Ganz oder gar nicht (German Edition)
Ablösesummen für die Stars bezahlen. Das Hauptproblem sind jedoch die Gehälter, die diesen teuren Einkäufen versprochen werden. Um noch eine Zahl zu nennen: Bei Juventus Turin flossen zuletzt knapp neunzig Prozent des Umsatzes in die Taschen der Spieler.
Siebzig Prozent aller europäischen Fußballvereine seien nicht gesund, haben Wirtschaftsprüfer herausgefunden. Dieses auf Pump gebaute System wird – genau wie bei Staaten und Städten – in Zukunft nicht mehr funktionieren können. Das Geld wird schon jetzt bei vielen bislang klangvollen Namen weniger, weniger, weniger. Bei uns haben sich zwar auch Schulden von einer halben Milliarde angehäuft, aber viele halten die Bundesliga für eine Vorzeigeliga in Sachen Finanzen. Bayern München gilt als schuldenfrei, und die einst hoch verschuldete Borussia Dortmund konnte ihre Rückstände bis 2011 auf 56 Millionen Euro drücken. Darum wird sich auch das deutsche System im internationalen Fußball durchsetzen. Wir werden einfach besser vorbereitet sein als alle anderen Länder Europas, wenn das viel zitierte Financial Fairplay und die damit verbundenen Richtlinien greifen.
Diese Initiative der UEFA begrüße ich außerordentlich. »Alle an den europäischen Wettbewerben teilnehmenden Vereine müssen ab der Spielzeit 2012/13 eine simple, aber anspruchsvolle Regel befolgen: Sie werden nicht mehr ausgeben dürfen, als sie einnehmen«, hat UEFA-Boss Michel Platini die Idee einer Schuldenbremse im Fußball erklärt. Ich hoffe, dass die UEFA zu diesen Prinzipien steht und Vereine zukünftig bestrafen wird, die Geld in Spieler investieren, das sie eigentlich gar nicht haben. Wenn schon die Fairplay-Flaggen vor den Spielen geschwenkt werden, dann sollte das auch jenseits des Platzes passieren. Es geht dabei um Chancengleichheit, um sportliche Gerechtigkeit und darum, die sich öffnende Kluft zwischen den reichen und den ärmeren Vereinen wieder etwas zu schließen.
Hinzu kommt, dass im Fußball inzwischen zu viele schwarze Schafe mitkassieren. Sie wollen von dem großen Kuchen etwas haben, was nicht in den Fußball zurückfließt. Ich meine Spielervermittler, Berater, Anwälte. Beim Spielerhandel existiert eine Gesinnung, die von einer Art Schmiergeldkultur getrieben wird: »Wenn du von unserer Agentur die Spieler holst, verdienst du daran mit.« Diese Angebote gibt es. Und sie haben nichts mit der Qualität der Spieler zu tun, um die es ja in erster Linie gehen sollte. So verschwinden viele Gelder, bevor sie bei den Vereinen zum Beispiel in den Nachwuchs fließen könnten. Ich habe dafür keine harten Beweise, daher nenne ich auch keine Namen. Aber schaut man sich manche Transferpolitik an, braucht man eigentlich nicht mehr viel Fantasie. Ein Anfang wäre es, wenn ein Präsidium einfach auch mal in Deutschland darauf achten würde, ob die Transfers mit einer Agentur durchgeführt werden oder mit mehreren.
Uli Hoeneß hat ja mal gesagt, dass er mit keinem Manager, Berater oder Anwalt mehr verhandeln will, sondern nur noch mit dem Spieler selbst. Der Spieler bekommt ein Angebot, und er nimmt es an oder nicht. Das Geschäft ist schmutzig geworden. Ich kenne viele Spielervermittler und weiß, dass das Fußballgeschäft ein Haifischbecken ist. Jeder Transfer wird inzwischen von mehreren Beratern vollzogen, die Boni werden dann aufgeteilt.
Das Dilemma mit Michael Ballack bei Bayer Leverkusen zeigte ja genau dieses Problem, dass sich die Spieler viel zu schnell hinter ihrem Berater oder Anwalt verstecken. Es kann nicht sein, dass man heute bei jedem Problem den Rechtsbeistand vorschickt. Rudi Völler hat recht, wenn er das kritisiert. Der Spieler verliert bei dieser Politik auch an Persönlichkeit. Wenn ich hier schon keine Verantwortung übernehme, wie soll ich es dann auf dem Spielfeld tun?
Spieler von heute haben nicht nur an Persönlichkeit verloren. Sie wissen auch mit den alten Tugenden kaum mehr etwas anzufangen. Auch wenn sich die Welt um mich herum noch so zum Schlechten verändert, meine Werte – Ehrlichkeit, Respekt, Verantwortung – werde ich doch niemals aufgeben. Ich habe meinen Weg, ich habe meine Prinzipien. Ich kann auch mal ein wenig von diesem Weg abkommen, aber die Grundrichtung muss beibehalten werden. Das erwarte ich auch von einem Spieler.
Mancher Spieler küsst aber heute das Wappen auf seinem Trikot und unterschreibt morgen beim nächsten Verein. So etwas tut mir weh. Das ist einfach nicht ehrlich. Wir haben früher gelernt, uns an Verträge
Weitere Kostenlose Bücher