Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
Natur, 3. Langweilige Existenz, 4. Leeres Nirwana, ob ihr’s glaubt oder nicht.» Oder ich schrieb an langweiligen Nachmittagen, wenn es weder Buddhismus noch Dichtung, noch Wein, noch Einsamkeit, noch Basketball gelang, mein träges, aber aufrichtiges Fleisch zu fesseln:
«Nichts zu tun als auszuruh’n und nichts zu tun. Stimmung sauer! Praktisch Trauer!»
Eines Nachmittags beobachtete ich ein paar Enten, und es war Sonntag, und die ekstatischen Prediger schrien im Rundfunk von Carolina, und ich schrieb: «Stell dir vor, alle lebenden und sterbenden Würmer und die Enten, die sie fressen, werden in Ewigkeit gesegnet … da hast du deine Sonntagspredigt.» In einem Traum hörte ich die Worte: «Schmerz, ’s ist nur ein Schnaufer der Konkubine.» Aber bei Shakespeare würde es heißen: «Gar frostig, meiner Treu, klingt’s, was du sagtest.»
Dann plötzlich, eines Nachts nach dem Abendbrot, als ich in der kalten, windigen Dunkelheit des Hofes auf und ab ging, fühlte ich mich unheimlich deprimiert und warf mich zu Boden und weinte: «Ich werde sterben!», weil es sonst in der kalten Einsamkeit dieser rauen, unwirtlichen Erde nichts zu tun gab, und sofort war die zarte Wonne der Erleuchtung wie Milch in meinen Augenlidern, und mir war warm. Und mir wurde offenbar, dass dies die Wahrheit war, die Rosie jetzt kannte und all die Toten, mein toter Vater und toter Bruder und meine toten Onkel und Vettern und Tanten, die Wahrheit, die in den Gebeinen eines toten Menschen spürbar ist und die jenseits ist vom Baum Buddhas ebenso wie vom Kreuze Jesu. Glaube , dass die Welt eine ätherische Blume ist, und du lebst. Ich wusste dies! Ich wusste auch, dass ich der schlechteste Gammler der Welt war. Das diamantene Licht war in meinen Augen.
Mein Kater miaute am Eisschrank, neugierig, was all diese freudige Aufregung zu bedeuten hatte. Ich gab ihm was zu fressen.
20. Kapitel
Nach einer Weile begannen meine Meditationen und Studien Früchte zu tragen. Ende Januar fing es richtig an; in einer frostigen Nacht im Wald in der Totenstille schien es fast, als ob ich wirklich hörte, wie die Worte gesagt wurden: «Alles ist in Ordnung für immer und für immer und für immer.» Mir entfuhr ein lautes Juhu, ein Uhr morgens, die Hunde sprangen auf und jubelten. Ich hatte Lust, es den Sternen zuzurufen. Ich faltete die Hände und betete: «O weiser und erhabener Geist der Erweckung, alles ist in Ordnung für immer und für immer und für immer und danke danke danke Amen.» Was ging mich der Geisterturm an und Samen und Gebeine und Staub, ich fühlte mich frei, und daher war ich frei.
Ich hatte plötzlich das Bedürfnis, an Warren Coughlin zu schreiben, der mich in Gedanken sehr beschäftigte, nun, da ich mich daran erinnerte, wie bescheiden und ruhig er immer war, während ich selbst und Alvah und Japhy eitel herumschrien: «Ja, Coughlin, es ist eine glänzende Jetztheit, und wir haben es geschafft, haben Amerika wie eine glänzende Decke in jenes lichtere Schon getragen, das nirgendwo ist.»
Im Februar wurde es allmählich wärmer, und der Boden taute schon etwas auf, und die Nächte im Wald waren milder, das Schlafen auf der Veranda angenehmer. Die Sterne schienen am Himmel nass zu werden, größer. Unter den Sternen döste ich mit gekreuzten Beinen unter meinem Baum, und in meinem Halbschlaf sagte ich: «Moab? Wer ist Moab?», und ich wachte auf mit einer Klette in der Hand, einer Baumwollklette aus dem Fell eines der Hunde. Wach, machte ich mir Gedanken wie: ‹Es ist alles dasselbe in verschiedenen Erscheinungsformen, meine Schläfrigkeit, die Klette, Moab, alles ein vergänglicher Traum. Alles gehört zu derselben Leere, gelobt sei sie!› Dann ließ ich mir diese Worte durch den Sinn gehen, um mich zu üben: ‹Ich bin die Leere, ich bin nichts anderes als die Leere, noch ist die Leere etwas anderes als ich.› Da war eine Wasserpfütze, in der ein Stern glänzte, ich spuckte in die Pfütze, der Stern war verwischt, ich sagte: «Dieser Stern ist wirklich?»
Ich war mir wohl bewusst, dass ich nach diesen mitternächtlichen Meditationen an ein gutes, warmes Feuer zurückkehren konnte, mit dem mich freundlicherweise mein Schwager versorgte, dem es allmählich ein wenig über war, dass ich rumlungerte und nicht arbeitete. Einmal zitierte ich ihm irgendeine Stelle, die davon handelte, wie man durch Leiden wächst, er sagte: «Wenn man durch Leiden wächst, müsste ich inzwischen so groß wie die Hauswand sein.»
Wenn ich in
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