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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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und immer buttergelber wurde, doch als ich mich schlafen legte, war er hell wie eine Lampe, und ich musste mein Gesicht wegdrehen, um zu schlafen. Nach meiner Gewohnheit, jeder kleinen Stelle einen persönlichen Namen zu geben, nannte ich diese Stelle «Apachenschlucht». Ich schlief ausgezeichnet.
    Am Morgen entdeckte ich im Sand die Spur einer Klapperschlange, aber sie hätte vom vorigen Sommer sein können. Es waren nur sehr wenige Stiefelabdrücke da, und das waren Jägerstiefel. Der Himmel war makellos blau am Morgen, die Sonne heiß, trockenes Kleinholz in Mengen, um ein Frühstücksfeuer anzuzünden. Ich hatte Dosen mit Schweinefleisch und Bohnen in meinem geräumigen Rucksack. Ich frühstückte königlich. Das Problem jedoch war jetzt Wasser, da ich alles ausgetrunken hatte und die Sonne heiß war und ich durstig wurde. Ich stieg das Bachbett weiter hinauf, um es weiter zu erkunden, und kam bis an sein Ende, eine massive Felswand, und an deren Fuß noch tieferer, weicherer Sand als der von der vorigen Nacht. Ich beschloss, dort zu übernachten, nach einem angenehmen Tagesaufenthalt im alten Juárez, wo ich mich an der Kirche und den Straßen und den Speisen Mexikos ergötzen wollte. Eine Zeitlang erwog ich, meinen Rucksack zwischen Felsen versteckt zu lassen, aber es war zwar unwahrscheinlich, doch möglich, dass irgendein alter Hobo oder Jäger vorbeikommen und ihn finden würde, darum hievte ich ihn auf den Rücken und ging das Bachbett wieder hinab zu den Schienen und wanderte fünf Kilometer nach El Paso rein und ließ den Sack für fünfundzwanzig Cents in einem Schließfach im Bahnhof. Dann wanderte ich durch die Stadt und raus zur Grenzschranke und überschritt die Grenze für zwei Pennys.
    Es sollte ein irrer Tag werden, obgleich er recht vernünftig anfing in der Kirche Maria Guadaloupe und mit einem Spaziergang auf dem Indianermarkt und Rast auf Parkbänken zwischen den fröhlichen, kindlichen Mexikanern, aber später die Bars und ein paar zu viel zu trinken, und ich schrie alte, schnurrbärtige mexikanische Peons an: «Todass las granas de arena del desierto de Chihuahua son vacuidad!», und schließlich lief ich einem Haufen übler mexikanischer Apachen in die Arme, die mich in ihre Steinbehausung mitnahmen, wo das Wasser von den Wänden tropfte und wo sie mir bei Kerzenlicht Marihuana zu rauchen gaben; dann luden sie auch ihre Freunde ein, und dann sah ich nur noch die Umrisse von Köpfen bei Kerzenlicht und Rauch. Ich wurde des Ganzen überdrüssig und dachte an meine vollkommene, weiße Sandschlucht und an den Ort, wo ich heute Nacht schlafen würde, und entschuldigte mich. Aber sie wollten mich nicht gehen lassen. Einer von ihnen stahl ein paar Sachen aus meinem Einkaufsbeutel, aber mir war es egal. Einer der mexikanischen Jungen war schwul und hatte sich in mich verliebt und wollte mit mir nach Kalifornien. Es war jetzt Nacht in Juárez; alle Nachtlokale hatten Hochbetrieb. Wir gingen auf ein kleines Bier in ein Nachtlokal, in dem ausschließlich farbige Soldaten waren, auf deren Schößen sich Señoritas räkelten, eine wilde Bar, mit Rock and Roll in der Musikbox, ein rechtes Paradies. Der mexikanische Knabe wollte, dass ich in den Seitenstraßen auf und ab ging und «Ssst» machte und amerikanischen Jungs sagte, ich wüsste, wo es ein paar Mädchen gibt. «Dann bringe ich sie auf mein Zimmer, sst, keine Mädchen !», sagte der mexikanische Knabe. Ich konnte ihn erst an der Grenzschranke abschütteln. Wir winkten uns auf Wiedersehen zu. Aber es war die sündige Stadt, und auf mich wartete meine keusche Wüste.
    Ich wanderte eilig über die Grenze und durch El Paso und raus zum Bahnhof, holte meinen Rucksack ab, stieß einen tiefen Seufzer aus und ging auf geradem Wege die fünf Kilometer bis zum Bachbett, das im Mondschein leicht wiederzufinden war, und hinauf, wobei meine Füße das einsame Tapp Tapp von Japhys Stiefeln machten, und ich erkannte, dass ich in der Tat von Japhy gelernt hatte, die Übel der Welt und der Stadt abzuwerfen und meine wahre, reine Seele zu finden, Hauptsache war bloß, ich hatte noch einen anständigen Rucksack auf dem Rücken. Ich kam zu meinem Lager zurück und breitete den Schlafsack aus und dankte dem Herrn für alles, das Er mir gab. Nun war die Erinnerung an den langen, bösen Nachmittag, den ich marihuanarauchend in einem muffigen, kerzenbeleuchteten Zimmer mit Mexikanern in schrägen Hüten verbracht hatte, wie ein Traum, ein schlimmer Traum, wie einer

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