Ganz die Deine
Buenos Aires. Da es sich um einen künstlich angelegten See mit bloß je einem Zu- bzw. Ablauf handelt, dürfte die Durchführung der Untersuchung keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten. Ausgangspunkt war logischerweise der Bereich, der auf der anonymen Skizze, die bei der Polizei eingegangen war, als ungefährer Lageort des Leichnams gekennzeichnet ist. Innerhalb dieses Bereichs befindet sich zudem auch die von dem Taxifahrer Juan Migrelli angegebene Stelle (siehe dessen Aussageprotokoll). Fachleute haben allerdings darauf hingewiesen, dass sich Probleme aus dem Umstand ergeben könnten, dass in dem Gewässer starker Algenbewuchs zu verzeichnen ist. Unter normalen Umständen ist damit zu rechnen, dass ein abgesunkener Leichnam nach einigen Tagen aufgrund von Gasentwicklung in seinem Inneren an die Oberfläche getragen wird. Sollte es sich bei dem Leichnam tatsächlich um den Körper der vermissten Alicia Soria handeln, wäre diese Zeitspanne natürlich längst überschritten, was die Vermutung, der Leichnam könne durch Algen zurückgehalten werden, umso wahrscheinlicher macht.
Ipanema hat für den Rest Brasiliens, ja für die ganze Welt Vorbildfunktion: Hier wagte sich zum ersten Mal eine Schwangere im Bikini an den Strand, hier badete die erste Frau unbekümmert »oben ohne«, und hier wurde der begeistert staunenden Öffentlichkeit der erste Stringtanga vorgestellt.
Den ganzen Tag über waren Taucher einer Sonderrettungseinheit (SRE) der Bundespolizei im Einsatz. Die Arbeiten begannen morgens um Viertel nach sieben und wurden bis zum Einbruch der Dunkelheit fortgesetzt. Dabei wurde ein Seil über den See gespannt und schrittweise um je einen Meter verschoben: Auf diese Weise konnte die Bodenfläche systematisch abgesucht werden. »Die einzig sichere Methode, um zu gewährleisten, dass uns nichts entgeht«, wie Einsatzleiter Fermin Lemos erklärte. Die Taucher setzen bei der Arbeit eine Unterwasserkamera ein, deren Bilder auf zwei Monitoren übertragen werden. Bis zum Abbruch des Einsatzes um 19.10 Uhr waren jedoch einzig und allein Algen und andere Gewächse auf den Bildschirmen zu erkennen. Die Taucher sind folglich in erster Linie auf ihren Tastsinn angewiesen. Sie bewegen sich unter Wasser aufrecht gehend voran, strecken seitlich die Arme aus und suchen die Umgebung ab. Um nicht an die Wasserfläche empor getragen zu werden, haben sie sich Gewichte von je 1,5 Kilogramm umgehängt. Des Weiteren verfugen sie über ein »Rettungsseil«, das mit dem einen Ende am Begleitboot befestigt ist: Sobald ein wie auch immer geartetes Problem auftritt, können sie durch Ziehen an dem Seil signalisieren, dass sie an die Oberfläche gezogen werden wollen – so geschehen beispielsweise am späten Nachmittag, als sich einer der Taucher an den Resten eines untergegangenen Kajaks verletzt hatte (siehe Sondermeldung). Die Taucher arbeiten in Zweiergruppen, die alle fünfundvierzig Minuten abgelöst werden. Nach jedem Einsatz ist eine Ruhepause von neunzig Minuten vorgeschrieben. Jedes Mal, wenn einer der Taucher an der Wasseroberfläche erscheint, ist er über und über mit Algen bedeckt, die an den Neopren-Anzügen haften bleiben – wahrlich kein Vergnügen für die Männer der SRE. »Hier herumzusuchen ist schlimmer, als nachts im Urwald unterwegs zu sein«, wie es einer von ihnen frustriert ausdrückte.
Inés, aus dem Griechischen, »die Reine, Keusche« Ernesto, aus dem Germanischen, »zum Sieg entschlossener Kämpfer« Laura, aus dem Lateinischen, »die Kühne, Siegesgewisse«
Um 14.30 Uhr wurde auf Anordnung der Stadtverwaltung die Abflussschleuse des Sees geöffnet, trotz Protesten von Mitgliedern des Vereins der Freunde und Anlieger des Regatta-Sees wegen möglicher Umweltschäden infolge dieser Maßnahme. Doktor Ricardo Soria, der Vater der Vermissten, äußerte in diesem Zusammenhang vor Presse-Vertretern: »Das Verschwinden eines Menschen lässt sich in keiner Weise gegen wie auch immer geartete ökologische Bedenken aufwiegen.« Licenciado Luis Julio López, der Vorsitzende des erwähnten Vereins, gab dagegen zu bedenken: »Den See einfach ablaufen zu lassen, zeugt von einem flagranten Mangel an Sensibilität. Klüger wäre es, stattdessen Wasser zuzuführen. Auf diese Weise bestünde die Möglichkeit, dass der mit Gas gefüllte Leichnam freigeschwemmt wird und von allein zur Oberfläche aufsteigt. Das Einzige, was jetzt erreicht wird, ist die Zerstörung eines Großteils von Fauna und Flora – des
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