Gallaghers Tod
Sie sind …?«
»Thomas Rusch. Und ja, ich kann mich noch recht gut an Jerôme Lassalle erinnern. Zuverlässiger Mann, immer korrekt, immer sorgfältig. Schade, dass er nur als Halbtagskraft hier arbeiten wollte.«
»Wollte?«, hakte Spencer nach.
»Ja.« Rusch zuckte mit den Schultern. »Wir waren sehr zufrieden mit ihm und hatten ihm mehrfach angeboten, ihn fest anzustellen. Er hätte sogar im Rahmen seiner Möglichkeiten die Chance gehabt, im Konzern Karriere zu machen. Er war nicht dumm, wissen Sie? Kannte sich bestens mit Computern aus und hat mir auch sehr geholfen, als wir damals die neue Version unseres Warenwirtschaftssystems eingeführt hatten. Aber er hat alle Angebote kategorisch abgelehnt. Sagte, er wäre zufrieden mit seinem Halbtagsjob. Verrückt, wenn Sie mich fragen, Mister Spencer.«
Rossini machte einen Vermerk auf seinem Pad. »Ist Ihnen sonst etwas aufgefallen? Ist vielleicht in der Zeit, als Lassalle bei Ihnen arbeitete, etwas abhandengekommen? Etwas aus dem Lager verschwunden?«
Rusch sah unschlüssig von einem zum anderen. »Sie sagen das jetzt nicht Mister Cartier, oder?«
Spencer verschränkte die Arme vor der Brust. »Kann ich nicht versprechen. Lassen Sie mal hören.«
»Also schön.« Rusch hob resignierend die Hände. »Wir hatten damals immer wieder mal kleinere Ungenauigkeiten in den Lagerbeständen, die sich niemand erklären konnte. Laut Datenbank hätte mehr da sein sollen, als wir tatsächlich in den Regalen hatten.«
Rossini sah auf. »Und weiter?«
»Nun, was soll ich sagen … Mister Lassalle war so freundlich, die Bestände in der Inventurliste an die Realität anzupassen, damit wir bei der Umstellung auf die neue Software-Version nicht irgendwelche veralteten Datensätze mit hinüberschleppen würden.«
»Er hat was?«, platzte Spencer heraus.
»Er hat die Inventur frisiert«, folgerte Rossini. »Er hat Waren aus dem Lager entnommen und anschließend die Datenbank so umgeschrieben, dass niemand mehr den Fehlbestand bemerken konnte.«
»Nun ja …« Rusch sah betreten zu Boden.
Spencer zwang sich zur Ruhe. »Was waren das für Ungenauigkeiten, Mister Rusch? Was genau hat gefehlt?«
»Tralenal R.«
Spencer und Rossini wechselten stumm einen Blick, in dem sich blankes Entsetzen spiegelte.
»Es waren aber wirklich nur ein paar Gramm«, beeilte Rusch sich zu sagen.
Spencer schob seinen Hut in den Nacken und massierte sich mit spitzen Fingern die Stirn. »Der flüchtige Mörder des Generaldirektors der Galaktischen Allianz, von dem wir annehmen müssen, dass er sich auf einem Ein-Mann-Kreuzzug gegen die Regierung befindet, ist aller Wahrscheinlichkeit nach im Besitz von ein paar Gramm des gefährlichsten Sprengstoffs, den es überhaupt gibt. Habe ich das jetzt richtig zusammengefasst, Constable?«
»Ich fürchte ja, Sir.«
Der Inspector warf Rusch einen vernichtenden Blick zu. Der Schichtführer wäre am liebsten im Boden versunken, und Spencer hätte ihm nur zu gerne dabei geholfen. »Dann wollen wir mal. Wir müssen jetzt nur noch herausfinden, welche von Gufod Neems siebenunddreißig Tarnexistenzen die Gelegenheit gehabt haben könnte, den Sprengstoff irgendwo unterzubringen, wo er Schaden anrichten kann.«
»Öffentliche Gebäude«, schlug Rossini hilfsbereit vor. »Schulen, Bahnhöfe, Raumhäfen, Krankenhäuser, Restaurants …«
»Genau. Vielen herzlichen Dank, Mister Rusch«, sagte Spencer säuerlich, »Sie waren uns eine große Hilfe.«
»… oder das Regierungsviertel!«, rief Rossini.
*
Das Regierungsshuttle setzte auf dem regennassen Landefeld im Innenhof des Präsidentenpalastes auf. Raymon Alejandro Cartier gähnte herzhaft und streckte seine verkrampften Muskeln. Der Flug von Symirus III nach Kerian war ohnehin nicht gerade seine Lieblingsstrecke, aber die schlechten Nachrichten, die ihn unterwegs erreicht hatten, waren Anlass genug gewesen, seine Laune in ungeahnte Tiefen fallen zu lassen.
Nnallne war tot.
Das machte ihn, der im Kabinett der Galaktischen Allianz den Ressorts Wirtschaft und Innere Angelegenheiten vorstand, über Nacht zum Ersten Mann im Staat. Im wahrsten Sinne des Wortes.
»Danke, Arturo.« Er klopfte dem Shuttlepiloten aufmunternd auf die Schulter, als dieser ihm die Ausstiegsluke öffnete. Ein Butler eilte ihm mit einem Schirm entgegen, um ihm den Gang durch den strömenden Regen erträglicher zu machen. Cartier seufzte, als er auf die Uhr sah. Drei Uhr morgens. Er würde in dieser Nacht wenig Schlaf bekommen.
Irgendwo
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