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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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ausgeweint hat. Sowohl bei Bayern München als auch bei der Nationalmannschaft.
    Besonders ein Erlebnis ist dafür symptomatisch. Ich war zwar nach meinen beiden Operationen an der Achillessehne wieder fit, doch das vorweihnachtliche Freundschaftsspiel der Nationalelf in Südafrika sollte ohne mich über die Bühne gehen. Berti Vogts hatte mich noch vor der Abreise angerufen und gemeint, er würde mich nicht mitnehmen. Bei mir wüsste er, woran er wäre, ich sei auf dem richtigen Weg, er würde ein paar andere Spieler testen wollen. Stattdessen fuhr ich mit dem FC Bayern in die Alpen zum Skifahren. Irgendwann, nachts um elf, klingelt das Telefon. Kein Spieler, aber doch ein guter Vertrauter aus der Nationalmannschaft war dran. Er sagte: »Lothar, pass auf, hier wird gerade an deinem Stuhl gesägt.« Jürgen Klinsmann und Thomas Helmer seien die Initiatoren dieser Revolte.
    Zum einen war ich dankbar für diese Information, zugleich aber auch tief enttäuscht. Ich griff nicht direkt zum Hörer und stellte Berti Vogts zur Rede, sondern ließ die Sache auf mich zukommen. Den Spaß am Skifahren ließ ich mir nicht verderben. Ich wusste zwar, dass gesägt wird, aber konnte mir ja nicht sicher sein, ob die Intriganten mein Stuhlbein auch wirklich durchbekommen würden. Dass die Nachricht aus Südafrika der Wahrheit entsprochen und die Initiative beim Bundestrainer Wirkung gezeigt hatte, war dann für jeden Fan recht schnell zu bemerken. Ich wurde nicht mehr zu den Länderspielen eingeladen. Und kurz vor der EM 1996 hieß es, dass man dieses Turnier ohne mich bestreiten würde. Auch hier hätte ich Offenheit von Vogts erwartet. Die Absetzung hat mich damals sehr getroffen.
    Die EM in England fand also ohne mich statt. Ich ging währenddessen mit Lolita und Loris auf Weltreise, die auseinandergebrochene Familie vereinte sich noch einmal für diesen Trip. Von Deutschland über Singapur, Australien, die Fidschis, Hawaii, Los Angeles nach New York. Ich wollte von der Europameisterschaft nichts mitbekommen. Natürlich erwischte ich beim Durchzappen mal das eine oder andere Ergebnis, ich habe auch irgendwo das Golden Goal von Oliver Bierhoff gesehen. Aber ich verweigerte mich, weil es mir wehgetan hätte. Im Nachhinein habe ich mich für viele Spieler und für Deutschland gefreut, dass wir diesen Titel geholt haben.
    Sechs, sieben Monate später kam dieses Tagebuch von mir heraus. »Mein Tagebuch« lautete der unmissverständliche Titel. Es wurde initiiert von zwei Journalisten der Bild -Zeitung, die mir nahestanden, und enthielt eine Rückschau auf die Saison 1996/97. Wir setzten uns zusammen und gingen die Schlagzeilen der letzten Monate durch. Ich redete, die Redakteure notierten. Bevor es zu lesen war, wurde spekuliert, dass ich darin abrechne – mit Herrn Klinsmann. Wieder einmal müssen Jürgen und Thomas Helmer im Büro von einem der Großkopferten gesessen haben. Dieses Mal war es wohl Uli Hoeneß. Sie sprachen über das Buch und überlegten sich Konsequenzen. Hätten sie das Buch gekannt, wäre es zu dem Termin mit Hoeneß nie gekommen. Denn es war keine Abrechnung – ich habe Jürgen Klinsmann sogar in Schutz genommen vor den Attacken einiger Abwehrspieler. Dieses Buch war noch nicht mal ein hochpersönliches Tagebuch. Denn was da veröffentlicht wurde, war nichts anderes als meine Ergänzungen und Kommentierungen von bereits publizierten Schlagzeilen der Bild über den FC Bayern und andere Fußballereignisse aus den letzten zwölf Monaten. Dennoch beschloss man bei Bayern München – und das auch noch vor der Veröffentlichung –, dass ich nicht mehr der Kapitän der Mannschaft sein dürfte. Ich bin nicht glücklicher mit Kapitänsbinde. Aber auch hier hat mich die Art und Weise der Degradierung getroffen. Gegen das, was Philipp Lahm vor einigen Monaten in seinem Buch veröffentlicht hat, war mein erstes Buch Kinderlektüre.
    Am Tag der Buchvorstellung in München musste ich in der Bayernzentrale antanzen. Ich brachte ein paar Exemplare mit, quasi als entlastenden Beweis, aber die Entscheidung war gefallen. Ich denke, das war Klinsmanns Werk, genauso wie er wohl nicht ganz unbeteiligt war, dass Otto Rehhagel ein halbes Jahr vorher zwei Tage vor Saisonschluss und trotz Erreichen des UEFA-Cup-Endspiels gefeuert wurde.
    Ich weiß nicht, wie der Vertrag von Jürgen Klinsmann ausgesehen hat, ob er eine Stammplatzgarantie enthielt oder eine festgeschriebene Ablösesumme. Er hatte jedenfalls immensen Einfluss und

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