Gallaghers Tod
Fliegeroverall zu dem Termin mit der Unternehmerin gegangen zu sein, denn damit wäre sie in dieser Gesellschaft definitiv aufgefallen – und wenn sie eines im Leben gelernt hatte, dann die Tatsache, dass sie besser damit fuhr, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Die beiden Frauen wurden von einem Kellner zu ihrem Tisch geführt. Durch das große Panoramafenster bot sich ihnen ein großartiger Blick auf das hell erleuchtete nächtliche Regierungsviertel. Die Aussicht wäre noch schöner gewesen, wenn nicht der Regen ohne Unterlass an die Scheiben getrommelt hätte.
»Die Küche hier ist ziemlich gut«, verriet Claire.
Rebecca studierte die Speisekarte. »Woher kennen Sie eigentlich Armand Cartier?«
»Sie werden lachen, eigentlich kenne ich ihn gar nicht. Meine Mutter und mein Stiefvater haben früher für Raymon Alejandro Cartier gearbeitet. Dass wir beide beruflich miteinander zu tun haben, hat sich eher zufällig ergeben. Persönlich begegnet sind wir uns bisher noch nie.« Claire zuckte mit den Schultern. »Und angesichts unserer jeweiligen Familiengeschichte ist das vielleicht auch besser so.«
»Da könnten Sie recht haben«, stimmte Rebecca ihr zu. Mit der Belastung durch eine skandalumrankte Familiengeschichte kannte sie sich bestens aus; sie begriff nur zu gut, was ihre Gastgeberin meinte.
Claire klappte die Speisekarte zu und legte sie beiseite. Dann lehnte sie sich zu Rebecca herüber und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Oha! Hoher Besuch!«
Rebecca warf unauffällig einen Blick in die Richtung, in die Claire sah. Dann verstand sie deren Überraschung: Niemand Geringerer als der amtierende Generaldirektor der Galaktischen Allianz hatte soeben das Restaurant betreten. Sie kannte Nnallne nur aus den Medien und hatte nur einmal kurz mit ihm gesprochen – vor zwei Jahren, als sie zu einem Söldnerteam gehört hatte, das von dem damaligen symirusischen Senator Nnallne angeheuert worden war.
Nnallnes Bodyguards nahmen unauffällig in der Nähe des Eingangs ihre Position ein, während er allein zu einem Einzeltisch geführt wurde, der im rückwärtigen Teil der Brasserie lag. Vermutlich irgendein ruhiges Separee, wo er seine Ruhe hatte, vermutete Rebecca.
»Erstaunlich, dass sich der Regierungschef an so einen öffentlichen Ort begibt, um zu essen«, bemerkte Rebecca.
»Das macht er extra«, winkte Claire ab, »um anders zu sein als sein Amtsvorgänger Katachara. Der hat bekanntlich alles hinter verschlossenen Türen erledigt.«
»Aha.«
»Und außerdem sagt man, er sei süchtig nach den Steaks hier.«
Rebecca grinste. »Wenn das eine Empfehlung ist, steht meine Wahl fest.«
»Mein Ex-Mann hat das hier jedenfalls auch immer bestellt. Es gibt nichts –«
Claire kam nicht dazu, ihren Gedanken auszusprechen. Im Eingangsbereich der Brasserie fielen zwei Schüsse, und im nächsten Moment brach ein Tumult aus. Einige Gäste sprangen in Panik auf und wurden von weiteren Schüssen niedergestreckt, andere gingen unter den Tischen und hinter Möbeln in Deckung.
»Unten bleiben!«, rief Rebecca ihrer Begleiterin zu. Sie selbst sprintete in geduckter Haltung los, um sich ein besseres Bild von der Situation zu machen. Dass sie gerade Zeuginnen eines Attentats wurden, daran bestand kein Zweifel – aber was zur Hölle war eigentlich los?
Von einer Sekunde zur nächsten war das vornehme Restaurant zu einem Vorhof der Hölle geworden, in dem Flüchtende, Verwundete und Sterbende durcheinanderschrien. Am Eingang sah sie die beiden Leibwächter des Regierungschefs leblos am Boden liegen. Ihnen hatten die ersten beiden Schüsse gegolten. Rebecca schluckte; das konnte nur bedeuten, dass der oder die Attentäter nun auf dem Weg zu Generaldirektor Nnallne waren. Ohne über die möglichen Konsequenzen nachzudenken, beschloss sie einzugreifen. Sie konnte nicht zulassen, dass ihm etwas geschah. Sie bahnte sich einen Weg durch die panisch durcheinanderlaufenden Gäste und nahm einem der Bodyguards seine Waffe ab, dann rannte sie in die Richtung, in der sie Nnallne hatte verschwinden sehen. Hoffentlich kam sie noch rechtzeitig …
Sie hörte erneut Schüsse und wusste, dass sie zu spät kam. Wer auch immer es auf Nnallne abgesehen hatte – er musste ihn gefunden haben.
Dann traf sie etwas an der Stirn, und sie verlor das Bewusstsein.
Kapitel 4
Der Royalist
Rebecca erwachte mit dröhnenden Kopfschmerzen. Sie wusste nicht, wie lange sie ohnmächtig gewesen war, aber da sie sich immer noch
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