe an eine weitere Expansion überhaupt zu denken war. In den ersten zehn Jahren ihres Bestehens hatte die Allianz dabei kaum Fortschritte gemacht. Erst in der zweiten Dekade hatte es für die Bewohner der betroffenen Welten eine spürbare Entwicklung gegeben. Eine Annexion der Erde und der von ihr verwalteten Planeten war bislang kein dringendes Thema auf Katacharas Agenda gewesen, solange die Galaktische Allianz noch in der Konsolidierungsphase war.
Nun aber hatten sich die Rahmenbedingungen geändert; die Erdregierung hatte zunächst die Reisefreiheit der Botschaftsangestellten der Allianz eingeschränkt und dann die Diplomaten summarisch abgeschoben. Einen derartigen Affront konnte Katachara selbstverständlich nicht tolerieren, ohne vor seinem eigenen Volk das Gesicht zu verlieren. So hatte er die Diplomaten der Erdregierung zu sich zitiert und ihnen mehr oder weniger unverblümt zu verstehen gegeben, dass er militärische Schritte in Betracht ziehen würde, sofern die Erde nicht den ersten Schritt zur Wiederherstellung gutnachbarschaftlicher Beziehungen machte.
»Nach Hause, Sir?«, fragte der Chauffeur und schreckte Katachara aus seinen Gedanken.
»Sicher, sicher.« Der Drobarianer machte eine ungeduldige Handbewegung. »Fahren Sie schon los.«
In der Rückenlehne des Fahrersitzes war eine Kommunikationskonsole eingelassen worden, auf deren Bildschirm die Nachrichten erschienen, welche im Laufe des Tages für Katachara eingegangen waren. Der Drobarianer überflog nur müde die Überschriften und rief nur von wenigen Mitteilungen die Details auf, ehe er sie löschte.
Ein Memo zog seine Aufmerksamkeit auf sich; Iljic Rajennko hatte ihn wissen lassen, dass der Fall Gallagher inzwischen endgültig erledigt war. Allerdings fühlte sich Rajennko sich nicht besonders gut, sodass er seine Rückkehr nach Primwelt K um ein paar Tage verschieben musste. Da er sich ohnehin in einer Privatklinik aufhielt, wollte er seine Zeit dort nutzen, um sich auszukurieren. Von mir aus, dachte Katachara, und löschte die Mail, ohne einen weiteren Gedanken an Rajennko zu verschwenden.
Und was Gallagher betraf …
Katachara blickte nachdenklich aus dem Seitenfenster auf die nächtlich beleuchtete Skyline der kerianischen Hauptstadt. Hier, auf eben diesem Planeten, war so viel passiert … Gallagher hatte zweifelsfrei seine Spuren in der Geschichte dieser Welt hinterlassen. Und jetzt fegte man seine Asche vielleicht schon aus irgendeinem schmuddeligen Krematorium in den Grassteppen von Primwelt T. Nun, es war auf jeden Fall besser so; zwar hatte Katachara damals ernsthaft erwogen, Gallagher nach einigen Jahren zu reanimieren und ihn zu demütigen, aber im Laufe der Zeit hatte der Drobarianer seinen einstigen Widersacher so gut wie vergessen. Aber in diesen Zeiten, in denen sich plötzlich alle Welt wieder für Gallagher zu interessieren schien, war es besser, einen Schlussstrich unter die Affäre zu ziehen, ehe jemand noch auf dumme Gedanken kam.
Besser und sicherer, fügte Katachara in Gedanken hinzu.
*
»Er ist sechsundsechzig Jahre alt«, sagte Eva Paneema und betonte dabei jede Silbe.
»Aber er scheint immer noch … Mitte vierzig zu sein«, entgegnete Rajennko achselzuckend. Er und die Ärztin standen hinter einer
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