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Ganz, nah!

Titel: Ganz, nah! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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wir dann.
    Mack
    Er hatte zum ersten Mal mit seinem Spitznamen unterschrieben, und Sam schmolz dahin. Soweit sie wusste, durften ihn nur ganz wenige Menschen mit seinem Spitznamen anreden, für die meisten war er »Lieutenant«.
    Da Sam weder mit ihm verwandt noch eine alte Freundin von ihm war, könnte man aus der Verwendung des Spitznamens eigentlich ein vertrautes, entspanntes Verhältnis herleiten, aber das war nicht so. Vielleicht war es ein Hinweis für sie, dass sie so vertraut mit ihm werden konnte oder sollte.
    Kopfschüttelnd ging Sam in McCords Büro. Der Mann machte sie wahnsinnig. Er gab eine Beziehung vor, die nicht existierte, und brachte sie dazu, so zu reagieren, als ob es sie gäbe. Heute früh hatte er sie aus seinen blauen Augen eifersüchtig angefunkelt, wozu er aber kein Recht hatte, und doch war sie gleich vor Bedauern und Reue zerschmolzen.
    Aufmerksam studierte sie den Terminplaner, der auf seinem Schreibtisch lag. Vielleicht kam er ja doch früher ins Büro zurück als angegeben. Die Vormittage waren meistens der Arbeit im Büro Vorbehalten, und an den Nachmittagen erledigte er die anfallenden Ortstermine und Gespräche.
    Gestern hatte er erwähnt, dass er mit jedem Polizeibeamten, der mit Valente zu tun gehabt hatte, sprechen wollte, und an seinen Terminen in den nächsten Tagen sah sie, dass er damit jetzt anfangen wollte. Heute hatte er sich mit Duane Kraits getroffen, dem Beamten, der Valente wegen Totschlags festgenommen hatte.
    Dieser Fall interessierte McCord natürlich genauso wie Sam, weil es Valentes einziges Gewalt verbrechen war und a uch die einzige kriminelle Handlung, für die er jemals verurteilt worden war.
    Jedenfalls folgten die Nachmittagstermine so dicht aufeinander, dass McCord wohl kaum vor halb sechs zurückkommen würde. Enttäuscht setzte sich Sam auf seinen Drehstuhl, holte die Akte aus der mittleren Schublade, trug ihre Notizen ein und legte die Mappe dann wieder weg.
    Sie stand auf und blickte sich in seinem sauberen, or dentlichen Büro um. Mit den Fingerspitzen strich sie über den Schreibtisch, an dem er immer saß und arbeitete. Zu Anfang hatte sie über seine zwanghafte Ordnung gelästert, aber mittlerweile schätzte sie sein sauberes Büro und seine organisierte Arbeitsweise sehr.
    Sie war mit sechs Brüdern aufgewachsen, und bis sie ein Teenager war, hatte sie nie das Wohnzimmer durchqueren können, ohne von einem umherfliegenden Kissen getroffen zu werden.
    Ihre Brüder veranstalteten untereinander Wettbewerbe, um herauszufinden, wer der Ekligste war. Wenn ihre Eltern nicht da waren, gab es Rülpswettbewerbe beim Abendessen. Und - oh Gott! - die Furzwettbewerbe!
    Sie warfen ihre schmutzigen Turnschuhe in den Haushaltsraum, wenn sie vom Training kamen, und es gab keinen Raum auf der Welt, in dem es schlimmer roch! Und auch ihre Sportsocken waren einfach unglaublich. Wenn sie zusammen im Fernsehzimmer saßen, trieb der Geruch Sam das Wasser in die Augen. Sie beschwerte sich nur ein Mal darüber, als sie acht war. Am nächsten Morgen war ihr ganzes Kopfkissen mit stinkenden Socken bedeckt.
    Sie lernte früh, so zu tun, als nähme sie bestimmte Dinge gar nicht wahr, denn wenn die Jungen merkten, dass irgendetwas sie störte, dann quälten sie sie damit.
    Sie hätten sicher jeden umgebracht, der ihr etwas getan hätte, aber zugleich neckten sie sie ständig und spielten ihr Streiche, die nicht immer lustig waren.
    Ihr Vater war der Ansicht, Sportler dürften unruhig und schlampig sein, aber was sollte man auch von einem Mann erwarten, den seine Kinder »Trainer« statt »Dad« nannten? Die Haushälterinnen, die zu ihnen kamen, blieben jedenfalls nie länger als ein Jahr.
    Sams Mutter fand, dass ihr Mann den Jungen zu viel durchgehen ließ, aber sie wurde regelmäßig überstimmt, und außerdem liebte sie ihren Mann und die Kinder.
    McCords Ordnungsliebe gefiel ihr, dachte Sam, als sie aus seinem Büro hinausging. An der Tür drehte sie sich noch einmal um und warf einen letzten liebevollen Blick in das Büro. Eigentlich gefiel ihr alles an Mitchell McCord - sogar sein Spitzname.
    Als sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, stellte sie fest, dass sie Hunger hatte und außerdem so unruhig war, dass sie dringend eine Pause brauchte. Normalerweise dauerte die Arbeitszeit von morgens acht bis nachmittags um vier Uhr, aber da Sam häufig Überstunden machte und an Wochenenden und bis spät in die Nacht arbeitete, beschloss sie, ein wenig hinauszugehen. Auch heute

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